Kapitel 17

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Ragnar hatte das Gefühl, als würde ihm das Herz vor Freude aus der Brust springen, als er in der großen Halle auf die ältere Rawena traf und erfuhr, dass Marian wach sei. Nichts lieber hätte er getan, als zu ihr zu eilen. Doch die nahende Rückkehr von Halvdan verhinderte dies. Während Lucian die letzten Vorbereitungen für eine Flucht traf, hatte Ragnar mit weiteren merkwürdigen Vorkommnissen zu kämpfen. Diesmal war es kein Selbstmord, doch genauso Fragen aufwerfend. Zwei Brüder hatten sich unter lautem Gelächter gegenseitig gemeuchelt. Jene, die versucht hatten, die beiden daran zu hindern, waren dabei verletzt worden. Ragnar verstand es nicht. Er hatte die Brüder gekannt. Alle beide wären, um den anderen zu retten, mit Freunden für ihn in den Tod gegangen. Also, warum haben sie sich nun gegenseitig umgebracht? Und das auch noch lachend? Letzteres ließ ihm keine Ruhe. Dieses elendige Lachen bescherte ihm Gänsehaut am ganzen Körper. Was auch immer der Grund für all das war, er gab sein Bestes, um weitere Vorkommnisse dieser Art im Keim zu ersticken. Als es später Nachmittag wurde, kam Lucian zu ihm.
"Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen", berichtete er.
"Gut, dann ist alles für die Rückkehr von Halvdan bereit", knurrte Ragnar.
"Ich bin mächtig gespannt, was der Arsch in den Höhlen erlebt hat", meinte Lucian. Im nächsten Moment wurde es vor der Feste sehr laut und mehrere Männer betraten die Feste. Schnell war klar, was dies zu bedeuten hatte.
"Ich schätze, das wissen wir gleich", murmelte Ragnar und fluchte innerlich. Halvdan war noch vor dem vom Boten angekündigten Abend zurück. Rasch ging er sicher, dass sein Verband gut verborgen war. Alles in Ragnar spannte sich an, als er schließlich Halvdan erblickte. Die Halle war inzwischen fast bis zum Bersten gefüllt und doch registrierte er, dass die Rückkehrer weniger als bei ihrem Aufbruch waren. Einige Männer luden mehrere Säcke in der Mitte der Halle ab. Allen anwesenden war bewusst, dass sich darin Gold befand. Halvdan hatte indessen nichts Besseres zu tun, als mit seinem Erfolg zu prahlen. Ragnar knirschte mit den Zähnen, als er erkannte, dass die jenen, die unter den Rückkehrern fehlten, allesamt zu seiner Sippe gehörten. Als seine und Halvdans Blicke sich trafen, grinste letzterer höhnisch. Ragnar war sich sicher, dass er seine Männer hinterrücks ermorden ließ. Die Wut darüber ließ ihn beinahe bersten, doch er konnte sich unter Kontrolle halten. Ruhig, aber mit loderndem Zorn in seinen Augen, ging er auf Halvdan zu.
"Wie ich sehe, bist du erfolgreich zurück", grüßte er.
"Und ich habe einiges zu berichten. Wie bereits vermutet, wurden wir auch in den anderen Höhlen von Monstern angegriffen. Es gab zahlreiche Opfer", sprach Halvdan und sein Grinsen wurde breiter. Ragnar atmete tief ein und aus. Dass nur seine Männer, die Opfer waren, sprach er nicht an. In seinem momentanen Zustand wäre es unklug einen Streit mit diesem Bastard zu riskieren.
"Gut, dann erzähl uns alles bei einem Festessen", schlug er vor. Halvdan nickte und sogleich wurden die Frauen aufgescheucht, um das besagte Essen zuzubereiten. Währenddessen kam es unter den Männern beinahe zu einer Massenschlägerei. Denn jeder wollte etwas von dem Gold haben. Ragnar hatte keine andere Wahl, als das Gold entfernen und wegsperren zu lassen. Erst mit dem Versprechen, alles gerecht aufzuteilen, gaben die Männer Ruhe. Und selbst Halvdan unternahm nichts, um sich gegen diesen Befehl zu stellen.

Marian vergrub ihre Finger zitternd in der Bettdecke, während sie der Erzählung von Rawena lauschte. Wie die ältere ihr berichtete, war Halvdan bereits zurück. Noch schien es zwischen ihm und Ragnar friedlich abzulaufen. Doch es sei deutlich, dass dies nur eine Farce sei.
"In diesem Augenblick speisen sie zusammen und Halvdan prahlt von seinem Abenteuer in den Höhlen", erklärte Rawena.
"Das gefällt mir nicht. Was wird wohl geschehen, wenn er Ragnar herausfordert und siegt?", fragte Marian. Rawena gab ihr keine Antwort, das brauchte sie auch nicht, denn beiden war klar, dass alles nur noch schlimmer werden würde.
"Ragnar muss es nur schaffen, seine Schwäche so lange versteckt zu halten, bis er wieder in der Lage ist zu kämpfen. Wie ich Halvdan einschätze, würde er es ohne dessen Verletzung nicht wagen, ihn zum Duell zu fordern. Bleiben wir also erstmal ruhig", meinte Rawena und lächelte dann.
"Ich habe aber auch gute Nachrichten. Eurem Vater geht es besser. Er ist zwar noch nicht erwacht, doch das Kraut zeigt Wirkung. Ich bin mir sicher, er wird gesunden", sprach Rawena und Marian kamen die Tränen. Froh war sie, dies zu hören.

Der Ragan Clan (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt