Die erste Spende

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Sechs Tage nach dem ersten Treffen mit Negan saß Samantha am Wachturm und starrte in die Ferne. Rosita und Spencer kamen mit einem Wagen zum Tor und wollten draußen nach Dingen suchen, die sie für Negan sammeln konnten, damit sie genug hatten, wenn er am nächsten Tag kommen würde. Sie tauschten ein paar Sätze mit Eugene aus, der Tordienst hatte. Noch bevor er das Tor aufmachen konnte, stand Samantha von ihrem Platz auf und schaute in die Ferne. Das ferne Dröhnen mehrerer Motoren war zu hören und schließlich kamen ein halbes Dutzend Trucks und Wagen auf Alexandria zu.

„Leute", schrie Samantha nach unten, sah jedoch nicht zu Rosita, Spencer und Eugene, sondern starrte nur auf die Saviors, die sich ihnen näherten.

Nur im Augenwinkel sah sie, wie die beiden aus dem Wagen stiegen. Samantha atmete schwer und ihr Herz klopfte wie wild gegen ihre Brust. Tränen stiegen in ihre Augen, als sie Negan aussteigen und pfeifend aufs Tor zugehen sah. Das Pfeifen ließ eine Gänsehaut auf ihren Armen hochkriechen. Dann schlug Negan mit seinem Baseballschläger gegen das Tor, als würde er anklopfen.

„Kleines Schwein, kleines Schwein, lass mich rein", rief Negan melodisch.

Daraufhin setzte sich Spencer in Bewegung und ging zum Tor, schob den Sichtschutz zur Seite.

„Und?", fragte Negan dann erwartungsvoll, als er in Spencers Gesicht sah.

„Wer bist du?", fragte Spencer und in Samantha kochte der Zorn hoch.

„Oh, du machst wohl Witze", erwiderte Negan grinsend, „Negan, Lucille, ich weiß ich habe einen ziemlich starken ersten Eindruck gemacht."

Da kam nun auch Rick zum Tor. Samantha hatte ihn nicht kommen sehen, sie war viel zu fixiert auf die riesigen Trucks der Saviors.

„Also hallo, Freunde", sagte Negan in Ricks Richtung, „ich muss doch wohl nicht noch fragen, oder doch?"

„Du hast gesagt 'ne Woche. Bist früh dran", stellte Rick bitter fest und zog das Tor auf.

„Hab dich vermisst", erwiderte Negan dann und schaute hinter sich, da sich ein Beißer näherte, „oh, Rick, komm raus hier, sieh mal zu. Ich ruf ihn."

Negan näherte sich dem Beißer und schlug ihm dann auf den Schädel, dann lachte er laut.

„Easy peasy lemon squeezy", sang er dann vor sich hin, „alles klar, Leute? Dann wollen wir mal. Der große Tag ist da."

Da gingen die Wagentüren auf und die Saviors stiegen aus. Doch nicht nur sie. Samantha taumelte leicht und musste sich am Geländer festhalten, da sie sonst den Halt verloren hätte. Alle Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und sie atmete schnappartig, als ihr Blick auf Daryl fiel, der ein eigenartiges, dreckiges, weißes Gewand mit einem aufgesprühten A auf der Brust trug, das ihn als Gefangenen kennzeichnete. Sein Gesicht war übersäht mit Platzwunden und blauen Flecken. Hinter ihm folgte Dwight, doch Samanthas Blick war auf Daryl fixiert.

Samantha wankte zu der Leiter und kletterte dann nach unten. Zwei Mal wäre sie beinahe ausgerutscht und abgestürzt, so sehr zitterte sie am ganzen Körper. Als sie endlich unten angekommen war, fiel sie beinahe hin und stolperte dann Schritt für Schritt auf das Tor zu. Ihre Beine fühlten sich an wie aus Gummi, und machten es ihr nicht gerade leicht, sich vorwärts zu bewegen.

„Hey Rick", ertönte dann Negans Stimme, noch ehe Samantha es bis zum Tor geschafft hatte, „hast du gesehen, was ich gerade gemacht habe? Das ist 1A Service. Ich meine, wir wurden so gut wie abgewiesen am Tor. Wer ist der Kerl überhaupt? Werde ich durchdrehen, kriege ich 'nen Anfall, schlage ich vielleicht jemand den Rotschopf ein? Nein! Ich hab mich nur um diesen toten Wichser gekümmert, der euch hätte töten können – Service."

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt