Kapitel 51

486 56 7
                                    

Die Anwesenheit des drolligen Huxleys, beruhigte Marian zwar, doch als sie kurz darauf hörte, wie mehrere Soldaten die Halle betraten, wurde sie doch ziemlich Nervös. Sie wagte es nicht, einen Blick zu riskieren, aus Furcht, Halvdan zu erblicken.
Starr kauerte sie noch immer am Boden und sah zu Huxley, der nun ziemlich interessiert den Mann musterte, den seine Soldaten brachten.
Ein dunkles Knurren hallte durch die Halle und Marian zuckte zusammen. Es klang fast wie ein Tier und doch hatte es etwas Vertrautes.
"Knurrt so viel, wie ihr wollt. Aber sie werden ihre Schwerter erst sinken lassen, wenn sich herausstellt, dass ihr keine Gefahr für meinen kleinen Sonnenschein seit", sagte Huxley und runzelte sogleich die Stirn.
"Nanu, warum grinst ihr mich nun so dämlich an?", fragte er verwirrt.
"Weil ihr mir, aufgrund eurer Worte, sogleich Sympathisch seid", bekam er Antwort und Marian fiel aus allen Wolken, als sie die Stimme hörte. Ihr innerstes stürzte in ein wildes Chaos an Gefühlen und ihre Tränen liefen, ohne, dass sie diese Stoppen konnte. Voller Furcht, dass dies nur ein schöner Traum sei, sah sie, am ganzen Leibe zitternd, hinter sich.
Ihre Augen weiteten sich.
Umzingelt von mehreren Soldaten, die drohend ihre Schwerter gegen ihn erhoben hatten, sah sie ihren Mann.
Ragnar schien sie noch nicht entdeckt zu haben und wie sie bemerkte, war ihm ein Bart gewachsen. Selbst damit sah er verwegen gut aus.
Einige Augenblicke lang, starrte sie ihn nur fassungslos an und als sie realisierte, dass er wirklich hier war, kannte ihre Freude keine Grenzen mehr. Als sie sich erhob und dabei das Rasseln der Kette erklang, sah sich Ragnar sogleich um und als er sie entdeckte, weiteten sich seine Augen. Marian erkannte in ihnen die Freude, den Zorn und auch die Erleichterung, ehe sich all dies mit sichtlicher Sorge vermischte.
Ihr Mann schien gerade ein Wechselbad der Gefühle zu durchlaufen.
Rasch wollte sie zu ihm eilen, doch ihr geschwächter Körper gab schon nach wenigen Schritten nach und sie sackte mit einem Keuchen zusammen. Doch ihre Freude war so groß, dass sie es sogleich noch einmal versuchte, diesmal jedoch, stolperte sie über die Kette ihrer Fessel und ging erneut zu Boden.
Dies war der Augenblick, in dem sich Ragnar aus seiner Starre löste.
Knurrend wie ein wildes Tier, stieß er die Soldaten, die ihm den Weg zu ihr versperrten, wuchtig aus dem Weg. Die Schwerter schien er dabei keine Sekunde lang zu fürchten und nur Huxley war es zu verdanken, dass er nicht von ihnen durchbohrt wurde. Dieser vollführte nämlich rasch ein Handzeichen, was dazu führte, dass man Ragnar den Weg frei machte und die Schwerter sinken ließ.
Der Ältere wurde nun Zeuge, wie Ragnar auf Marian zustürmte. Mit zitternden Gliedern erhob sich diese wieder und als er sie erreichte, ließ sie sich überglücklich und unter Tränen in seine Arme fallen. Huxley erweichte es das Herz, als er sah, wie der Mann sie an sich presste und einige Tränen dabei vergoss.
Mit einem erneuten Handwink sorgte Huxley dafür, dass die Soldaten die Halle verließen und auch wenn er nicht wusste, wer dieser Mann war, lehnte er sich mit einem Lächeln in seinem Sitz zurück und beschloss, dem glücklichen Pärchen ein wenig Zeit für ihre Wiedersehensfreude zu lassen.
Die zitternden Finger von Marian, vergruben sich in dem Hemd ihres Mannes, während sie heftig schluchzte und seinen Duft inhalierte.
"Ich kann kaum glauben, dass du wirklich hier bist", wimmerte sie und spürte, wie er sie noch fester an sich drückte.
Sein ganzer Körper schien zu zittern und er war genauso Überwältigt wie sie.
"Ich sagte dir doch, egal wohin du gehst, ich werde dich finden", flüsterte er und die Erleichterung darüber, sie endlich wieder in seinen Armen halten zu können, sorgte dafür, dass er Tränen der Freude vergoss.
Er spürte deutlich, wie die Schwere, die sein Herz gepeinigt hatte, langsam bröckelte und sich löste. Zu beschreiben, wie groß seine Ängste um sie gewesen waren, war nicht möglich.
Eine Zeitlang, hielt er sie einfach nur in seinen Armen, ehe er schließlich sanft ihre Stirn küsste und sie etwas von sich schob. Sogleich musste er sie mit seinen Händen aufrecht halten, da ihre Beine nachgeben wollten. Es entsetzte ihn, zu sehen, wie geschwächt sie war.
Ein dunkles Knurren entwich ihm, als er die Kette und den Eisenring betrachtete. Dann flog sein Blick zu ihrer Schläfe, wo getrocknetes Blut von einer Verletzung zeugte. Erbebend vor Zorn, sah er zu ihrem Arm, wo er wusste, dass ein Pfeil sie getroffen hatte. Der Verband war dreckig und hatte sich teilweise gelöst, sodass er erkennen konnte, dass die Wunde so gut wie verheilt war und keine Gefahr mehr darstellte.
Das erleichterte ihn, doch es milderte seinen Hass auf die Thorvaldssons nicht. Wissend, dass er seine Rache bekommen würde, schluckte er die Wut mit aller Macht hinunter und sah, wie sie mit Staunen seinen Bart musterte.
Die Tage, seid ihrem Verschwinden, waren eine Qual gewesen und das Letzte, woran er gedacht hatte, war sich zu rasieren. Laut Lucian, hatte er nur noch dahin vegetiert.
Doch nachdem sie endlich die Landen seiner Frau erreicht hatten, war sein Willen und der Tatendrang wieder erwacht und er hatte es kaum erwarten können, Marian zu finden. Froh war er gewesen, als Havati ihm berichtet hatte, dass ihr die Flucht gelungen war.
Sein Puls begann sich zu beschleunigen, als er daran dachte, welche frohe Botschaft ihm sein Spion überbracht hatte.
Mit einem zärtlichen Blick sah er an seiner Frau hinab und betrachtete ihren Bauch. Es hatte ihn beinahe von den Füßen gehauen, als er von seinem und ihrem kleinen Wunder erfahren hatte. Doch gleichzeitig waren seine Sorgen damit nur noch mehr gestiegen. Doch nun, wo er sie endlich gefunden hatte, spürte er instinktiv, dass es dem Kind gut ging und er wagte es nicht, an dieser Gewissheit zu zweifeln.
Für einen kurzen Moment wurde er nun von seinem aufkommenden Zorn geblendet, als er an Halvdans Tritt dachte, von dem ihm Ashildr erzählt hatte. Für das und all die anderen Dinge, die ihm berichtet wurden, würde er diesen Bastard leiden lassen. Doch in diesem Moment wollte er nicht an ihn denken und schwelgte lieber in seiner Freude.
Vergnügt sah er dabei zu, wie sich die Augen seiner Frau weiteten und ihr ganzes Gesicht errötete, als er seine Hand auf ihren Bauch legte und diesen zärtlich streichelte. Damit ließ er sie erkennen, dass er von dem Kind wusste.
"Woher?", keuchte sie.
"Dass ich Vater werde, war gleich das Erste, was mir Havati und Ashildr an den Kopf warfen", gestand er.
"Wartet, stopp. Was soll das heißen?", ertönte der erschrockene Ruf von Huxley.
