Kapitel 34

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Als Marian am nächsten Morgen erwachte, war Ragnar nicht da. Sie ärgerte sich, denn diesmal war es ihm gelungen, sich vor ihrem Erwachen davonzuschleichen. Doch sie beruhigte sich schnell wieder, denn sie wusste, dass er gute Gründe dafür hatte. Mit einem seufzen erhob sie sich und als sie kurz darauf den Wohnraum betrat, hielt sie inne.
Eydis stand dort mit dem Rücken zu ihr und hielt eines der Hemden von Ragnar eng umschlungen. Marian war schockiert dies zu sehen und spürte wie sie wütend auf diese Frau wurde.
Das Weib inhalierte seinen Duft, der an dem Wäschestück haftete und seufzte selig.
"Was wird das?", fragte Marian mit schneidender Stimme und Eydis erschrak. Hastig wirbelte sie herum und versuchte das Hemd hinter ihrem Rücken zu verstecken.
"Ich wollte nur die Wäsche holen", sagte Eydis.
"Ach wirklich? Überprüft ihr den Grad der Verschmutzung immer mit eurer Nase?", fragte Marian spottend. Eydis gab ihr keine Antwort, doch ihr Blick wurde sehr kühl. Die beiden sahen sich voller Hass an.
"Legt das Hemd nieder und geht", befahl Marian.
"Warum sollte ich euch gehorchen?", fragte Eydis trotzig.
"Wie bitte?", keuchte Marian.
"Damit das klar ist, ich halte nicht viel von euch. Ragnar gehört mir. Im Moment ist er nur von euch geblendet, doch bald wird er euch fallen lassen und zu mir zurückkehren. Ich weiß es", sagte Eydis und sie schien ihn so sehr zu lieben, dass sie Blind für die Wahrheit war. Marian hatte ein wenig Mitleid mit ihr und wusste, dass sie genau wie Eydis in einer unerwarteten Liebe hätte enden können. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie schlimm es sein musste, den Mann den man wollte, mit einer anderen zu sehen.
"Ich will mich nicht mit euch streiten, also geht einfach", bat Marian. Doch Eydis wollte nicht gehorchen und in dem Moment, wo Ashildr den Wohnraum betrat, ergriff sie eine Vase und warf damit nach Marian. Ashildr entfuhr ein entsetztes Keuchen als sie sah, wie die Vase an Marians Stirn abprallte, zu Boden fiel und dort laut krachend zerschellte. Marian taumelte etwas, doch fasste sich schnell wieder. Der Angriff hatte sie überrascht und sie konnte förmlich spüren, wie sich geschwind eine Beule bildete.
"Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?", kreischte Ashildr los und stürzte sich auf Eydis, die bereits nach dem nächsten Wurfgegenstand suchte.
"Mischt euch nicht ein", zischte sie und versuchte Ashildr von sich zu stoßen. Von dem Lärm angelockt, betrat Fjorleif den Wohnraum.
"Was ist denn hier los?", fragte sie und sah mit großen Augen, wie Ashildr mit Eydis kämpfte, während Marian sich ihre Stirn hielt und in den Scherben einer Vase stand.
"Lass mich los, ich bringe diese Schlampe um, dann gehört er wieder mir", schrie Eydis und Fjorleif begann zu begreifen. Rasch eilte sie zu Ashildr und Eydis. Letztere verpasste sie eine schallende Ohrfeige. Keuchend fiel Eydis in die Knie und sah ihre Herrin erschrocken an.
"Wie dumm bist du eigentlich, Mädchen? Wach endlich aus deinen Träumen auf. Ist dir nicht bewusst, was mein Sohn mit dir tun wird, wenn er davon erfährt? Dir sollte klar sein, dass er nicht davor zurückschreckt, dich wie einen Mann zu bestrafen. Hängst du so wenig an deinem Leben?", fragte sie und Eydis erbleichte.
Marian löste sich aus ihrer Starre und eilte zu ihnen.
"Wartet, er muss nichts davon erfahren", meinte sie.
Ashildr und Fjorleif sahen sie an und seufzten schwer.
"Und wie willst du ihm diese fette Beule erklären?", fragten sie im Chor.
"Da wird mir schon was einfallen", wehrte sie ab und half Eydis auf die Beine.
"Ich kann sie irgendwie verstehen und ich will nicht, dass die Sache eskaliert", meinte sie und erschrak als Eydis sie fauchend von sich stieß.
"Ich brauche deine Hilfe nicht", keifte sie.
"Du bist ziemlich undankbar", meinte Ashildr.
Eydis hob nur trotzig ihr Kinn. Marian wandte sich an Fjorleif und sah sie bittend an.
"Nun gut, wie du willst. Ich werde ihm nichts sagen", gab diese nach.
"Ich auch nicht", versprach Ashildr.
Marian atmete erleichtert aus, das Letzte, was sie wollte, war, dass Ragnar wieder zum Monster wurde. Sie wollte lieber nicht wissen, wie seine Strafe für Eydis ausgesehen hätte.
"Ihr Verhalten kann trotzdem nicht ungestraft bleiben", meinte Fjorleif und Ashildr packte Eydis am Oberarm.
"Keine Sorge, ich kümmere mich darum", versprach sie und zerrte sie davon. Nachdem sie verschwunden waren, besah sich Fjorleif die Beule an Marians Stirn genauer.
"Oh Mann, das Teil ist nicht zu übersehen", meinte sie und Marian suchte fieberhaft nach einer Lüge, die sie Ragnar auftischen konnte.

Der Ragan Clan (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt