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„Ich, Kim Taehyung, wünsche mir, dass ich immer zur Gerechtigkeit stehen und ohne Reue leben kann."

„Ich wünschte, ich könnte in meinem Leben das Böse eliminieren und den Armen helfen. Aber sag mir jetzt, wer stärker und wer schwächer ist, und wer richtig und wer falsch liegt."

„Taehyung!", schrie Jungkook mit aller Kraft und Verzweiflung.

Tränen, die unaufhaltsam aus seinen glänzenden Augen flossen, vermischten sich mit dem Regen. Und dennoch war es ein Leichtes das Symbol der erdrückenden Trauer von den natürlichen Geschehnissen zu trennen.

„Ist das das Versprechen, das wir versprochen haben unser Leben lang zu halten?"

Jungkooks Mund war leicht geöffnet, sein Blick senkte sich ganz langsam und seine Hand, die sich um sein Schwert klammerte und sich nicht mehr unter dem Schutz des Regenschirms befand, wurde nass.

„Ich bereue es nur, dass ich die Kims nicht aufhalten habe, die lebende Menschen während der Jagd als Köter genommen haben. Andernfalls wäre Eunwoo nicht zu so einem Ende gekommen. Ich habe eine Chance verpasst, ihn zu retten. Dieses Mal werde ich nicht den selben Fehler begehen." Taehyung schaute zurück auf den bewusstlosen Eunwoo, der hinter einem anderen auf einem Pferd saß. „Ich muss ihn retten."

Während Jungkook zu Taehyung aufschaute, sein rechtes Auge glänzte nun auch, grollte der Donner über ihnen. Lichtblitze erstreckten sich über sie und erhellten ihre Gesichter für den Bruchteil einer Sekunde.

Taehyung und Jungkook sahen sich beide gegenseitig flehend an. Einer, weil er die Person nicht gehen lassen wollte, und der andere, weil er es nicht ertragen könnte, ihn bekämpfen zu müssen. Dieser innerer Konflikt verletzte sie mehr als alles andere. Das Gefühl schien an ihnen zu nagen und sie zu Boden reißen zu wollen.

Taehyung zog seine Flöte aus seinem Gurt, mit Tränen in den Augen, das Leiden quer übers Gesicht geschrieben, hielt er sie vor sich. „Jungkook, wenn ich gegen sie kämpfen muss, würde ich lieber mit dir kämpfen. Wenn ich zum Tode verurteilt bin, sterbe ich lieber durch deine Hand. Das wäre es mir wert." Er lächelte gequält, alles tat weh.

Jungkook atmete schwer, der Schmerz in seiner Brust nahm mit jedem Atemzug zu. Und schließlich trat er kleine, winzige Schritte zurück und drehte sich so, dass sie an ihm vorbeireiten konnten. Taehyung blinzte ihn durch den Regenschauer verwundert und sogleich dermaßen leidend, dass man denken könnte, dass er es nicht schaffen würde, fortzugehen, doch so kam es nicht.

Jungkooks Kopf war gesenkt, sich nicht trauend hochzuschauen, sich nicht wagend zuzusehen, wie der andere nach und nach aus seinem Sichtfeld verschwand.

Wie eine verlorene Seele blieb er eine ganze Weile dort im Regen stehen. Erst, als die Hufgeräusche nicht mehr zu hören waren, hob er seinen Kopf und blickte in die Richtung, in die Taehyung mit der Gruppe geritten war. Seine Augen glänzten, spiegelten unerträgliche Trauer wider, bis er die ersten Tränen nicht mehr zurückgehalten werden konnte. Wie ein Pfad der Einsamkeit bahnte sich die Träne ihren Weg nach unten. Es blieb jedoch nicht bei einer. Es wurden immer mehr und mehr, immer und immer wieder, bis er nicht einmal mehr die Kraft hatte, den Schirm zu halten.

Er fiel zu Boden, landete in dem Schlamm und stellte all die Hoffnungslosigkeit dar, die die beiden fühlten.

Ohne ein Geräusch von sich zu geben, ließ Jungkook den Tränen und dem Kummer freien Lauf. Er legte seinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Der Regen prasselte auf sein wunderschönes, schmerzverzerrtes Gesicht und spülte die Tränen mit sich. Selbst, wenn sie irgendwann aufhören sollten, würden sie in seinem Herzen niemals gänzlich verschwinden.

The Untamed ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt