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   "Seid ihr sicher, dass das der richtige Weg ist, Cairne?" Die sechs sahen sich um, als wäre die merkwürdige Stimme, die von allen Seiten zu hallen schien, nicht schon verwirrend genug, gab es hier offenbar auch noch andere.
"Ja, Kriegshäuptling. Wir betreten gerade das Gewölbe in dem sich das Orakel aufhalten muss", erklang noch eine weitere Stimme. "Kriegshäuptling? Das sind Orks!", quietschte die junge Magierin, erschrocken. "Still, Odessa!", befahl Dolette herrisch, tauschte einen Blick mit Marialle aus und ließ ihr Schwert in die Scheide gleiten. "Licht!" Und die drei Magier ließen ihre Stäbe hell erleuchten.

"Ihr seid nicht alleine hier, Kriegshäuptling!" Die Paladin bedachte den Titel mit einem leicht sarkastischem Unterton. "Wer da?", fragte der Angesprochene in die Richtung aus der das Licht kam. "Als erstes solltet ihr vielleicht wissen, dass wir zu sechst sind, also lasst eure Waffen ruhen!" Die Drohung verfehlte ihren Zweck nicht und so glitten, die Hände des Orks und des kuhähnlichen Wesens neben ihm von den Waffen zurück. "Beim Licht, ein Taure! Es gibt sie also wirklich", flüsterte Marialle, so dass nur ihre Begleiter es hören konnten. "Ich frage noch einmal, wer seid ihr?", sprach der Ork ruhig.

"Mein Name ist Dolette Glutklinge, Paladin der silbernen Hand. In meiner Begleitung ist Jaina Prachtmeer, Magierin der Kirin Tor und Thronerbin von Kul Tiraz. Eine Vision führte uns her. Seid ihr der Anführer der Orks denen wir auf dieser Insel begegneten, als wir gegen die heimischen Trolle kämpfen mussten?" Sie war ebenso ruhig und Marialle fragte sich wie viele Verhandlungen vor Schlachten Dolette schon geführt haben musste, dass sie im Angesicht des Feindes so ruhig bleiben konnte. Ihr Blick schweifte weiter zu der Magierin der Kirin Tor.

Dem Bund der vereinten Magier Azeroths, die von Dalaran aus jedes magische Artefakt und jeden Gegenstand erforschten und katalogisierten. Sie waren so ziemlich die mächtigste Gemeinschaft die Marialle bis dato kannte und unwillkürlich musste sie sich in diesem Moment fragen was noch alles in der jungen Thronerbin von Kul'Tiraz für fähigkeiten schlummerten. Sie wippte unruhig von einem Bein auf das andere. Ihre Nervosität stand im krassen Gegensatz zu ihren herausragenden Fähigkeiten.

"Ich bin Thrall, Anführer der neuen Horde. Mein Begleiter ist Cairne Bluthuf, Häuptling der hier in Kalimdor lebenden vereinten Tauren. Und ja. Es war ein Teil meiner Leute, an die ihr auf dieser Insel geraten seid. Und auch mich führt eine Vision in diese Höhle."
"Genug der Höflichkeiten!", erklang wieder gebieterisch die Stimme, die aus allen Richtungen zu kommen schien. "Ihr seid beide meinem Ruf gefolgt und es ist unabdingbar, dass ihr eure unwichtigen Streitereien auf der Stelle bei Seite schiebt!", fuhr die Stimme fort und aus der entgegengesetzten Richtung, aus der der Ork und der Taure kamen, trat ein Mann aus dem Schatten, gekleidet in eine dunkle Robe, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

"Wer...?" 
"Das tut hier nichts zur Sache!" Seine Stimme hallte erneut durch das ganze Gewölbe. "Die Brennende Legion ist auf dem Vormarsch und ihr müsst sie aufhalten! Nur gemeinsam könnt ihr das schaffen", wandte er sich an Jaina und Thrall.
"Wir sollen mit diesem ungebildeten Haufen Drachenmist ein Bündnis schließen? Ihr träumt!", knurrte der Schurke, zwischen den Umstehenden hervor. "Reißt euch zusammen, Schattenschreiter!", ermahnte die Paladin und bedachte ihn mit einem Blick, der keine Widerrede zuließ. "Ihr habt keine Wahl! Ohne eine starke Allianz zwischen der Horde und eurer Flotte, Lady Prachtmeer, steht Azeroth vor der Vernichtung."

Jaina wechselte einen nachdenklichen Blick mit Dolette, die kaum merklich nickte. "Gut, wir erklären uns dazu bereit", sagte sie ruhig. Der Schurke schnaubte leise.
Marialle beobachtete, wie der Ork mit dem riesigen Tauren einige Blicke austauschte, bis auch sie nickten. "Wenn die ganze Welt auf dem Spiel steht, wird sich die Horde nicht dagegen stellen", ließ Thrall verlauten. "Ihr habt beide eine weise Entscheidung getroffen. So geht nun hin, zum Weltenbaum Norddrassil, auf den Berg Hyjal. Verbündet euch dort mit den Nachtelfenfürsten Tyrande Whisperwind und Malfurion Sturmgrimm. Archimonde ist mit seinem Heer aus Dämonen und Untoten bereits in Kalimdor gelandet und will die Macht des Baumes an sich reißen, um Azeroth endgültig zu vernichten", erklärte das Orakel.

Die Gestalt glitt wieder zurück in die Schatten und war verschwunden. Einige Herzschläge vergingen während alle in die Dunkelheit starrten in die der Vermummte getaucht war. "Meine Truppen lagern am nördlichen Fuß des Berges, Lady Prachtmeer. Ich schlage vor wir treffen uns dort", unterbrach Thrall ruhig die Stille. Marialle bemerkte erst jetzt die wachen blauen Augen, die interessiert die Gesichter ihrer Gruppe inspizierten. Als sie aus den Augenwinkeln ihre Geliebte musterte, sah sie, dass auch sie es mit ihrem forschenden Blick bemerkte und ihn betrachtete. "Unser Lager ist östlich, ich würde es begrüßen wenn ihr uns begleitet, Meister Bluthuf, damit wir das Lager der Orks nicht verfehlen. Seid ihr damit einverstanden, Thrall?"

Der Ork nickte. "In Ordnung, Cairne?" Auch der Taure nickte und ging zielstrebig in eine Richtung in der Marialle den Ausgang vermutete. "Dann kommt! Raus aus dieser Höhle", befahl Dolette und alle gehorchten.
Es dauerte nicht mal halb so lange wie der Hinweg, bis sie wieder Tageslicht erblickten. Draußen trennten sie sich von Thrall und sattelten die Greifen, wobei Marialle sich hinter Dolette schwang, um dem Tauren, ihr Flugtier zu überlassen. Sie flogen zurück zu ihren Truppen und erreichten zwei Tage später das Lager der Orks und Trolle.

Der Kriegshäuptling hatte gute Vorarbeit geleistet. Man erwartete sie und es gab eine kurze Aussprache mit den Trollen.
Thrall erklärte, dass einer der Orkclans, wenige Tagesreisen entfernt lauern würden. Der Kriegshymnenclan, angeführt von Grommash Höllschrei. Er habe sich erneute dem Einfluss des Dämonenblutes ausgesetzt, das ursprünglich für die Invasion der ersten Horde auf Azeroth verantwortlich war und somit Schuld trug an dem Zwist zwischen den Orks und den ansässigen Völkern der Östlichen Königreiche. "Wisst ihr warum, Thrall?", fragte Marialle besorgt.

Die Brennende Legion war ihr vorrangiges Problem, allerdings würden die Chancen auf einen Sieg, mit einer gespaltenen Horde, deutlich schlechter ausfallen. "Meine Späher wissen nur, dass diese Orks unter dem Einfluss des Dämonenblutes stehen, mehr nicht. Grom ist mein Berater, Mentor und Freund. Mal abgesehen davon, dass er durchaus eine Gefahr darstellt. Wir müssen ihn und seinen Clan entweder wieder auf unsere Seite ziehen, oder sie aufhalten. Sonst laufen wir Gefahr, dass sie uns im entscheidenden Moment in den Rücken fallen." Die junge Frau überdachte die verzwickte Situation. "Habt ihr schon einmal versucht sie zu reinigen?"

Sie sah dem Ork gebannt in die klaren, blauen Augen. "Natürlich, aber der Schamanismus ist nicht mehr sehr verbreitet unter den Orks. Wir sind gerade mal fünf. Das reicht nicht für die Anzahl dieses großen Clans." Sie sah zu der Paladin, die offenbar ihre Gedanken lesen konnte. "Zusammen mit der Macht unserer Priester könnten wir es schaffen, Thrall", sprache sie diesen Gedanken nun aus. "Lady Prachtmeer, wie viele Priester sind unter unseren Truppen?", fragte nun wieder die Priesterin und wandte sich an die blonde Magierin. "Ich denke in etwa 20 sollten es sein, Lady Lichtsprung."
"Zusammen mit Maxime, William, mir und Euren Schamanen könnten wir es schaffen." Die Miene des Kriegshäuptlings hellte sich auf und ein Funken Hoffnung breitete sich in seinen weisen Augen aus. "Es wäre für uns alle von Vorteil, wenn wir diesen mächtigen Clan wieder in unseren Reihen wüssten", stimmte er zu. Er schien zufrieden. 

Die dunkle RitterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt