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   Einige Momente schaute Marialle stumpf ins Feuer, doch dann brachen sich doch die Erinnerungen in ihr Bahn und sie begann leise zu reden.
"Ich erinnere mich noch genau wie ich sie in Sturmwind auflas, sie war noch ein halbes Kind, keine elf Winter alt. Erst wollte ich sie nicht unterrichten, aber sie stellte so unglaublich intelligente Fragen und hatte diese wachen Augen. Da konnte ich ihr den Wunsch nicht mehr abschlagen und seit dem waren wir Tag und Nacht zusammen, wann immer ich im Turm war. Ich sah wie sie so schnell Fortschritte machte und war mir sicher, irgendwann würde sie mir in meinen Fähigkeiten in nichts mehr nachstehen. Vielleicht würde sie mich sogar überflügeln können."

Sie machte eine Pause um durchzuatmen, bevor sie fort fuhr: "Klingt es komisch, dass sie mir Trost gespendet hat? Trost von einem Kind. Durch sie fühlte ich mich nicht mehr so allein."
Die Elfe sah Marialle forschend an. Das Feuer hinterließ dabei einen unwirklichen Schimmer in den leuchtenden Augen von Dolette.
Sie wirkte irgendwie weich. Von der kühlen Todesritterin hatte sie gerade nicht viel und so war Marialle auch nicht verwundert als sie ihre Antwort in sanften und mitfühlendem Ton erhielt. 

"Ich könnte mir gut vorstellen, dass das reine Wesen eines Kindes oft viel tröstender sein kann als alles andere, Marialle. Bewahrt euch diese Gedanken in euren Erinnerungen und ihr ehrt Therez' Andenken." Die Priesterin nickte sachte.
"Ich habe ihr nie gesagt, was mich so sehr bewegte, doch seit dem ersten Tag an dem sie bei mir war, hat sie vermocht, es immer vorher schon zu bemerken und jeden trüben Gedanken zu verscheuchen. Sie war es, die sich unbewusst wie eine Hülle um meine zerschundene Seele gelegt hat und sie vor den Abgründen die sie umgeben bewahrt hat."

Sie brach ab, schluckte schwer und fügte mit tränenerstickter Stimme hinzu: "Was soll ich denn jetzt machen? Wie soll ich meine Gefühle im Zaum halten?" Unvermittelt drehte sie sich zu Dolette um, die offenbar nicht in der Lage war zu reagieren. Sie spürte die Tränen heiß ihre Wange hinab laufen.
"Sagt mir, Dolette, wie soll ich das machen? Ich spüre wie diese ganzen Gefühle drohen aus mir raus zu brechen und ich weiß nicht was ich dann im Stande bin zu tun." Sie schluchzte nicht mehr, aber sie vermochte die stummen Tränen auch nicht zu stoppen. Die Todesritterin trat etwas näher und schaute ihr direkt in die Augen.

"Wisst ihr, ich habe von sowas keine Ahnung, aber wenn ich sauer bin stell' ich mich an eine Übungspuppe oder wenns nicht anders geht, schlage ich halt mit der Faust auf den Boden. Ich denke, dass man so etwas kontrolliert herauslassen muss wenn man es sich gerade erlauben kann, versteht ihr? Es ist wie mit einem vollen Becken, wenn man es immer weiter befüllt läuft es nun mal irgendwann über. Und dann ist das immer eine Sauerei."
Sie schauten sich eine ganze Weile einfach nur in die Augen und Marialle hatte das Gefühl einen Teil ihrer eigenen Trauer in den blau schimmernden Augen der Elfe zu entdecken und eine längst vergessen geglaubten Szenerie prasste erbarmungslos auf sie ein.

Die Priesterin erbleichte als das Bild eines Blutelfenmannes in ihr Bewusstsein drang. 
Wir hatten eine Menge Verluste zu beklagen, Mylady ... , sagte er, nachdem er ihr ein fein gearbeitetes Amulett in die Hand gelegt hatte.
Es zwang sie in die Knie und ließ sie erstarren, während die Tränen weiter hinab kullerten.
Dolette ließ sich ebenfalls auf ein Knie sinken und legte vorsichtig beide Hände auf die Schulter der Hohepriesterin und übte sanften Druck mit kreisenden Daumen aus. Sie begann zögerlich zu sprechen. "Marialle, wenn ihr könnt, dann lasst es jetzt raus! Es wird euch bestimmt helfen."

Die Angesprochene blickte auf in das fahle, makellose Gesicht und vor ihrem inneren Auge wurde es rosig. Die Augen hörten auf zu leuchten und das Haar nahm einen satten blondton an. 
Dolette ...
Eine Flut von Bildern erschien ungehindert in ihr. Aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachtete sie die schöne Hochelfe wie sie Marialle anlächelte, mit ihr sprach, neben ihr kämpfte oder einfach nur in ihrem Blick zu versinken drohte. 
Dolette ...

Die dunkle RitterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt