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Dass du mir vertraust. Und ich dadurch erkennen kann, dass ich wirklich verliebt bin, nur in dich mein ich.

(Als ich dich mal gefragt hab ob ich auf Kinky Partys gehen könnte, ohne dass es dir etwas aufmacht, meintest du nur: "Klar, wenn es dich juckt.". Und dann hats mich gejuckt, und andere Leute hats gejuckt, dass ich in ner monogamen Beziehung bin. Aber dann hab ich gesagt, dass es dich nicht juckt, weil du mir vertraust und: ich mir auch. Und dann haben die anderen nachdenklich und erkennend genickt und fanden es sogar ziemlich toll. Ich weiß, dass ich dich sehr schnell sehr doll verletzen könnte. Und du sagst das aber so ehrlich locker, dass ich feiern kann wie und mit wem ich will. Und wie du gut über mich denkst, ist das irgendwie automatisch auch ne selbsterfüllende Prophezeiung. 

Als ich am nächsten Morgen halb neun nach Hause ging und nüchtern, aber überwach mein Viertel im Sonnenaufgangslicht mit großen Augen ansah, und mir auf einmal die Balkone in den halboffenen Hinterhöfen, die Farben der Dachziegel, die Reflexionen der Fenster an den Dachgeschosswohnungen der anderen Häuser und die Schönheit der Hood und dieser Welt mal wieder einfiel. Als ich da also morgens alleine nach Hause lief, dachte ich, wie cool es doch ist, was ich alles habe und alles nicht brauche. 

Ein Bauarbeiter lief unbeeindruckt an mir vorbei und ein Opi auf dem Fahrrad starrte mich verwirrt an. Ich hatte keine Jacke, aber dafür Plateau Lackboots, eine weiße Radlerhose, darüber einen Adidas-Badeanzug und immer noch die Beinstulpen meiner Mitbewohnerin an, aber an den Armen. Ausziehen wollte ich sie aber auch nicht, denn es war schon ziemlich doll kalt. Ich hatte einer Freundin, die ihre Jacke nicht wiedergefunden hatte, meine geliehen. "Du bist viel zu altruistisch.", hat Flo gesagt, und ich meinte, dass mir warm genug und alles kein Problem sei. Flo grinste und rief anerkennend, als würde er mich einen Ehrenmann* nennen: "Wilma du geile Sau.". "Danke das merk ich mir für heute!" rief ich zurück "und danach auch!". Flo und alle anderen lächelten, und wirkten aufeinmal ganz wach und bei mir, obwohl gerade alles noch so chaotisch und wir alle so verballert gewesen waren. 

Ich lächelte zurück, drehte mich um und stiefelte nach Haus. Ich dachte an alles was ich erlebt und gesehen hatte, an die Komplimente die ich für mein Amateur-Outfit bekommen hatte (daraus hab ich gelernt: basteln ist cooler.) und an die Menschen und die Musik. Und an die Freundin der ich die Jacke geliehen hatte. Sie hat am Ende weinend dagesessen. Und auf die Frage was los ist, hat sie erst geschwiegen und dann gesagt: "Das ist total einfach, aber kennt ihr das? Alle sind feiern und alle sind da, und ihr fühlt euch trotzdem einsam?". Und ich hab mich neben die gehockt und war vom vorherigen Glück trotzdem ganz bei ihr. 

Ich hab gesagt dass ich es kenne. Und: dass es dir so geht, und du unter anderem deshalb auch jetzt nicht hier bist. Dass man feiern nicht mögen muss, und auch nicht lernen muss, es zu mögen. Dass es andere Dinge gibt, die man machen kann. Und dass wir alle für sie da sind. Irgendwann hab ich sie an der Hand genommen und gesagt: "Komm, wir gehen nach Haus und dann frühstücken wir zusammen mit den anderen.", und dabei hab ich so, so sehr an dich gedacht, und dass du es genauso gesagt hättest.

Und ich lauf durch mein Viertel und es ist ein bisschen unaufgeräumt und manche Gesichter der Häuser Graffitischminkeverschmiert wie unsere Gesichter nach dem Feiern. Aber gerade deshalb ist es so perfekt. So perfekt wie wir. Ich denke, dass ich nie in nem "besseren" Viertel leben muss, um mich gut zu fühlen, ich denke, dass ich mir nie teure Klamotten kaufen muss, weil ich die alten von meinem Opi haben kann und andere von Freunden, von der Straße und ausm Secondhandshop. Und ich denke, dass ich keine Flirts und perfekten Abschlüsse von Partys brauch, und sogar noch Kraft hab, für die da zu sein, denen es gerade schlecht geht, obwohl alles so toll sein müsste. Ich denke, dass ich auch nichtmal feiern müsste, um so glücklich zu sein und so viel Bock aufs Leben zu haben. Denn ich hab deinen Blick aufs Leben gesehen. Und seitdem leb ich meins anders.)

Danke dass du so niedlich und ehrlich bei mir bist, dass ich umgeben von vielen krassen Leuten nur an dich denke. Wie du manchmal aufgeregt in deinen Pulloverkragen beisst, oder wie du die Augenbrauen verziehst wenn dir etwas nahe geht, oder wie du dich müde bei mir versteckst wenn du nach Hause willst, ohne dass die anderen es mitkriegen. Und wie du dich für mich freuen kannst, obwohl du nicht dabei warst und es nicht einmal mögen würdest. Du müsstest doppelte FOMO haben: es zu verpassen, es aber auch nicht zu fühlen, selbst wenn man dabei wäre. Stattdessen hast du aber Freumo, so nenn ich das. Du freust dich einfach über meine Freude, bedingungslos, mein Lächeln reicht. Das ist so stark von dir und du machst es schon immer so. Von dir hab ich das gelernt, und ich will nie wieder vergessen, wie es geht.

Dinge, die ich an dir liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt