Dass es mit dir einfach nie langweilig wird.
(Es war so: Ich war erkältet, dann hab ich dich geküsst, dann war ich superschnell wieder gesund und du bist richtig doll krank mein armer kleiner Rozter. Als die anderen mir heute in der Mensa mitteilten, dass die letzte Vorlesung heute ausfällt, beschloss ich, dich besuchen zu fahren. Schon als ich dich anrief nur um zu fragen, ob du was brauchst, brachtest du mich in der Mensa so zum Lachen dass mich der ganze Tisch anschaute und schmunzeln musste. Dann steppte ich raus in die Welt, kaufte dir nen Apfel, ne Grapefruit ne Zitrone und ne Paprika (denn die haben das meiste Vitamin C hab ich mir sagen lassen) und nen Corona Test und fuhr los zu dir.
Als wir nach einem negativen Test dann zusammen in der Küche saßen, und ich von meinem Tag erzählt hatte, fragte ich dich nach deinem und du gucktest mich an. Ich guckte zurück. Und fragte nochmal nach. "Naja ich war halt krank.", nuscheltest du. "Und gar nichts passiert?" "Nö." "Garkein?" "Nnnnö?" "Okay.". Und dann guckten wir uns wieder an.
Ich hab im Magazin (an alle die es nicht kennen, es kommt aus Berlin und heißt wirklich "Das Magazin") mal einen Beitrag gelesen, indem eine Frau darüber schrieb, dass sie sich als einzige im Freundeskreis noch nicht von ihrem Mann getrennt hat. Und an einer Stelle schrieb sie so ungefähr: "Und manchmal guckten wir uns einfach nur an: wer blinzelt zuerst? Es war nicht einmal ein Wettbewerb, nur ein Beobachten.". Und diesen Satz fand ich schon damals ziemlich schön und er ging mir ziemlich nah an mein 16 jähriges Herz, auch wenn ich da noch sehr weit weg von der Liebe gewesen war. Und jetzt darf ich das mit dir erleben. Und nein, das ist kein Spass, ich bin wirklich sehr froh darüber.
Ich hab in letzter Zeit manchmal über eine offene Beziehung nachgedacht, und du hast es mir sogar zur Hälfte erlaubt. (Küssen: ja. Sex: das fänd ich irgendwie komisch (also: nein.) Rummachen: Jain.) Und mir fallen so einige Personen ein mit denen ich gerne was hätte. Und dann denke ich manchmal: eyy, ich muss meine Jugend leben, ich muss Körper kennenlernen, ich muss in Menschen reingucken. Aber dann denke ich wieder: Nein ich will dich nicht unnötig verletzen:
Aber in den richtig guten Momenten denke ich: Ich hätte vielleicht Lust mehr von der romantisch-erotischen Welt kennenzulernen. Aber ich hab die Liebe meines Lebens kennengelernt, und das in einer Tiefe irgendwie (eine Tiefe, die ich nicht einmal aufschreiben möchte, oder muss) - in einer Tiefe für die ich fasziniert genug sein kann. Ich will damit nicht sagen: Boah ich hab das Schönere und Deepere erlebt als andere. Denn jede ehrliche und ernsthafte Beziehung ist tief genug, egal ob monogam oder poly, egal ob körperlich oder platonisch. Ich meine das so völlig ohne Maßstab: ich meine damit nur mein eigenes Lebensfenster grad. Ich meine damit: ich für mein Leben kann es damit ausschöpfen. Und es tat irgendwie gut, das erkannt zu haben.
Jedenfalls saßen wir in der Küche und sahen uns an. Und dann nahm ich die kleine dreieckige auf den Griffen stehende Kräuterschere, und spielte glücklich damit herum. Du gucktest mir zu uns nahmst sie mir Sekunden darauf begeistert weg. Ich steckte meinen Zeigefinger zwischen die geöffneten Scherenblätter und du tatst so, als würdest zu reinschneiden. Darauf guckte ich dich gespielt schockiert und du mich frech wahnsinnig an. "Ich schneid nicht!" riefst du. Ich hielt meinen Finger wieder dazwischen und - zog ihn dann ruckartig weg. Wir guckten und beide wahnsinnig überrascht oder überrascht über unseren Wahnsinn an. Und dann auf die zwei dunkelrot werdenden Linien auf meinem Finger. "Mann ich hab doch gesagt ich schneide nicht!" riefst du und unterdrücktest ein Lachen. "Mann ich weiß, tschuldigung!", sagte ich. Du lachtest wieder auf, dann wurde deine Stimme weich "Ohh entschuldigst du dich grad dafür, dass ich dich geschnitten habe?". "Ja!" sagte ich trotzig und versteckte meinen Finger in meiner Faust.
"Zeig nochmal!", meintest du. "Nööö!", ich zog die Hand weg. Wir alberten eine Weile nur so mit unseren Händen herum, du spieltest mit meinen Fingern und verknotetest und verbogst sie, so, wie du es immer machst, wenn du nervös oder gelangweilt bist und nichts hast, um deine Hände zu beschäftigen. Dann beschäftigst du dich halt... mit meinen Händen. Als es wieder zu friedlich und zu langweilig wurde, stand ich auf und langte nach einen Lesezeichen hinter dir auf dem Fensterstock. Es war eine schwarze Katze und ich wollte es dir zeigen. Als ich mich wieder auf den Küchenstuhl fallen lassen wollte, riefst du plötzlich: "Neinneinneinneinnein!" - aber da wars schon zu spät. Ich saß auf dem Küchenboden. Und hatte bei dem Versuch, am Küchentisch Halt zu finden, zwei Trinkgläser herunter gefegt. Muss ausgesehen haben wie ein Vogel, der die Flügel ausgebreitet hat, aber dann gemerkt hat, dann es beim Fliegen keinen Rückwärtsgang gibt.
Wenn diese dicken IKEA-Gläser kaputt gehen, sieht es danach aus als hätte jemand eine Autoscheibe eingeschlagen. So ganz dicke kieselsteinartige Splitter, regelmäßig liegend. Ahja und geklirrt hat es sehr laut.
"Och mann ich..." wolltest du schon zum dritten Mal ansetzen "Ey warum hast du denn den Stuhl unter mir weggeschoben?", unterbrach ich dich, aber ich musste lachen und es war eine Frage die mehr Interesse als Anschuldigung ausstrahlte. "Mannnn ich hatte meine Füße auf deiner Stuhlleiste und als du aufgestanden bist, sind die einfach hinter gerutscht!". Ich musste nochmal lachen, während ich mich aufrappelte. Warum glaubte ich dir das sofort? Das warst einfach so du.
Du saßt auf deinem Stuhl und starrtest wütend auf die Scherben. "Guck mal, zum Glück waren die ausgetrunken!", verkündete ich. "Hm.", stimmtest du unüberzeugt in meinen Jubel ein. "Boah und hier, das eine Glas ist auf den Teppich gefallen und sogar noch ganz!" Ich hob es in die Höhe. "Ich will nicht aufkehren.", erklärtest du nur. "Doch Herr Max es wird jetzt gekehrt! Wo sind in eurer Wohnung Handfeger?".
Die waren in der Hand von deiner besorgten Mitbewohnerin, nachdem sie kurz den Kopf durch die Küchentür gesteckt hatte. "Alles gut?" fragte sie. "Alles bestens.", sagte ich. Du bekräftigstest es mit einem "Naja geht so."
"Naja wenigstens habt ihr euch nicht geschnitten!" sagte sie.
Und wir lachten los.)
Langeweile macht kreativ. Komisch, dass uns trotzdem nie die Ideen ausgehen.