Gleise

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Ein paar Tage später saß Samantha auf der Veranda und trank eine Tasse Tee, während sie Daryl beobachtete. Er überprüfte sein Bike und schraubte ein wenig daran herum. Im Zuge dessen schnallte er eine der Taschen ab und öffnete sie. Darin entdeckte er einen geschnitzten Soldaten und sah ihn an. Er warf Samantha einen Blick zu. Zweifellos hatte Dwight das Motorrad eine Zeit lang gehabt. Doch dann war es irgendwie bei den Saviors gelandet. Samantha wollte nur zu gerne wissen, was passiert war. Noch ehe einer der beiden etwas sagen konnte, kam Carol auf sie zu.

„Habe ich noch gar nicht mitgekriegt. Du hast dein Bike wieder, Daryl", sagte sie fröhlich und setzte sich dann neben Samantha auf die Stufen.

„Ja", antwortete Daryl knapp.

„Die Typen, denen ihr im verbrannten Wald begegnet seid, hatten es geklaut", stellte Carol dann fest und Samantha und Daryl nickten, „ihr habt sie damals gerettet."

Daryls Gesichtsausdruck wurde plötzlich sehr finster und er sah zur Seite.

„Entschuldige... So bist du nun mal", meinte Carol, „ihr beide. Daran ändert sich nichts."

„Nein. Wir hätten sie töten sollen", sagte Daryl dann kühl.

Samantha sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an, doch inzwischen war sie nicht mehr sicher, ob Daryl nicht vielleicht doch damit Recht hatte. Carol stand auf und ging dann fort.

„Hey", rief Daryl ihrer Freundin dann noch zu, und sie drehte sich zu ihnen um, „die, die dich und Maggie hatten... Was haben die mit euch gemacht?"

Carol zögerte eine Weile.

„Mit uns? Gar nichts", antwortete sie dann und setzte ihren Weg nachhause dann fort, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Eine Weile sahen die beiden Carol zu, wie sie fortging. Erst als sie um die Ecke bog, wandten sie ihren Blick ab. Samantha schaute in ihre Tasse, während Daryl mit der geschnitzten Holzfigur in seiner Hand spielte.

„Carol hat sich verändert", stellte Samantha dann fest.

„Das hat sie. Doch sie sagt, dass diese Typen ihr und Maggie nichts getan haben", antwortete Daryl.

„Schon vor der Gefangenschaft war sie anders. Ich habe es schon gemerkt, kurz nachdem wir die Beißer in Alexandria ausgelöscht haben. Sie wurde hausfraulicher. Und dann ihr Verhalten im Schlachthaus", meinte Samantha.

„Wenn du auf diese Angst anspielst – das war ein Trick", warf Daryl ein.

„Ich weiß. Aber dieser Ausdruck in ihren Augen, als wir sie und Maggie gefunden haben. Diese Angst war echt."

„Du weißt, was mit ihr los ist?"

„Nein. Ich habe nur eine Ahnung...", sagte Samantha leise und schwenkte die Tasse, die nun schon fast leer war.

„Dann raus damit", forderte Daryl sie auf.

Samantha dachte einen Moment nach, bevor sie ihre Vermutung äußerte.

„Maggie hat mir erzählt, was im Schlachthaus passiert ist. Carol wollte die Frau, die mit Rick übers Funkgerät kommuniziert hat, laufen lassen. Und ihr Gesichtsausdruck, als Rick unseren Gefangenen erschossen hat...", erklärte Samantha und sah dann in die Ferne, „ich glaub, dass Carol Angst vor dem Menschen hat, zu dem sie inzwischen geworden ist. Du hast erlebt, was sie im Gefängnis getan hat. Sie hat viele Menschen getötet und ich denke, dass sie sich vor dieser starken Frau fürchtet, die keine Hemmungen hat, andere umzubringen."

Daryl nickte daraufhin und sah ebenfalls in die Ferne. Dann nahm er ihre Hand in seine und drückte sie leicht, woraufhin Samantha ihn ansah.

„Glaubst du immer noch, dass wir Negan nicht erwischt haben? Obwohl der Drecksack, der mit meinem Bike davonfahren wollte, gesagt hat, er wär's?", erkundigte er sich dann.

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt