Die Reaper

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„Ich dachte nicht, dass ich dich wiedersehe", sagte sie kühl.

„Ja, so gings mir auch", antwortete Daryl und konnte den Spott in seiner Stimme kaum verbergen.

„Was suchst du hier?"

Daryl antwortete nicht, denn er wusste keinen Grund, warum er ihr eine Antwort schuldig wäre.

„Bist du allein?"

„Siehst du hier sonst jemanden?"

„Ich hab dich auf dem Weg mit den anderen gesehen. Wer sind die?"

Da nahm sie die Schrotflinte und zielte auf Daryl.

„Gehörst du zu denen?", wollte sie wissen.

„Ich bin 'ner kleinen Gruppe begegnet", sagte Daryl, „und nein, ich gehöre nicht dazu."

„Was machst du so weit im Norden?"

„Ich werd jetzt gehen, komm, mein Junge", sagte Daryl und pfiff den Hund zu sich.

In dem Moment wurde die Schrotflinte entsichert und Daryl wandte sich noch einmal zu der Frau um. Er wurde immer wütender.

„Ich weiß nicht, gegen wen ihr kämpft, aber ich will nichts damit zu tun haben", zischte er zornig, „ich will nur..."

Als Daryl sich umsah, entdeckte er zwei weitere Reaper, die sich ihnen näherten. Ein Entkommen war damit ausgeschlossen. Wutschnaubend sah er zu der Frau, die nach wie vor die Schrotflinte auf ihn gerichtet hatte.

„Was willst du, Daryl?", fragte sie mit Nachdruck.

„Meine Familie", spie er ihr entgegen, „ich suche meine Familie."

Die Frau gab den beiden Reapern ein Zeichen, woraufhin diese Daryl fesselten und ihm einen Sack über den Kopf zogen. Anschließend schleiften sie ihn mit sich und Daryl blieb keine andere Wahl, als das ganze über sich ergehen zu lassen. Schon als er erkannt hatte, dass Leah offenbar zu den Reapern gehörte, war ihm klar gewesen, dass es nur eine Möglichkeit für ihn gab. Da sie sich kannten, konnte er ihnen nun nicht mehr entkommen. Doch vielleicht würde es ihm gelingen, die Gruppe zu infiltrieren und seinen Leuten von innen heraus zu helfen.

Es war einige Jahre her, dass er Leah zuletzt gesehen hatte. Als er sie kennengelernt hatte, war sie eine Einzelgängerin gewesen, die in einer Hütte im Wald gelebt hatte, die nur zwei Meilen von seinem und Sams Baumhaus entfernt war. Meistens war sie für sich geblieben, doch Sam hatte darauf bestanden, ihr ab und an Vorräte vor die Tür zu stellen. Aus ihnen waren Nachbarn geworden, die sich ab und an über den Weg gelaufen waren. Das ging monatelang so, bis sie schließlich einen Punkt erreicht hatten, an dem sie so etwas wie Freunde gewesen waren.

Das hatte jedoch abrupt geendet, als Leah ohne ein Wort der Erklärung verschwunden war. Zuerst hatte sie jedoch noch alle Vorräte von Daryl und Sam gestohlen, als Daryl auf der Jagd, und Sam, die damals hochschwanger mit Annabeth gewesen war, allein mit Janice im Baumhaus gewesen war. Leah hatte sie damals mit der Waffe bedroht, weshalb ihr nichts anderes übriggeblieben war, als ihr die Vorräte zu geben. Sam hatte daraus keine große Sache gemacht und hatte Daryl auch gesagt, dass sie sich sicher gewesen war, dass Leah nicht auf sie oder Janice geschossen hätte, zumal sie und Daryl wussten, dass sie einen Sohn gehabt und diesen verloren hatte.

Glücklicherweise hatten Sam und Daryl Leah nie erzählt, dass sie zu einer größeren Gemeinschaft gehörten. Auch Jesus hatte Leah nie kennengelernt. Und woher ihre Lebensmittel kamen, hatte sie nie genauer gefragt, zumal Sam und Daryl stets darauf geachtet hatten, Leah immer nur Fisch und Fleisch, das sie selbst erbeutet hatten, vor die Tür zu stellen. Dieser Umstand war nun Daryls Glück, denn wäre es anders, und Leah wüsste darüber Bescheid, dann hätte er nicht glaubhaft abstreiten können, zu Maggie und den anderen zu gehören. Und dadurch, dass weder Sam noch die Kinder bei ihm waren, hatte er auch einen triftigen Grund, wieso er so weit weg von zuhause war. Diese Situation musste er nun ausnutzen.

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt