Geister der Vergangenheit

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Zwei Wochen vergingen, in denen Daryl so viel Zeit wie nur möglich mit seinen Kindern verbrachte. Diese genossen die Zuwendung sichtlich. In dieser Zeit begannen die Zwillinge zu laufen. Nachdem die erste Woge von Freude und Stolz abgeklungen war, versetzte es Daryl einen Stich ins Herz, da Sam das nicht miterleben konnte. Er konnte sich noch lebhaft daran erinnern, wie sie gestrahlt hatte, als die Mädchen ihre ersten Schritte allein gemacht hatten.

Nach eben diesen zwei Wochen war die Mauer wieder einigermaßen sicher vor Beißern. Das veranlasste Daryl dazu, auf die Jagd zu gehen. Ihre Vorräte waren nur knapp, und da die Flüsterer nun keine Bedrohung mehr waren und auch ihr Jagdgebiet nicht mehr einschränkten, konnte Daryl die Gelegenheit nutzen und ihre Nahrungssituation verbessern.

Als Daryl das Bike mit seinen Waffen beladen hatte, setzte er sich darauf und versuchte es zu starten. Doch es wollte nicht sofort anspringen. Der Hund sprang um ihn herum und bellte, da er es nicht erwarten konnte, endlich loszulaufen. Über das Gebell hinweg hatte er Carol nicht gehört, die sich ihm unauffällig genähert hatte. Sie stellte sich neben ihn und lächelte verhalten.

„Hab' ich dir mal von der Pedalnähmaschine meiner Oma erzählt?" fragte sie und Daryl sah sie kopfschüttelnd an, „sie nähte all meine Kleider und wenn sie müde wurde, musste ich ihr helfen, weil ich so einen starken rechten Fuß hätte."

„Geht schon", antwortete Daryl und versuchte erneut erfolglos das Bike zu starten, „100 Meter weiter liegt ein umgestürzter Baum, den können wir benutzen, um die Mauer auszubessern."

„Also ich bin für heute durch", sagte Carol daraufhin, „Jerry verteilt die Aufgaben. Ich find's gut, dass er jetzt mehr Verantwortung trägt."

„Ja, und?"

„Und was?"

„Du bist mir nachgelaufen."

„Niemand läuft hier jemandem nach, Daryl."

„Aha."

Ein weiteres Mal versuchte Daryl das Bike zu starten, doch noch immer tat sich nichts. Es wurde langsam wirklich frustrierend.

„Aber ich wollte raus, um zu jagen, was immer sich noch in den Wäldern finden lässt", fuhr Carol dann fort.

„Also willst du mit", stellte Daryl kühl fest.

Carol nickte und in dem Moment sprang das Bike endlich an. Ehe er sich versah, war Carol plötzlich auf das Bike gesprungen.

„Ich hab' nicht gesagt, du kannst mitkommen", meinte er und es ärgerte ihn, dass sie sich aufdrängte.

„Rutsch vor", sagte sie lediglich.

„Ich muss lenken. Such dir 'nen Platz. Aber kau mir nicht das Ohr ab."

„Keine Sorge, ich verscheuch die Tiere nicht."

Daryl schüttelte kaum merklich den Kopf, als er losfuhr. Er war sich nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, dass Carol mitkam. Das Verhältnis zwischen ihnen war nach wie vor angespannt und er hatte auch noch immer keine sehr große Lust in ihrer Nähe zu sein. Doch nun ließ es sich nicht mehr ändern.

Eine ganze Weile fuhren sie die Straße entlang, bis sie an einer Stelle ankamen, wo Daryl zu Fuß weitergehen wollte. Er versteckte das Bike im Unterholz und bedeckte es mit Ästen. Währenddessen gab Carol dem Hund etwas zu fressen und sprach liebevoll mit ihm.

„Hey, so viel braucht er nicht", meinte Daryl, „bleib in der Nähe."

„Ist das nah genug?", fragte Carol, die direkt hinter ihm ging und scheinbar nicht die Absicht hatte, allein loszuziehen.

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt