Sie brauchte eine ganze Weile, bis sie die schöne Elfe an einem der kleinen Feuer am Rand des Menschenlagers fand. Wortlos setzte sie sich zu ihr und wartete auf eine Aktion, um sehen zu können, was in der Paladin vorgehen mochte und sie wurde nicht enttäuscht. "Hast du schon genug, von deinem Kuscheltroll?" Dolette schaute nicht einmal auf, ihr Blick war stur auf das kleine Feuer vor ihr gerichtet, in dem sie mit einem Zweig stocherte. "Kuscheltroll? Bist du noch ganz bei Trost? Du weißt genau, dass ich seine Bitte nicht ausschlagen konnte oder willst du alleine mit unseren Truppen gegen Archimonde ankämpfen?", stieß die Priesterin empört hervor.
"Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Meinst du ich hätte nicht gemerkt, wie er dich mit diesen widerlichen Augen ausgezogen hat? Dass an seinen Schweinehauern nicht der Speichel hinab getropft ist, verwundert mich mehr, als dass du ihm natürlich gern Rede und Antwort gestanden hast!" Zornesröte stieg in dem sonst so makellosen Gesicht der Hochelfe empor und ihre Augen waren zu Schlitzen verengt. "Das ist doch lächerlich, Dole! Er hat mich nun mal auf seine Art herausgefordert! Was kann ich dafür, dass du bei solchen Bemerkungen kalt bleiben kannst?" Marialle fühlte sich äußerst ungerecht behandelt und so verzog auch ihr Gesicht sich leicht vor Zorn.
"Nur bei einer lässt es mich nicht kalt. Vielleicht verstehst du nun warum ich mich so daran störe, wenn ich sehe wie sehr dieser Wilde, in der Lage ist, dich so zu reizen." Und das tat sie tatsächlich, sie wusste nur zu gut, dass Dolette in Wortgefechten, mit der Priesterin alles andere als kühl war. Wenn sie also von sich selbst schloss, konnte es durchaus ein befremdlicher Anblick sein, wie Marialle sich auf dieses Spiel mit Vol'jin einließ. "Ja, ich verstehe, aber bedenke bitte, dass ich nicht du bin! Wenn mich ein Skorpion sticht, steche ich zurück." Jetzt entspannten sich auch die Züge der Paladin. Instinktiv ergriff Marialle ihre Hand und sandte ihr eine Woge der Liebe, die sie für die Elfe empfand.
Im Gegenzug empfing sie den Schmerz, den die schöne Kommandantin, bei der aufkeimenden Eifersucht spürte. Sie strich ihr sanft über die rosigen Wangen. "Es tut mir leid, ich wollte dir nie weh tun, Dole", sagte sie nun sanft und zärtlich, als sie das goldene Schimmern in ihren Augen erblickte. "Eine schöne weise, alte Elfe bin ich. Habe nicht einmal ein so minderwertiges Gefühl wie dieses unter Kontrolle. Mir tut es leid, Mari." Die Paladin lächelte leicht beschämt, als sie in die Augen der jungen Menschenfrau schaute und sich schließlich ihre Lippen zu einem zarten Kuss trafen. Das vertraute Leuchten um die beiden erstrahlte und beleuchtete sanft die Umgebung.
Erst das Knacken von Schritten, ließ die beiden Liebenden auseinander fahren. Marialle erblickte die wachen, gelben Augen einer hochgewachsenen Gestalt, die sie sofort als die von Vol'jin erkannte.
"Wat hat'n der gute Vol'jin da entdeckt, maaaan? Ich hoff' ich stör' die süß'n Weibsch'n nich all zu sehr?", ertönte seine Stimme, nun ohne Zwang, mit dem durchaus verhöhnten trollischen Akzent. Dolette rollte demonstrativ mit den Augen und Marialle wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzten, als der Troll ungehindert fort fuhr. "Nich' doch. Ich kam, mich zu entschuldig'n, kleines Menschlein. Ich wollt' euch nich' in Bedrängnis bring'n oder euch sonst wie Ärger bereit'n", erklärte er erst an die Priesterin gewandt und endete mit dem Blick auf Dolette ruhend.Man hätte meinen können ein kurzes Grinsen über seine Lippen huschen zu sehen, doch zumindest der Paladin schien es entgangen zu sein. "Das ehrt euch, Vol'jin. Können wir sonst etwas für euch tun?", fragte sie und bedachte ihn mit ihrem forschenden Blick. "Nun, Myladys. Um ehrlich zu sein, sehnte ich mich etwas nach Gesellschaft und dachte ich finde sie bei euch, bis wir gemeinsam aufbrechen. Also wenn ihr nichts dagegen habt würde ich mich zu euch setzen." Er sprach jetzt wieder akkurat, was die Priesterin nur mäßig beeindruckte und so war es nun an ihr mit den Augen zu rollen. "Natürlich gern, nehmt Platz Häuptling", bat Dolette und deutete auf den Platz auf der anderen Seite des Feuers.
"Habt Dank, Elflein..." Bevor er weiter sprechen konnte, wurde er unwirsch von Marialle unterbrochen. "Sagt, Troll. Ist es bei euch üblich seinem Gegenüber nicht die selbe Ehre zu erweisen und ihn bei seinem Namen zu nennen, so wie er es tut? Schließlich habt ihr vorhin noch darauf bestanden!" Vol'jin kam nicht umhin ein weiteres mal, über die gereizte Reaktion der Priesterin zu lachen. "J,a natürlich Lady Marialle, Lady Dolette. Verzeiht meine Unhöflichkeiten. Wisst ihr zwei eigentlich, dass ihr grade geleuchtet habt wie der Mond und die Sonne zusammen, Myladys?" Ein weiteres Augenrollen folgte, doch die Paladin lächelte milde und erzählte bereitwillig alles, was sie über ihre einzigartige Verbindung wussten.
"Wie überaus aufregend! Da hat ja wohl das Schicksal seine Finger mit im Spiel gehabt, als ihr euch wieder gefunden habt! Wisst ihr, bei meinem Stamm gibt es eine Legende um die Töchter der Lichtgöttinnen. Vielleicht besteht eine Verbindung dazu?" Nun war auch das Interesse der Priesterin geweckt und sie blickte dem Troll geradewegs in die wachen Augen. "Würdet ihr uns von dieser Legende erzählen, Vol'jin?", fragte sie ohne ihre Neugierde zu verstecken. "Ich dachte schon ihr fragt nie!", erwiderte er zwinkernd und auch Dolette durchbohrte Vol'jin förmlich mit ihren forschenden Blicken. "Nun denn", begann er und machte eine dramatische Geste gen Himmel.
"Mein Volk sagt, dass am Anfang, als noch die alten Götter Chaos über unsere Welt brachten, die Herrin der Sonne und die Herrin des Mondes, als einzige erkannten, dass Azeroth dem Untergang geweiht war. So gebaren sie jede eine Tochter, um der Welt die Hilfe zu bringen, die sie so dringend brauchte. Sie versiegelten ihre ureigenen Kräfte in den Töchtern und schickten sie auf die chaotische Erde, um einander zu finden und ihr Schicksal zu erfüllen. Jede für sich musste großes Leid ertragen, um ihren Weg zur anderen zu finden und nach vielen gefährlichen und beschwerlichen Aufgaben, die es zu lösen galt, fanden sie einander schließlich. Als die Töchter sich dann die Hände reichten und die Siegel brachen, erstrahlten ihre Körper im jeweiligen Licht der Mütter von Sonne und Mond." Er machte ein Pause und starrte abwesend ins Feuer.
"Sie leuchteten immer heller und als die beiden erkannten, was ihre Verbindung so machtvoll machte, lösten sie sich mit tränenüberströmten, aber glücklichen Gesichtern in ihren Lichtern auf. Das vereinte goldene und silberne Licht leuchtete heller als alle Sonnen und Sterne im Universum und so sandten die Töchter von Sonne und Mond den ersehnten Hilferuf. Woraufhin die Reisenden, ich glaube ihr nennt sie Titanen, auf diese Welt aufmerksam wurden, die alten Götter versiegelten und Azeroth zu einem erblühenden, belebten Planeten machten. Man sagt, das jeweils ein Funken goldenes und silbernes Licht auf unsere Welt nieder fiel, um auf ihr erneutes erwachen zu warten und wieder miteinander vereint zu werden."
Als er geendet hatte, sah Vol'jin verträumt zum Mond hinauf und Marialle meinte einen feuchten Glanz in seinen wachen, gelben Augen gesehen zu haben. Dolette beobachtete ihn ebenfalls und ergriff die Hand der Priesterin ohne hinzusehen, woraufhin augenblicklich das gewohnte Leuchten erschien. "Hälst du es für möglich, dass die Funken in uns erwacht sind, um einander wieder zu finden?" Der Troll ließ den Kopf wieder sinken und zuckte mit den Schultern. "Wer weiß? Vielleicht können die Spitzohren euch mehr dazu sagen. Sie verehren schließlich Mutter Mond." Dolette nickte nur und schaute ebenso wie Vol'jin und Marialle hinauf zum Mond und die Priesterin bat Elune im Stillen um ein Zeichen.
DU LIEST GERADE
Die dunkle Ritterin
FantasyDie Geschichte einer Todesritterin, die durch einen Auftrag für Sylvanas Windläufer, an ihrem vergessenem Leben rührt. Wer war sie einst? Wer ist sie heute? Und was wird aus ihr werden? Liebe, Freundschaft, Leid und Tod begegnen Dole auf ihren Rei...