Anderthalb Jahre später saß Samantha auf einer Holzbank bei den Wohnwägen von Hilltop. Doch sie war nicht allein. Auf ihrem Schoß hielt sie einen einjährigen Jungen, der mit seinen dicken und noch ungeschickten Fingern versuchte, eine ihrer karamellblonden Haarsträhnen zu fangen, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gestohlen hatte. Die junge Frau strich sich die Strähne hinters Ohr zurück, damit der Junge sie nicht ergreifen und daran ziehen konnte. Er hatte es bereits öfter gemacht, und das hatte wehgetan. Zwar war er noch klein, doch er hatte durchaus Kraft, mehr als man einem Einjährigen zugetraut hätte.
Gerade war der kleine Junge dabei sprechen zu lernen, doch meistens brabbelte er nur unverständlich und reihte die Laute willkürlich aneinander. Samantha wurde nervös, als er sich umdrehte und zur Seite schaute. Die junge Frau begutachtete das feine dunkle Haar auf seinem Kopf und setzte den Jungen auf ihren anderen Oberschenkel, da er sich bereits so stark drehte, dass Samantha Angst hatte, er könnte hinunterfallen, wenn sie es nicht tat.
Das allerdings gefiel dem Kleinen nicht im Geringsten und er quiekte protestierend. Samantha begann mit dem Fuß zu wippen und seufzte ungeduldig, als der Junge nicht gleich aufhörte zu quengeln. Schließlich jedoch wurde er wieder ruhiger und spielte mit dem Saum ihres Shirts herum. Seine kleinen Hände zogen und zerrten daran. Samantha war sich sicher, dass er Hunger hatte. Sie sah schon zum dritten Mal in dieser Minute in Richtung des Herrenhauses von Hilltop, doch dort hatte sich noch immer nichts gerührt.
Die junge Frau stöhnte genervt und wippte weiter mit dem Fuß, doch nun etwas stärker. Der Junge begann daraufhin laut zu lachen und Samantha sah ihn stirnrunzelnd an, hörte allerdings nicht auf, mit dem Fuß zu wippen. Der Kleine schien sich prächtig zu amüsieren und begann wieder damit, Laute aneinanderzureihen.
„Mamamamamama", brabbelte er fröhlich, lächelte Samantha dabei herzerweichend entgegen und sah sie fest an.
Nun sprang sie auf und ging in Richtung des Herrenhauses. Der Junge lachte erneut, als er durchgeschüttelt wurde und Samantha setzte ihn sich auf die Hüfte, während sie mit eiligen Schritten zum Haus ging. Vor der Tür blieb sie allerdings stehen, sie wollte die Versammlung nicht stören. Maggie wäre nicht erfreut gewesen, immerhin war Georgie gerade bei ihr.
„Mamamamamamamama", brabbelte der Junge auf ihrem Arm erneut.
Samantha schüttelte den Kopf und begab sich nun zu den Stallungen, doch außer den Kühen, Pferden und Hühnern, konnte sie niemand anderes entdecken. Also ging sie weiter zu den Feldern. Dort musste jemand sein, immerhin war Erntezeit.
„Weißt du, wo Enid ist?", fragte Samantha John, der gerade eine Kartoffelpflanze aus der Erde zog.
Der Mann zeigte lediglich mit dem Finger Richtung Vorratskeller, in dem sie sie finden würde und Samantha bedankte sich. Auf dem Weg dorthin, fiel Samantha in Laufschritt und der kleine Junge lachte erneut glücklich. Die junge Frau lief am Eingang zum Herrenhaus vorbei und steuerte auf den Eingang zu den unterirdischen Vorratsräumen zu. Sie wollte gerade um die Ecke biegen, da prallte sie beinahe mit Enid zusammen.
Das Mädchen erschrak und sah Samantha angesichts ihres gehetzten Gesichtsausdrucks besorgt an.
„Ist alles in Ordnung?", fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, ja, es ist nur...", begann Samantha und streckte Enid dann den Jungen hin, „kannst du ihn nehmen? Ich muss da was erledigen."
„Ich kann nicht, ich muss mit den anderen die Kartoffelernte in die Vorratsräume bringen", widersprach Enid, doch da hatte Samantha ihr den Jungen bereits hastig in die Arme gedrückt.
„Die schaffen das auch ohne dich. Danke, Enid", sagte Samantha beiläufig, wandte sich rasch ab und entfernte sich im Laufschritt von den beiden.
DU LIEST GERADE
Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl Dixon
FanficDas Leben im Gefängnis hat sich für Daryl und seine Gruppe gerade etwas entspannt. Der Govenor ist verschwunden und die Bewohner von Woodbury leben nun gemeinsam mit ihnen im Gefängnis. Samantha hingegen lebt seit dem Ausbruch allein in den Wäldern...