Ragnar ignorierte ihn und beobachtete, wie Marian ganz verlegen wurde, während er ihr auch ansah, dass sie viele Fragen hatte. Doch beantworten würde er ihr diese später.
Während er aus den Augenwinkeln sah, dass der drollige kleine Mann, nun aufgeschreckt zu ihnen eilte, zog er seine Frau wieder zu sich heran und legte seine Lippen auf die ihre.
Oh, wie herrlich es war, wieder ihre Süße zu schmecken.
"Auseinander", keifte Huxley und schob sich zwischen die beiden.
"Wenn ihr nicht sterben wollt, wagt es nicht, mich von meiner Frau trennen zu wollen", knurrte Ragnar.
"EURER FRAU", entfuhr es Huxley halb kreischend.
Ragnar legte grinsend einen Arm um Marian, als diese sich an Huxley vorbei drängelte und zu ihm kam.
"Ganz genau, sie gehört mir", sagte Ragnar.
"Marian, ist das wahr?", fragte Huxley krächzend.
"Das ist Ragnar und er ist mein Mann", antwortete sie.
"DEIN MANN?", kreischte Huxley erneut, ehe er fassungslos zu seinem Sitz zurücktaumelte und sich dort mit einem lauten Keuchen niederließ.
Doch es dauerte nicht lange, ehe er rasch wieder aufsprang.
"Marian, hast du dich Schwängern lassen?", fragte er und seine Stimme klang ziemlich schrill.
"Ja, das hat sie", antwortete Ragnar und legte voller Stolz erneut seine Hand auf ihren Bauch. Mit großen Augen ließ sich der Ältere wieder in seinen Sitz fallen und sein Schock war deutlich.
"Bitte beruhige dich", bat Marian.
"Beruhigen? Wie bitte soll ich mich beruhigen? Als ich dich das letzte Mal sah, warst du noch mein unschuldiger Sonnenschein. Wer ist dieser Mann überhaupt? Seit, wann seid ihr verheiratet? Wie lange kennst du ihn?", erwiderte Huxley aufgebracht.
"Ich schlage vor, Fragen und Antworten geben wir uns später. Ich verlange, dass meine Frau sofort untersucht und von diesem schrecklichen Ding befreit wird", sagte Ragnar, noch bevor Marian ihren Mund öffnen konnte und er hob, mit einem bösen Funkeln in seinen Augen, die Kette an.
"Natürlich, darum wird sich so schnell wie möglich gekümmert", erwiderte Huxley und in seinem Blick lag dieselbe Boshaftigkeit.
"Wenn ich dem jenen, der ihr das angelegt hat, begegne, werde ich ihn zerschmettern", grummelte er.
"Die Rache an diesem Mann gehört mir", grollte Ragnar.
"Verstehe, wie wäre es, wenn wir ihn uns teilen?".
"Ich werde nicht viel von ihm übrig lassen".
"Ein kleines Stück werdet ihr mir doch wohl gönnen", meinte Huxley.
"Nein".
"Nicht mal einen Zeh?".
"Nicht einmal das", antwortete Ragnar und Huxley begann zu Lachen.
"Mit nichts, kann ich mich nicht zufriedengeben, das sollten wir bei Gelegenheit noch einmal gründlicher ausdiskutieren. Aber fürs Erste denke ich, dass ich euch gut leiden kann", sagte der Ältere und Marian atmete bei diesen Worten erleichtert aus. Glücklich schmiegte sie sich gegen ihren Mann und noch immer, kam ihr seine Anwesenheit wie ein schöner Traum vor.
Als Ragnar das Zittern ihrer Beine bemerkte und spüren konnte, wie ihr Körper schwerer in seinem Griff wurde, hob er sie rasch auf seine Arme empor.
"Lasst endlich einen Heiler rufen", verlangte er voller Ungeduld und mit einem Nicken erhob sich Huxley. Was nun passierte, nahm Marian nicht mehr wahr, denn sie schlief, ihren Kopf auf Ragnars Schultern gebettet und mit einem Lächeln auf ihren Lippen ein.


Der Ragan Clan (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt