- Kapitel 21 -

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Gedankenverloren nehme ich mein Handy in die Hand und scrolle etwas durch mein Instagram.

Als sich jedoch Luke mit einem Handtuch um den Hals neben mich setzt lege ich mein Handy weg und schenke ihm ein Lächeln. „Was willst du heute machen?", erkundigt er sich und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. Kurz blicke ich auf seine Hand, dann schaue ich wieder zu ihm. Ich möchte definitiv Tamara heute wieder sehen. Und vielleicht auch zur Polizei gehen. Ich bin mir unschlüssig, aber ewig kann ich es nicht vor mir herschieben. Trotzdem habe ich Angst. Wenn ich alles erzähle, kommen die Erinnerungen hoch, die Gefühle. Ich weiß jetzt schon, dass es schrecklich wird.

„Ich möchte Tamara besuchen und...ehm...", druckse ich herum und atme einmal tief durch. „Ja", Luke legt seine Hand auf meine und streicht sanft darüber. „Ich möchte zur Polizei, die Aussage machen", erkläre ich ihm zerknirscht. „Fühlst du dich denn dazu schon bereit?", fragt er und macht einen besorgten Gesichtsausdruck. Ich zucke resigniert mit der Schulter „Bleibt mir ja nichts anderes übrig, oder? Ich würde am liebsten nie wieder darüber reden aber früher oder später muss ich dahin" „Du bist stark, du schaffst das. Wenn du willst kann ich auch mitgehen, nur um dir etwas Sicherheit zu geben. Falls dir das hilft", schlägt er mir vor und haucht mir einen Kuss auf den Handrücken.

Ich weiß nicht, Luke zur Zeugenaussage mitnehmen? Einerseits hat er recht, wenn er da ist fühle ich mich wirklich sicherer, wohler und alles fühlt sich nur halb so schlimm an. Das würde aber auch bedeuten, dass Luke alles mithören würde. Alles, was Jason von mir verlangt hat, mit mir gemacht hat. Denn wenn ich schon darüber reden muss, dann werde ich auch die ganze Wahrheit und jedes Detail erzählen. Ob ich das alleine schaffe, da bin ich mir nicht sicher. „Es wäre schön, wenn du mitgehst", entscheide ich mich schließlich „Ich bin für dich da, versprochen", versichert er mir, steuert mit seinem Kopf in meine Richtung und platziert seine Lippen auf meinen. Mit einem Kribbeln im Bauch erwidere ich den Kuss und schließe die Augen.

Als ich meine Augen wieder öffne, fällt mein Blick wieder auf das Tattoo in seinem Nacken. Nun kann ich es deutlich begutachten und stelle fest, dass ich mit meiner Vermutung recht hatte. Es sind 2 Flügel, die sich von hinten um seinen Hals legen. „Für was steht das?" frage ich neugierig und verweile mit meinen Händen in seinem Nacken. „Für meine Mom", antwortet er knapp, doch bevor ich etwas sagen kann, fährt er fort „Sie war immer für mich da, wenn es mir schlecht ging, wenn mich etwas bedrückte. Sie nahm mich in den Arm und legte ihre Hand in meinen Nacken, das tat sie immer. Deswegen das Tattoo, als Erinnerung an Sie. Und weil ich glaube, dass sie jetzt immer noch für mich da ist. Nur ist sie jetzt ein Engel an einem besseren Ort", erzählt er mir, was mich beinahe zu Tränen rührt. Das ist so süß, natürlich ist es auch total traurig. Aber dieses Tattoo für seine Mutter ist einfach nur herzerwärmend.

Mit glasigen Augen weicht er meinem Blick aus. „Das ist wirklich eine schöne Idee. Darüber freut sie sich bestimmt", sage ich lächelnd und lege eine Hand an seine Wange. „Danke, dass du es mir erzählt hast", füge ich hinzu weil ich weiß, wie schwer er sich tut etwas über die toten Eltern zu erzählen. Das er es mir trotzdem erklärt hat, schätze ich wirklich sehr. Doch Luke lenkt direkt das Thema ab „Ich bin ganz schön verschwitzt. Ich gehe mal hoch, duschen. Wollen wir danach los?", fragt er und steht auf. „Gerne", erwidere ich lächelnd und rufe noch ein „Bis gleich!", hinterher, da Luke sich ganz schön eilig aus dem Staub macht.

Ich trinke noch den letzten Schluck von meinem Tee, dann stehe ich auf und räume das Geschirr von der Terrasse in die Küche. „Ach Amalia, das ist doch nicht nötig!", kommt es von Luke's Vater, der gerade in meine Richtung läuft. „Ist doch kein Problem!", versichere ich ihm lächelnd und laufe noch ein paar Mal, bis ich alle Sachen in die Küche geräumt habe. „Weißt du.", fängt er nun an, als er die Küche betritt und sich am Kühlschrank bedient. „Du scheinst wirklich ein gutes Mädchen zu sein, Amalia", setzt er nun fort, woraufhin ich ihn unsicher anschaue. „Und ich gönne meinem Sohn jedes Glück der Welt. Und dir gönne ich das auch, ihr habt es beide verdient", sagt er nun, worauf ich schlucken muss. Aber aus dieser unangenehmen Situation kann ich jetzt nicht einfach so verschwinden.

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