Glückwünsche

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Kapitel 62: Glückwünsche


Mit leisen Schritten trat die Rothaarige in ihre Kajüte zurück und rubbelte sich dabei die nassen Haare trocken. Das Handtuch legte sie über den Stuhl, der am Schreibtisch stand. Flüchtig warf sie einen Blick zu ihrem schnarchenden Freund, der noch friedlich vor sich hin schlief.

Es war noch sehr früh gewesen, als sie aufgewacht war. Zwar ging es ihr schon besser, aber wirklich gesund fühlte sie sich immer noch nicht. Und da sie Dank des Schnarchens ohnehin nicht mehr einschlafen konnte, war sie einfach unter die Dusche gehüpft. Nach den paar Tagen, die sie nur im Bett verbracht hatte, war es doch ganz angenehm. Zumindest roch sie nicht mehr so krank und fühlte sich etwas lebendiger.

Vor ihrem geöffneten Kleiderschrank blieb sie stehen und grübelte, was sie anziehen sollte. Ihre üblichen Sachen kamen nicht infrage, sonst würde sie wohl nie richtig gesund werden. Großartig viel Auswahl hatte sie dennoch nicht für ihre derzeitige Lage. Lio meinte sich dennoch daran zu erinnern, dass sie einen dunkelgrünen Pullover hatte. Wo war er denn nur?

Müde drehte der Pirat sich auf die andere Seite und wollte eigentlich seine Freundin in die Arme ziehen. Zu seiner Verwunderung war ihr Platz aber leer und verschlafen öffnete er seine Augen. Stattdessen sah er, wie sie in den Tiefen ihres Schranks verschwunden war. Hinter ihr auf dem Boden verteilt lagen einige ihrer Sachen und er hörte sie leise fluchen. Doch sie schien fündig geworden zu sein, denn kurz danach stand sie wieder aufrecht und griff nach dem Saum des Shirts, um es auszuziehen. Mit einem Grinsen fragte er: „Kann man dir helfen?"

Erschrocken fuhr die Rothaarige zusammen. In ihrer Bewegung hielt sie inne und sah überrascht zu Ace, der sie angrinste. Wütend blickte sie ihn an. „Erschreck mich nicht immer so!", keifte sie und zog sich das T-Shirt aus. „Lass dich doch nicht immer so erschrecken", meinte der Rookie nur und stand auf. Er trat näher zu ihr und lächelte sie an. „Ich hatte nur nicht gerechnet, dich heute Morgen so zu sehen." Sanft strich er über ihre Wange und hauchte leise: „Ich hab dich wirklich vermisst." Lio wurde ganz wacklig auf den Beinen, als sie bemerkte, dass der Schwarzhaarige sich zu ihr herabbeugte, um sie zu küssen. Schwarze Augen blickten in ebenso schwarze. Gerade als sie sich auf Zehenspitzen stellen wollte, ließ ein Geräusch die Zwei zusammenfahren.

Bölle, Bölle, Bölle

Mit großen Augen starrten die Zwei von sich zu der Teleschnecke, die auf dem Tisch Anstalten machte. Shanks rief an.

Bölle, Bölle, Bölle

Ace spürte, wie ihm auf einmal ganz unangenehm wurde. Rief er an, um sich nach seiner Tochter zu erkunden? Er Schwachkopf, natürlich rief Shanks wegen ihr an. Aber ob der Rote auch nach ihm fragen würde?

Bölle, Bölle, Bölle

In Lios Kopf begann es zu rattern, als sie das Klingeln der Teleschnecke hörte. Erst gestern Abend hatte die Feuerfaust davon gesprochen, dass ihr Vater angerufen und sich wohl aus dem Gespräch hergeleitet hatte, dass zwischen ihr und Ace etwas lief. Was ja auch stimmte, aber das wusste der Kaiser noch nicht. Und die Rothaarige wusste auch überhaupt nicht, wie ihr Vater darauf reagieren würde. Sie wusste dafür noch ganz genau, wie er sich verhalten hatte, als sie damals gemeinsam einkaufen waren. Keine kurzen Kleider, Hosen, geschweige denn Röcke. Seufzend sah sie zu Ace, der mit mischten Gefühlen auf die Teleschnecke starrte.

Bölle, Bölle, Bölle

„Sag am besten erst mal nichts", meinte Lio und atmete ruhig ein und aus. Sie zog sich den Pullover über und setzte sich auf den Stuhl am Schreibtisch. Einmal räusperte sie sich und tauschte ein letzten Blick mit Ace aus, der sich sichtlich unwohl fühlte. Lio hob ab.

Immer der Freiheit entgegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt