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Als Taehyung nach Hause kam, fand er Jimin auf dem lotusförmigen Sitz vor, der dabei war, sein Schwert zu polieren, während er stirnrunzelnd in die Ferne starrte, und ihn zunächst gar nicht bemerkte.

„Jimin, immer noch wach? Perfekt, wie wäre es mit einem Drink?", sagte er gut gelaunt und hielt ihm den Weinkrug hin, den er mitgenommen hatte.

„Hau ab."

Seufzend setzte er sich auf die Stufe neben ihm und schüttelte gelangweilt den Kopf. „Wie oft willst du dein Schwert noch am Tag säubern?"

„Wo ist deins? Wie lange ist es her, dass du es gesäubert hast?", fragte dieser wiederum, statt auf seine Frage zu antworten.

Sein Lächeln verblasste. „Ich habe es in meinem Zimmer gelassen. Einmal im Monat sollte reichen."

Jimin zog verständnislos die Brauen nach unten. „Kein Schwert in der Öffentlichkeit tragen. Den ganzen Tag in der Taverne trinken. Die Leute müssen denken, dass der Lotuspier ein Gasthaus ist, wo du dich ausruhen kannst, wenn du genug getrunken hast."

Verärgerte stampfte Jimin an ihm vorbei und wollte davongehen, aber Taehyung raffte sich hastig auf und eilte zu ihm. Er schlang seinen Arm um die Schultern seines besten Freundes und versuchte ihn zu besänftigen.

Doch Jimin schubste ihn von sich weg. „Geh weg."

Daraufhin fiel Taehyung auf den Boden, sein Gesichtsausdruck blank.

Der andere war etwas erschrocken und verwirrt von dem plötzlichen Fall. Jimin hatte ihn nicht fest geschubst, genau genommen hatte er kaum seine Kraft benutzt, um ihn von sich zu schieben. Dass Taehyung sogar hingefallen war, hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Mit einem Mal fühlte er sich schlecht und unruhig, als würde er wissen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

„Was ist los? Alles okay? Bist du zu betrunken, um deine spirituelle Kraft zu kontrollieren? Komm, ich helfe dir ho-"

„Nein! B-Bleib da", rief Taehyung panisch und hielt seinen Arm vor sich.

Jimin sah ihn besorgt und irritiert zugleich an. „Was soll das heißen?"

„Ich bin müde. Ich werde jetzt schlafen gehen", sagte er schwach, nahm seinen Krug und ging.

Bevor er allerdings wirklich schlafen ging, kam er bei der Ahnenhalle von Jimins und Jins Eltern vorbei, wo er Jin erblickte, der neben dem Wasserbrunnen im Inneren die Gedenktafeln sauber wischte und dabei traurig in Gedanken steckte. Taehyung wusste genau, dass der Ältere allein vor dem Altar von Onkel Park und Madam Han geweint hatte.

„Hyung..."

Jin fuhr sich schnell über die Augen. „Taehyung. Komm rein."

Er nickte, legte den Weinkrug draußen ab und trat in den Pavillon ein.

„Hast du dich wieder mit Jimin gestritten?"

„Ich bin es gewohnt. Wir werden in zwei Tagen wieder okay sein."

Jin lächelte ihn nicht wie sonst an, als er ernst fragte: „Taehyung, bist du es leid im Lotuspier zu bleiben?"

Er sah ihn voller Schock an und setzte sich zu Jin auf dem Boden. „Hyung, was...was sagst du denn da? Der Lotuspier ist mein Zuhause. Wenn ich nicht hierbleibe, wo sollte ich sonst hingehen?"

„Ich habe es nicht so gemeint." Jin senkte traurig den Blick. „Ich hatte nur Angst, dass..."

„Hyung. Wenn Onkel Park mich damals nicht adoptiert hätte, befürchte ich, dass ich immer noch auf den Straßen betteln würde. Egal, was passiert, ich werde den Lotuspier niemals verlassen und dich und Jimin schon gar nicht."

The Untamed ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt