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Marialle wusste es nicht, aber an dem entsetzten Ausdruck im Gesicht ihrer Liebsten, erkannte sie, dass sich die Heimat der ehemaligen Hochelfen massiv verändert haben musste. Nebelschwaden durchzogen die kargen Wälder. Überall waren zerstörte Gebäude zu sehen, die erahnen ließen, welch wunderschönes Reich Quel'Thalas einst gewesen sein musste.
Am Vorabend hatte Dolette noch erklärt, dass sie zuallererst nach Silbermond reisen würden, um sich mit dem Lordregenten abzusprechen. So schickten sich die Gefährten an, Saltherils Hafen so schnell wie möglich zu durchqueren doch schon der erste Blutelf,den sie trafen, ließ die Gruppe stoppen. Verwundert sahen Dolette und Marialle sich an. Der Blutelfenmann mit den schwarzen Haaren, der auf dem intakten der beiden Türme neben dem zerstörten Stadttor stand, hatte dieselben grün schimmernden Augen, wie sie auch die Paladin hatte. Dolette trat an den Turm heran und schaute zu ihm auf. "Doral ana'diel?", fragte die Paladin freundlich. "Anaria shola?", ignorierte er die Frage, nach seinem Befinden und wollte stattdessen wissen, was das Anliegen der Frau war. "Ich würde euch gern etwas fragen, Freund", beantwortete sie seine Frage ruhig.
"Dann fragt, Weib. Ich habe keine Zeit für sinnloses Geschwätz", war seine bissige Aufforderung. "Ich war viele Jahre fort aus Quel'Thalas. Könnt ihr mir sagen, warum eure Augen diesen grünen Schimmer in sich tragen?", fragte sie nun höflich. Der Blutelf zog eine Augenbraue hoch. "Ihr müsst weit weg gewesen sein, dass euch das nicht gewahr ist. Arthas Menithil verdarb den Sonnenbrunnen, als er Kel'thuzad mit seiner Hilfe in diese Welt brachte und durch unsere Verbindung sind auch wir nun verdorben, auch wenn sich das bisher nur in unseren Augen widerspiegelt." Seine Antwort war herablassende. Dolette nickte gedankenverloren.
"Trat diese Veränderung direkt danach auf?", fragte sie noch und nun nickte er seinerseits.
"Shorel'aran", verabschiedet sich die Paladin und nickte dem Mann ein weiteres mal zu.
"Al diel shala", wünschte er ihnen eine gute Reise.
Als sie sich etwas von den Mauern der kleinen Hafenstadt entfernt hatten, äußerte Odessa ihre Gedanken zu dem, was sie gerade erfahren hatten. "Also wenn sie diese Augen gleich bekamen, nachdem der Sonnenbrunnen verdorben worden war, dann hat es bei Euch offenbar andere Gründe", schloss sie aus den Informationen die sie dem kurzen Gespräch entnahm und betrachtete ihre Kommandantin gedankenverloren. "Ja das sehe ich auch so, Odessa. Aber vielleicht wissen die Gelehrten in Silbermond da genaueres. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es allein daran liegt, dass der Brunnen verdorben ist", gab die Elfe zurück. 
"Lasst uns weiter! Bumer wird unruhig. Ich glaub', es wird gefährlich, wenn wir hier einfach rumstehen." Und Bertak behielt recht. Jedoch marschierten sie direkt auf die Schneise zu, die Arthas einst durch den Wald zog. Hier wanderten viele Untote ziellos hin und her, um alles anzugreifen, was noch am Leben war. 
Die Zerstörung, die der Lichkönig Quel'Thalas hier beigebracht hatte, war noch um einiges schlimmer anzusehen, als es im Hafen der Fall war. Die Bäume, sofern noch welche standen, waren grau und blätterlos. Der Boden tot und hart. Das einzige was die umherirrenden Untoten zuweilen auf ihrem ziellosen Weg aufhielt, waren herumliegende Trümmer.
"Bleibt zurück! Ich schnappe sie mir nacheinander und so arbeiten wir uns Stück für Stück vor", befahl Malek leise zischend und glitt geräuschlos in die Schatten. Tatsächlich waren die Untoten aus dem Hinterhalt schnell und leise zu erledigen und so kamen die Gefährten recht zügig voran.
Sie folgten der Zerstörung und überquerten den Elrendar über die kleine Brücke, die ihre guten Tage schon lange hinter sich hatte. 
Auf der anderen Seite vom Fluss, ging es genauso weiter, bis sie an einen Punkt kamen, an dem der Schurke allein nicht alle Geißel aus dem Hinterhalt ausschalten konnte.
"Ruhige Zauber und Angriffe, sonst sind wir sofort von diesem Abschaum umzingelt", befahl die Kommandantin leise und die Gefährten stellten sich in Kampfposition.
"Auf mein Zeichen", ließ sich Dolette erneut vernehmen. Marialle und die anderen nickten.
"Jetzt!", kam der Befehl glockenklar, auch wenn die Paladin noch immer nicht laut sprach. Sie ließ einen goldenen Hammer auf einen der Untoten herab fallen und die anderen taten es ihr mit Pfeilen und Zaubern gleich. So befreiten sie Quel'Thalas von zahlreichen Untoten auf ein mal. 
Sie kamen eine Weile voran ohne, dass diese ihnen weiter in die Quere kamen. Danach schickten sie wieder Malek voraus und schließlich erreichten sie die hohen Stadtmauern der Hauptstadt Quel'Thalas, Silbermond.

Die dunkle RitterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt