Entscheidungen

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17. Entscheidungen

Die Rothaarige sah, wie er sie anschaute und leise „Du.." sagte und danach seine Wunde betrachtete. Mit einem weiteren Angriff musste Lio nicht mehr rechnen, viel zu orientierungslos und verwundet, lag er da am Boden. Schon ziemlich jämmerlich, wenn man bedachte, wie stark er sich vor nicht weniger als fünf Minuten gezeigt hatte. Sie wollte kein Risiko eingehen und hielt ihm die Klinge an seinen Hals. Umbringen wäre für sie absolut keine Option, doch so hatte Lio die Sicherheit, dass er nicht nochmal angreifen würde, auch wenn es eher unwahrscheinlich war.

Inzwischen war es an Deck stiller geworden, das hörte sie ziemlich deutlich. Man hörte das Poltern, wenn jemand eine Treppe hinunter rannte, ziemlich bald stand Marco vor ihr. Er war persönlich gekommen, um zu schauen, ob sie sich an den Befehl gehalten hatte und natürlich auch, ob es ihr gut ging. Schockierenderweise musste er feststellen, dass sie nicht allein war. Zu ihren Füßen lag ein feindlicher Pirat, der wahrscheinlich ohnmächtig geworden war. Der Blonde suchte nach Anzeichen eines Kampfes und erkannte schnell, dass der Pirat am Boden eine offene Wunde an seiner linken Seite bis zum Bauch hatte. Ebenso hielt die Rothaarige weiterhin ihr Schwert an die Kehle des Mannes, ihr Blick war starr, verschreckt und gerade zu verzweifelt.

Sie hatte Marco nicht wahrgenommen, obwohl er genau vor ihr stand, sie war in einer Schockstarre. Der Kommandant kam näher und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, sie zuckte leicht zusammen. „Alles ist gut, es ist vorbei", sie versuchte seine Worte zu verarbeiten und ließ langsam den Arm samt Schwert sinken. Immer noch klebte sein Blut daran und sie konnte es nicht zurückstecken, der Blonde verstand ihre Lage und nahm es ihr einfach ab und fragte dann: „Was ist passiert?", sie fing an zu stottern „Ich.. ich..", sie stammelte unbeholfen und sagte dann „Ihr wart weg und ich hatte etwas Angst.. Ich hab mir aus meiner Kajüte das Schwert geholt und hab gewartet, bis es aufhört. Dann hab ich dieses Geräusch gehört.. und plötzlich war dieser Typ da."

Ihre Stimme brach und sie schaute auf den bewusstlosen Körper und die blutende Wunde. Das war sie! Sie hatte ihm das angetan. Mit feuchten Augen wandte sie den Blick von ihm ab und sah an Marco vorbei zu Boden. „Er hat sich über Vater lustig gemacht, er hat nach meinen Eltern gefragt.. ich musste einfach irgendwas tun. Und dann bin ich auf ihn zu, er hat nicht damit gerechnet und wegen dem Schwung war der Angriff schlimmer als gewollt.." Sie wurde beim Sprechen immer leiser und bekam nicht mal mit, wie ihr Tränen das Gesicht hinabliefen. Der Blonde legte seinen freien Arm um sie herum und drückte sie an sich „Ist schon in Ordnung Lio, mach dir keine Gedanken mehr darüber", vorsichtig strich er über ihren Rücken, um sie zu beruhigen.

„Aber.. aber ich bin schuld daran!", sie krallte sich in sein Hemd fest und schluchzte weiter, „Entweder du oder er. Außerdem hast du ihn nur verletzt", erst im Nachhinein stellte der Kommandant fest, dass seine Worte wohl doch nicht so positiv ankamen, wie er sich erhofft hatte.

Etwas unbeholfen hielt er das weinende Mädchen in seinen Armen und wusste nicht so recht, was er machen sollte. Dass sie so heftig reagieren würde, hätte er nicht erwartet, doch sie war nun mal doch nur ein kleines Kind. Er hielt ihr Schwert in den Händen, bei näherem Betrachten, sah man deutlich Blut daran kleben. Ebenso waren einige Tropfen auf dem Boden verteilt, wie der Kampf wohl ausgesehen hatte? Der Pirat am Boden war noch immer bewusstlos und würde sich sicher bald von den Lebenden verabschieden, wenn die Blutung nicht gestoppt werden würde, doch spielte das für den Blonden keine große Rolle. Wer weiß, was dieser Pirat mit Lio vorhatte? Umso besser, dass sie wusste sich zu verteidigen.

Man konnte hören, wie einige Kameraden die Treppe vom Deck aus hinabliefen. Sicherlich würde es gleich einige Kommentare geben, die der Kommandant der Rothaarigen ersparen wollte. Noch immer weinte diese in Marcos Armen, ohne groß einen Gedanken zu verlieren, hob er sie in seine hoch, darauf bedacht, das Schwert nicht in ihren Körper zu rammen. Etwas verwirrt schaute sie auf und wollte fragen, was er vor hatte, doch sie hörte die Stimmen der Anderen.

Immer der Freiheit entgegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt