Endlich hatten die Beiden ihr Lächeln wieder gefunden und so verging die Zeit bis zur Heimreise verblüffend schnell.
Die Stadtmauer war gerade fertig gestellt worden und so stand ein großes Fest zur vorläufigen Vollendung der Feste Theramore an. Jaina hatte auch Thrall und Vol'jin geladen. Cairne war mit Malfurion irgendwo, wo genau konnte keiner genau sagen, und ließ sich in den Tugenden und Bräuchen der Druiden unterweisen, die sein Volk einst verloren hatte. Dafür war aber Tyrande Whisperwind zusammen mit Shandris Mondfeder gekommen und so saß man gemeinsam an einer riesigen Tafel, aß und trank."Wie kommt ihr mit euren Bauarbeiten voran, Thrall?", wollte Jaina wissen. Marialle hörte allerdings nur halb zu.
Seit der Aussprache und ohne die Auswirkungen ihrer schicksalhaften Verbindung sah sie ihre Liebste auf einmal in ganz neuem Licht. Es war, als würden sie sich neu kennenlernen. Sie genossen es und hatten nur noch Augen füreinander. "Danke, Lady Prachtmeer. Sehr gut. Nicht in so beeindruckender Geschwindigkeit wie ihr eure Stadt hier errichtet habt, aber dennoch sehr gut." Aus den Augenwinkeln sah die Priesterin ihre Freundin stolz nicken."Und bei dir, Vol'jin? Wie gehen die Arbeiten voran?", ließ sich nun auch Marialle vernehmen, nachdem sie ihre Aufmerksamkeit ins hier und jetzt gezwungen hatte. Der Häuptling der Dunkelspeere grinste siegessicher, was seinen gelben, stechenden Augen einen verschlagenen Anblick verlieh. "Also ich weiß ja nich', was ihr hier alle rumdocktort, aber wir sin' schon lange fertig. Ich muss mit meinen Leutchen schon beim großen Kriegshäuptling aushelfen!", sagte er, als wäre es das normalste der Welt. "Ja ja, Vol'jin. Du musst aber auch dazu sagen, dass ihr eure Hütten so baut, dass sie den nächsten Sturm eh nicht überstehen!", witzelte Thrall und erntete viel Gelächter von der restlichen Gesellschaft.
"Und? Wie geht's hier weiter, Lady Prachtmeer?", fragte nun die schöne Nachtelfe lächelnd. "Da wir hier eine gute Basis in Kalimdor geschaffen haben, werden wir Theramore in Zukunft als Handelszentrum nutzen. Darum werden wir uns Morgen mit dem Schiff zurück nach Sturmwind begeben. Unsere Leute wissen ja noch nicht mal, dass wir noch am Leben sind", schmunzelte Jaina leicht wehmütig. Tyrande nickte noch immer lächelnd. "Und ihr beide?" Sie wandte sich an Dolette und Marialle. "Hm? Achso, ja. Wir werden natürlich mit zurückreisen. Einerseits weil wir nicht wissen, wie es der Familie von Marialle geht und andererseits weil ich in Erfahrung bringen möchte, wie es den Hochelfen ergangen ist. Ich habe viele alte Freunde in Quel'Thalas und muss wissen, wer überlebt hat. Falls es überhaupt Überlebende gibt”, erklärte Dolette gedankenverloren. Sie lächelte seicht, aber man sah ihr eine gewisse Trauer an.
"Mein Meister im Turm der heiligen Kirche wird nicht begeistert sein, dass wir so lange weg waren. Ich hoffe, es wartet nicht der Küchendienst auf mich nach unserer Rückkehr", lachte die junge Priesterin, um die Stimmung wieder zu heben, die zu sinken drohte. Und tatsächlich wurde gelacht.
"Also wärt ihr eine von Tyrandes Priesterinnen, gnade euch Elune!", scherzte Shandris Mondfeder und nun konnte auch die schöne Paladin sich eines Lächelns nicht weiter erwehren."Das klingt ja durchaus interessant, Lady Whisperwind, vielleicht sollten wir beide uns mal genauer über dieses Thema unterhalten?", stimmte sie nun mit ein, was ihr ein Schmollen Seitens Marialle einbrachte.
"Komm du mir mal nach Hause!", zischte sie so, dass nur Dolette es hören konnte, musste dann aber auch wieder grinsen.
"Wenn es euch an Einfallsreichtum, für disziplinarische Maßnahmen mangelt, Lady Glutklinge, so hätte ich ganz sicher die ein oder andere Anregung für euch.", gab Tyrande zurück und zwinkerte wissend, was der Hochelfe die Röte ins Gesicht schießen ließ.
Alle lachten herzhaft.
Später erklang noch fröhliche Musik, man tanzte, lag sich glücklich in den Armen, bekräftigte Friedensvereinbarungen und so verging dieser gelöste Abend und man konnte die Geschehnisse vom Berg Hyjal endlich hinter sich lassen.Der nächste Tag begann spät. Sie ließen sich Zeit mit dem Aufbruch, denn auch wenn es sie nach Hause drängte, fühlten sich die beiden Frauen in Theramore durchaus heimisch, seit sie sich ausgesprochen hatten. Sie packten die Sachen, die sie mitnehmen wollten, ließen aber den Großteil zurück. Sie würden wieder kommen, deshalb bliebe das kleine Haus auch leer, so versprach es Jaina.
Als die Taschen gepackt waren, traten sie aus ihrem gemeinsamen Haus und drehten sich noch einmal wehmütig um."Ich werde Theramore vermissen", sprach die Priesterin leise und lächelte verträumt zurück auf das Haus. "Ja ich auch, Mari." Dolette nahm ihre Hand und sie blieben noch einen Augenblick stehen, bevor sie sich zum Anleger in Gang setzten. Jaina war schon an Bord und ihre Gefährten warteten am Steg auf ihre beiden Herrinnen.
"Habt ihr alles, Freunde?", fragte die Elfe ihr Gefolge. Alle nickten, außer William. Er wollte bleiben. Er verstand sich ausgezeichnet mit der jungen Frau, die die Stadtverwaltung übernehmen würde solange Jaina abwesend war. Es wartete eh nichts auf ihn in den östlichen Königreichen, hatte er noch am Vorabend erklärt. Und sie verstanden ihn.Marialle nahm den Kleriker in die Arme. "Ich werde Meister Yskopaiah von dir grüßen, Will."
"Danke, Mari. Passt auf euch auf, Freunde. Und danke für alles. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder”, sprach er feierlich in die Runde.
"Das werden wir, William", bestärkte ihn Dolette und gab ihm gleichgestellt die Hand.
"Pass für uns auf die Stadt auf", bat nun Maxime und lächelte ihn strahlend an. Die junge Priesterin war deutlich reifer geworden, seit dem Antritt dieser Reise und Marialle spürte einen gewissen Stolz, als sie ihre beiden Glaubensgeschwister so nebeneinander stehen sah."Das werde ich!", beteuerte er.
"Pass auf dich auf, Will”, kam es gedämpft von Odessa, die ihr Gesicht hinter ihrer blonden Mähne zu verstecken versuchte. Der Kleriker schluckte hart. "Odi..." mehr brachte er nicht heraus.
Malek, Borigan, Bertak und Efendral, der seine neue Gefolgschaft in die Östlichen Königreiche begleiten wollte, schüttelten dem jungen Mann die Hand und so stiegen die Gefährten, begleitet von Abschiedsgrüßen, auf das Schiff.
Der Anker wurde gelichtet und viele derer, die in Theramore blieben, standen mit William zusammen am Steg und winkten ihren Kameraden zu, die sich auf machten, nach Hause zu reisen.Dolette und Marialle standen am Heck, umringt von ihrem Gefolge, und blickten zurück auf das, was sie zusammen mit Jaina Prachtmeer geschaffen hatten. Odessa vergoss eine stumme Träne. Marialle wusste, wie sehr es sie mitnahm, dass William hier bleiben würde, weshalb sie sich so distanziert von ihm verabschiedet hatte.
Nach und nach verschwanden die Gefährten in ihre Kabinen unter Deck, bis nur noch die Paladin und die Priesterin an der Reling standen und dahin schauten, wo man noch Augenblicke vorher die Umrisse Theramores sehen konnte. Marialle ergriff die Hand ihrer Liebsten und sah ihr liebevoll in die grünen Augen. Die Elfe erwiderte den Blick und fragte: "Endlich nach Hause?" Die Priesterin lächelte sanft. "Ich bin immer da zu Hause, wo du bist, Dole."
DU LIEST GERADE
Die dunkle Ritterin
FantasyDie Geschichte einer Todesritterin, die durch einen Auftrag für Sylvanas Windläufer, an ihrem vergessenem Leben rührt. Wer war sie einst? Wer ist sie heute? Und was wird aus ihr werden? Liebe, Freundschaft, Leid und Tod begegnen Dole auf ihren Rei...