Verräter

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Es dauerte kaum zwei Minuten, da hetzte Daryl bereits die Stufen hinauf und rannte in Richtung Krankenstation. Samantha lief die Treppe hinunter und gesellte sich zu Gabriel, der den Flüsterer besorgt musterte. Dieser schwitzte und atmete schnell, während er die ganze Zeit leise einige Sätze murmelte, wie ein Gebet.

Es dauerte nicht lange, da kam Daryl mit Dante und Siddiq zurück. Gabriel öffnete die Zellentür und Dante trat ein.

„Leg mir deine heilenden Hände auf, Doc", sagte der Flüsterer verzweifelt, „ich verbrenne hier."

„Was ist das Problem?", fragte Dante.

„Woher soll ich das wissen? Mach, dass es aufhört", stammelte der Flüsterer, während Dante ihn hinlegte.

„Ich seh mir das an", sagte Siddiq, der die Zelle nun ebenfalls betreten hatte.

„Hab's im Griff, Cheffe", meinte Dante.

„Nein, lass mich", beharrte Siddiq und begann mit der Untersuchung, „er hat Atembeschwerden, erweiterte Pupillen und massive Krämpfe."

„Aber er zeigt keinerlei Anzeichen einer Infektion", erwiderte Dante.

Der Flüsterer bäumte sich auf und nicht einmal Dante und Siddiq zusammen konnten ihn unten halten. Da erbrach er Blut auf Dantes Kittel. Siddiq umklammerte den Flüsterer und wies Dante an, ihm seine Tasche und die darin befindliche Rote Rinde zu geben. Um den Flüsterer unter Kontrolle zu halten, gesellten sich nun auch Daryl und Gabriel hinzu und versuchte ihn niederzuhalten, während dieser vor Schmerzen schrie. Dann plötzlich erschlaffte sein Körper und Siddiq fühlte seinen Puls.

Da ging die Tür auf, Carol stürmte herein und verharrte dann. Samantha hörte Schritte auf der Treppe, Lydia folgte ihr wohl. Samantha drehte sich um, drängte Carol nach draußen und zu ihrer Überraschung leistete sie keinen Widerstand. Als Samantha sich wieder den anderen zuwandte, hatte Siddiq gerade ein Glas mit irgendwelchen Kräutern in der Hand.

„Hast du ihm das heute Morgen gegeben?", fragte er Dante fassungslos.

„Ja, gegen die Schmerzen und die Entzündung", antwortete Dante.

Siddiq musterte ihn eine Weile, bevor er ihm mitteilte, dass er ihn damit umgebracht hatte. Dante begegnete seinem Blick schockiert.

„Wie? Doch nicht mit Schafgarbe."

„Das ist Schierling", stellte Siddiq trocken fest.

„Das wusste ich nicht", verteidigte sich Dante.

Samantha betrachtete ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen und auch Daryl kniff die Augen skeptisch zu.

„Ich... wusste es nicht... ich dachte", fuhr er fort, doch er wurde erneut von Siddiq unterbrochen.

„Was? Was hast du gedacht?"

„Ich hatte in der Tasche niemals Schierling vermutet, weil..."

„Warum nicht, Dante?"

„Weil... du sie gepackt hast."

Daraufhin verstummte Siddiq augenblicklich. Samanthas Blick wanderte zu ihm und er schaute hilflos auf einen Punkt ins Leere. Nachdem Alpha Henry, Tara, Enid und viele andere getötet hatte, während Siddiq zusehen hatte müssen, war er nicht mehr derselbe gewesen. Er litt unter Angstzuständen, das war nicht zu übersehen, auch wenn er alles daran setzte, es vor allen andern zu verbergen. Und man konnte es ihm auch nicht verübeln. Was er durchgemacht hatte, war unaussprechlich und furchtbar.

„Ihr solltet gehen", sagte Samantha schließlich, „aber sagt niemandem, was hier unten passiert ist."

Siddiq und Dante verließen die Zelle und als die Tür ins Schloss fiel, standen Daryl, Gabriel und Samantha einige Zeit lang schweigend um den toten Flüsterer herum. Man konnte ihre Gedanken jedoch förmlich durch den Raum hallen hören, denn sie alle hatten dieselben Sorgen.

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt