Dass ich das kann.
(Jemand anderes, nicht du.
Ich kann über seine lieben Augen schreiben. Und seine ruhige und zurückhaltende und positive Stimme. Ich kann darüber schreiben, dass er so komische uncoole dunkelgraue Deichmann Sneaker mit kleinen Blümchen drauf anhat, solche, die deine Omi oder Tante kaufen würde - aber nur im Sonderangebot. Ich kann über seinen absolut durchschnittlichen Haarschnitt schreiben und über seine early 2000er straight fit Jeans. Und vor allem über seine schockierend hässlichen selbstgestochenen Tattoos. Das ist kein ignorant Style. Mehr. Das alles ist wirklich hässlich, die verschnörkelten Schriftzüge, dann mal line Art, dann verschnörkelte Schriftzüge in line Art. Und das alles sehr unsauber gestochen, also wirklich leider.. naja, Dreck. Und ich kann auch über seine guten und ehrlichen Gedanken zu Neubaublocks im Statistik-Seminar und über sein unaufdringliches und doch tiefes Lachen schreiben. Und dass er so - vielleicht nicht weltliebend, aber weltfreundlich, und bodenständig ist. Sodass es gemischt mit den Tattoos und den etwas eingefallenen Schultern wirkt, als hätte er eine erfolgreiche Therapie hinter sich und sich aus viel herausgekämpft. Auf das er nicht zurückschaut und nicht hinabschaut, was aber glaube ich immer mal am Rande seines Sichtfeldes auftaucht, und er blickt nach vorn und nach oben.
Vielleicht stimmt das auch alles gar nicht und mein Kopf guckt nur und bastelt aus Bildern Collagen und malt dann auch noch drüber. Aber zumindest hinterlässt er ein Bild, eine Stimmung, eine Idee von einer Gefühlswelt. - Ich kenne nichtmal seinen Vornamen. Und
Über all das kann ich schreiben, weil ich schöne Menschen anschauen und schön über sie denken kann. Und trotzdem weiss, dass sie für sich stehen. Und ich aber an deiner Seite. Während du natürlich auch für dich stehst, Max, und andere dich sehen und Gedanken über dich haben, die vielleicht fast so liebend sind wie meine.
Deine lieben Augen, deine Arme, deine Hände und wie du mit ihnen gestikulierst, wie du dastehst, guckst, redest, in welchem Winkel dein T-shirt auf deinen Schultern sitzt sodass der Stoff so fällt, wie er fällt, wie du atmest, einfach nur wie du atmest, wie man sehen kann wie du nachdenkst wenn du schweigst, alles.)
Ich frag mich, ob und wie andere das (auch) sehen. Und freu mich jeden Tag, dass es mir eines Tages in der Straßenbahn genug aufgefallen ist, um es genauer betrachten zu wollen.