35 DOUBLE AND TRIPLE

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Seine Wut schien er sehr gut kaschieren zu können, da ich in seinem Gesicht keine Anzeichen sah, die einem erzählten, dass er gerade jeden einzelnen verfluchte und am liebsten geflüchtet wär. Er blieb gelassen und ließ sich nichts der Gleichen anmerken – Seine Wut überspielte er mit einem Lachen, das sich ziemlich echt anhörte. So ließ er Ben in den Glauben, dass er unseren kleinen Plan ziemlich amüsant fand, statt ätzend. Gleichzeitig gab er Grace Komplimente zu ihrer neuen Haarfarbe, ihrem Outfit und zu Allem, was einfach mit ihr zutun hatte und natürlich hätte ich darüber wie ein Honigkuchenpferd gegrinst, wenn ich in dem Glauben wär, dass er die Komplimente auch Ernst meinte.

Sie glaubten ihm die Lüge, lachten über die verschiedensten Sachen, während ich still neben dem Lügner saß und darüber nachdachte, ob er insgeheim einen Racheplan schmiedete. Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er das Gespräch sehr genoss, aber je öfter ich ihn anschaute und er mich anlächelte, desto mehr glaubte ich, dass ich es hinterher doppelt und dreifach zurückbekam. Er wär sonst nicht der Mason, den ich am liebsten zum Mond abgeschossen hätte. Deshalb dachte ich nach, womit er zurückschlagen könnte.

»Was ist los, Genne? Sonst sprichst du ohne Punkt und Komma über das Essen hier.«, sprach Grace mich an und schien zu merken, das etwas nicht stimmte. So sehr ich es auch wollte, konnte ich sie nicht anlügen. Mein Gesicht hatte mich schon oftmals verraten.

»Es ist nichts.«, schüttelte ich meinen Kopf und zwang mich zu einem Lächeln, der ablenken sollte. »Ich habe gerade nur darüber nachgedacht, was genau ich nachher nehme. Ich überlege, ob ich Gnocci al Forno nehmen oder etwas anderes probieren sollte.«, sprach ich aus und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. »Aber euch zu fragen ist wohlmöglich eine schlechte Idee.«

»Tut uns leid, dass wir in dem Restaurant nicht aufgewachsen sind. Wenn ich könnte, würde ich das natürlich rückgängig machen.«, erwiderte Ben in einem sarkastischen Ton daraufhin. »Nimm einfach Pasta.«

»Nein, will ich nicht.«, weigerte ich mich und musterte die Karte weiterhin, um meine Entscheidung endlich fällen zu können. Gnocci al Forno gehörte zu meinen Lieblingsgerichten, dennoch wollte ich jetzt etwas neues ausprobieren.

»Ich denke, ich kann dir bei deiner Entscheidung behilflich sein.«, ertönte es plötzlich von der Seite und ließ mich erschrocken aufschauen, als ich hochsah und ihn sah. »Ciao bella.«, lächelte er mich an und zum ersten Mal seit Langem wusste ich nicht, was ich auf ein einfaches »Ciao« erwidern sollte.

Im Augenwinkel erkannte ich Ben's leicht verwirrten Gesichtsausdruck und die Überraschung in Grace's Gesicht.

»Ciao und willkommen zurück.«, übernahm Grace für mich und lachte leicht. Plötzlich stand sie auf und umarmte meinen Ex, der hier nun als Kellner arbeitete. Zögernd tat ich es ihr nach und wusste echt nicht, was ich ihm sagen sollte. »Was führt dich hierher? Ich dachte, Kanada hätte dich komplett eingenommen.«

»La cara.«, antwortete er mit »Die Liebe« und sah mich an. »Hai ingoiato la lingua?«, fragte er mich, ob ich meine Zunge verschluckt hätte. »Sei troppo silenzioso.«, merkte er an und fand mich viel zu still.

»Il tuo apparire mi sorprende.«, antwortete ich darauf und gab seinen überraschenden Besuch als Grund an. »Es freut mich wirklich dich nach all den Jahren wiederzusehen, Mattia.«, entkam es mir auch schon über meine Lippen, bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte.

Und das war es auch wirklich. Es freute mich sehr, ihn nach all den Jahren wiederzusehen und zu wissen, dass er nicht mitten auf der Straße erschossen wurde oder ziellos durch die Stadte lief. Obwohl er mich für ein Stipendium in Kanada verlassen hatte, verspürte ich ihm gegenüber keine Wut oder auch Hass. Natürlich hatte mich die Trennung für ein paar Wochen, wenn nicht sogar Monate, aus der Bahn geworfen und ich wollte erst gar nicht verstehen, warum er die Beziehung zwischen uns deshalb beendete – Nun wusste ich, dass eine Fernbeziehung niemals funktioniert hätte und wenn ich für ihn nur das Beste wollte, musste ich ihn gehen lassen.

𝐅𝐀𝐊𝐄 𝐆𝐀𝐌𝐄 ▷ 𝑚. 𝑚𝑜𝑢𝑛𝑡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt