Die Sonne war schon fast untergegangen, was die Landschaft unter ihnen in atemberaubende Orangetöne tauchte.
Der Marsch mit den beiden Menschenfrauen ging zügig voran. Dolette war es selbst, die wegen ihrem verwirrten Geist, immer wieder überlegen musste wo es lang geht und dadurch die Ankunft oben auf dem Plateau doch etwas hinaus zögerte. Plagg schlief die ganze Zeit, ruhig auf dem Karren liegend, den nun, anstelle eines Pferdes, ein Esel zog. Sie hatte ihn zusammen mit Marialle vom Wagen gehoben und ihn in sein Felllager gebettet.Die beiden heiligen Frauen saßen nah bei einander am Feuer und aßen vom Fisch, den Dolette Stunden vorher, in einem See gefangen hatte.
Sie selbst stand etwas abseits, nah der Klippe und blickte gedankenverloren auf das Farbenspiel, das sich am Horizont abzeichnete. Ihr Umhang und die Kapuze flatterten stoßweise im Wind. Einige Strähnen ihrer fast weißen, hellblonden Haare umspielten ihr aschfahles Gesicht was es beinah kindlich wirken ließ.
Sie seufzte, als sie an die Geschehnisse des vergangenen Tages dachte. Dieses Gefühl das sie in letzter Zeit verspürte, sollte es sie speziell an diesen Punkt führen?
Auf den großen Platz vor der Kathedrale, als sie die Hohepriesterin zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte.Im Grunde war dieser Gedanke schon weit in den Hintergrund geraten, bei dem was sich im Laufe des Tages in ihr abgespielt hatte. Sie konnte ihre undefinierbaren Gefühle der Priesterin gegenüber aber einfach nicht in Schach halten.
Die dunkle Ritterin traf für sie untypische Entscheidungen, stand neben sich und sie war besorgt um ihren Gefährten Plagg, den sie noch Tags zuvor eher als Plage, denn als Freund betrachtet hatte. Und zu guter Letzt schenkte sie einem Wesen blindlings vertrauen, das in jeder Hinsicht im Widerspruch zu ihr selbst stand.Ein Teil in ihr sehnte sich nach der Kälte und Abgeklärtheit in ihrem Herzen. Wäre so doch alles viel klarer und leichter. Doch das kleine goldene Flimmern wurde zu einem steten Scheinen und fing langsam an sie von Innen zu wärmen.
Ein Schauer lief ihr über ihren Rücken und sorgte dafür, dass sich die feinen Haare auf ihrem Nacken aufstellten. Dem Impuls folgend drehte sich die dunkle Elfe, um sich zurück ans Feuer zu setzen und erschrak, als sie Marialle vor sich stehen sah.Die Atmosphäre des Sonnenuntergangs schmeichelte einfach jedem Aspekt ihrer Erscheinung. Die eng anliegende Robe umspielte ihre weiblichen Rundungen äußerst elegant. Ihre Haare, mittlerweile offen, standen zwar wild, von den strapazen des Tages, ab, aber verliehen ihrem Gesicht einen kecken, jugendlichen Glanz. Die verblieben Strahlen der Sonne spiegelten sich in ihren Augen, wodurch diese nun in einen sinnlichen Goldton getaucht waren.
Dolette war augenblicklich gefesselt. Bemüht nicht zu starren. Doch das winzige Zucken der Mundwinkel ihres Gegenübers, verriet ihr sofort, dass ihre Bemühungen sinnlos waren.
Sie musste innerlich schmunzeln, nachdem die Todesritterin sich zu ihr umdrehte und sie so unverhohlen anstarrte, aber Marialle beschloss sie einige Herzschläg später zu erlösen. Die Hohepriesterin trat neben die Frau.
"Wunderschön", sagte die Heilige erhaben und blickte auf das Farbenspiel, das sich vor ihr erstreckte. Das war mehr eine Feststellung als eine Frage, dennoch erwiderte Dolette ein geistesabwesendes "Ja…" und ein leiser Seufzer entwich ihr auch noch. Daraufhin straffte sie ihre Schultern und wandte sich dem Sonnenuntergang zu."Ihr solltet euch ausruhen, Mylady", lies die dunkle Ritterin glockenklar verlauten. "Wieso sprecht ihr mich eigentlich immer so förmlich an?", fragte Marialle ehrlich interessiert. Dolette überlegte nicht. "Ihr seid eine Hohepriesterin!" Die Menschenfrau zog eine Augenbraue hoch und machte eine Pause, um ihren folgenden Worten die nötige Tiefe mitzugeben, damit sie vielleicht die verborgenen Windungen im Geiste der Untoten erreichten. "Nun das bin ich sehr wohl, aber sicher nicht eures Glaubens, Lady Todesritter. Wir gehören ja nicht mal derselben Fraktion an, geschweige denn der gleichen Art."
Bei den letzten Worten hob sie eine Hand an, um der Untoten die Kapuze vom Kopf zu ziehen. Als sie in der Bewegung die Wange der untoten Frau zart streifte, geschahen mehrere Dinge auf einmal.
Marialle erschrak, als sie meinte einen goldenen Schimmer an der Stelle, an der sie die gräuliche Haut berührt hatte, zu sehen. Die untote Elfe zuckte verwirrt zurück, als ihre Kapuze runter rutschte und ein lauter Schnarcher, gefolgt von den kichernden Worten "Susi, was machst du denn da?", die Stille durchbrach.
Der untergehenden Sonne den Schimmer zuschreibend, maß die Priesterin ihm keinerlei weitere Bedeutung zu. Fing an zu schmunzeln und sah das, nun offenbarte, Haupt der Elfe vor ihr freundlich an.Die hellen blonden Haare fielen ihr in Wellen, verspielt bis kurz unter die Schultern und umrahmten sanft die eigentlich harten Züge ihres, über jeden Makel erhabenen, Gesichtes.
Ein sanfter Goldton, der letzte Zeuge der schwindenden Sonne, lag in den blauen Augen und nahm ihnen das bedrohliche Leuchten.
"Bitte verzeiht! Ich … Berührungen dieser Art … also ich wurde so … Ich bin so etwas nicht gewohnt. Ich wollte euch nicht erschrecken", stotterte sie und ihre Wangen schienen doch tatsächlich eine rosa Verfärbung anzunehmen. So wich das Schmunzeln der Menschenfrau einem ehrlichen Lächeln, das sich bis zu ihren Augen ausbreitete."Nicht doch, Lady Todesritter. Der Ausdruck der Verwirrung steht wahrlich den wenigsten Wesen auf Azeroth, euch dagegen wirklich ausgesprochen gut." Erst noch verwirrt und beinah erschrocken, konnte Dolette, Herzschläge später, ein kaum merkliches Schmunzeln auch nicht länger unterdrücken.
"Nennt mich doch bitte Dolette. Lady Todesritter ist so, nunja ..." Als kannte die Priesterin diesen Namen nicht. Wie oft war er Marialle in all den Jahren über die rosigen Lippen gekommen? Hallte zärtlich in ihrem Inneren wieder."Aber nur wenn ihr mich im Gegenzug bei meinem Vornamen ansprecht", erwiderte Marialle kokett und streckte ihr zwinkernd die Zunge raus. "Wie ihr wünscht, Marialle."
Als der gute Plagg, im Traum wieder nach seiner Sukkubus rief, fingen beide leise, aber herzlich an zu lachen, da musste die Priesterin einfach fragen: "Sagt, Dolette. Wer ist denn diese Susi?"Sie lächelte beinah sanft, als sie offenbar an die beiden dachte und antwortete dann wieder schmunzelnd: "Seine Sukkubus selbstverständlich! Wahrlich ein frivoles Ding." Beide verfielen wieder in seichtes Gelächter bis ein trauriger Glanz in Marialles Augen trat und sie sich wieder zur, mittlerweile untergegangenen, Sonne drehte."Was habt ihr?", erkundigte sich die Todesritterin unbeholfen.
"Du erinnerst dich wirklich an überhaupt nichts, oder?" Sie schaute ihr tief in die, nunmehr nur noch blau leuchtenden Augen und suchte nach einer Spur des Erkennens. Und Marialle glaubte auch einen goldenen Funken in ihnen zu sehen, die Antwort die darauf folgte ließ sie allerdings enttäuscht zurückweichen.
"Wie meint ihr das? Ich habe euch heute zum ersten Mal gesehen, vielleicht verwechselt ..." Maraille vollendete die Frage aufgebracht für ihr Gegenüber. "... ich euch mit einer anderen Todesritterin? Macht euch nicht lächerlich!" Ihre Stimme klang plötzlich kühl und analytisch.
"Ich rede nicht von der Todesritterin! Ich rede von Lady Dolette Glutklinge, Paladin der silbernen Hand, Dienerin des Lichts!"
Die Augen der Elfe weiteten sich. Das stete Schimmern in ihrem Inneren schien sich langsam zu einem heißen Lodern auszubreiten, doch es legte sich jäh ein Schatten darüber. Und so herrschte wieder tiefe Dunkelheit.
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Die dunkle Ritterin
FantasyDie Geschichte einer Todesritterin, die durch einen Auftrag für Sylvanas Windläufer, an ihrem vergessenem Leben rührt. Wer war sie einst? Wer ist sie heute? Und was wird aus ihr werden? Liebe, Freundschaft, Leid und Tod begegnen Dole auf ihren Rei...