Abweichung

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Ihre Augen öffnete Samantha erst wieder, als sie merkte, wie Daryl die Geschwindigkeit verringerte und vor dem Tor von Alexandria anhielt. Nachdem sie durch das Tor gefahren war, steuerte Daryl auf ihr Haus zu. Samantha stieg ab und Daryl tat es nach ihr ebenfalls.

Als sie ins Haus kamen und Samantha nach Michonne und Carl rief, erhielt sie keinerlei Antwort. Daryl und sie waren also allein. Samantha ging in die Küche und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Daryl lehnte hinter ihr an der Theke und beobachtete sie dabei.

„Du bist Ricks Meinung, was die Saviors angeht?", fragte Daryl sie schließlich.

Samantha drehte sich um und sah Daryl mit schief gelegtem Kopf an.

„Das hab ich nie gesagt", erwiderte sie.

„Dann sag's jetzt."

„Ich bin der Meinung, dass wir, nachdem wir die Saviors besiegt haben, immer noch mit uns leben können sollten. Der Krieg sollte uns nicht in Menschen verwandeln, die wir nicht mehr wiedererkennen", antwortete Samantha dann vorsichtig.

„Und du findest, dass ich so ein Mensch geworden bin?"

„Auch das hab ich nicht gesagt. Obwohl ich zugeben muss, dass es mich schockiert hat, als du diesen Jungen einfach erschossen hast. Obwohl Rick ihm sein Wort gegeben hatte, dass ihm nichts passieren würde."

„Er hatte Ricks Wort, nicht meins."

„Das ist doch völlig irrelevant. Ich versteh auch, weshalb du die Saviors so schnell wie möglich mit Stumpf und Stiel ausrotten willst und deshalb hab ich bisher auch nichts weiter dazu gesagt. Aber Daryl", meinte Samantha und ging auf den Armbrustschützen zu, der sich mit beiden Armen an der Arbeitsfläche abstützte. Sie stellte sich dicht vor ihn und fuhr dann mit sanfter Stimme fort „ich möchte nicht, dass du nach dem Sieg über die Saviors in den Spiegel schaust, und dich für den, der du in diesem Krieg geworden bist, schämst. Und ich fürchte, dass dies passieren wird, wenn du dich von nun an nicht mehr an Ricks Plan hältst."

„Wirst du mich davon abhalten?", fragte Daryl und schaute sie eindringlich an.

„Nein. Wie du dich auch entscheidest – ob du nun an Ricks Plan festhältst oder dich entscheidest, deinen eigenen Weg zu gehen – ich werd dir folgen. Ich werd immer zu dir halten."

Bei ihren letzten Worten hatte sie Daryls Gesicht bereits sanft in die Hände genommen und schaute ihn ernst an. Daryl erwiderte ihren Blick einige Zeit lang, dann schließlich nickte er. Samantha lächelte und Daryl schlang daraufhin seine Arme um ihren Rücken und drückte sie sanft an sich. Dann drückte er ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund, aus dem er sie schließlich nur überaus ungern wieder entließ.

„Ich nehme an, ich kann dich wohl nicht überreden, dass du diesen Kampf aussitzt und hier bleibst, hab ich Recht?", fragte er sie dann und Samantha schüttelte grinsend den Kopf.

„Nein. Wenn ich nämlich bei dir bin, dann bist du vorsichtiger und nicht so risikobereit, wie du es ohne dein schwangeres Mädchen im Schlepptau wärst."

„Nur schade, dass mein Mädchen trotz der Schwangerschaft nicht weniger risikobereit ist."

Samantha entging der Zynismus in seiner Stimme nicht und schüttelte tadelnd den Kopf.

„Schon gut", fuhr Daryl dann fort und ließ Samantha los, „ich muss zu Tara. Bestimmt will sie mitkommen. Ich komm dich dann holen."

„Daryl...", sagte Samantha dann warnend, als Daryl auf die Tür zuging, wohl wissend, dass er vermutlich vorhatte, ohne sie zu fahren.

„Mann, ich versprech's, okay? Großes Indianerehrenwort, oder was immer du auch willst", meinte Daryl im Gehen und ohne sich umzudrehen.

Samantha sah ihm nach, beobachtete den Armbrustschützen, wie er von der Küche bis zur Haustür ging und lächelte unwillkürlich, als ihr, wie schon so viele Male zuvor, sein markanter Gang auffiel.

Ein Neuanfang unter Beißern - Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt