After dark
-Mr. KittyLuce's Pov:
Nate hatte einen vertrauten und gleichzeitig undefinierbaren Blick auf mich gerichtet, als wir im Unterricht auseinander gesetzt worden waren. Ich hatte mich zu ihm gedreht und bemerkt, dass er scheinbar in seinen Gedanken versunken war, da er nicht auf die Worte der Leute um ihn herum reagierte. Unsere momentane Lehrerin bekam sowieso nie irgendwas mit, weshalb es ihr im Moment ziemlich egal war.
Mit einem schnellen Blick zu der Frau an der Tafel, welche gerade ihren Unterricht vorführte, indem sie uns einen halben Roman auf die Tafel schrieb, für den wir unsere Lebenszeit opfern sollten, stand ich auf und huschte zu dem Jungen hinüber. Seine Augen - welche einen ziemlich kräftigen Grünton in sich hatten - lagen unentwegt auf dem Tisch ihm gegenüber. Es war nicht das erste Mal, dass er dissoziirte, weshalb ich zu der Lehrerin ging und sie fragte, ob wir beide kurz rausgehen könnten. Sie sah sich verwirrt um, doch dann erlaubte sie es einfach, ohne nachzufragen. Vermutlich war unsere Klasse die Klasse, welche mental am beschissensten dran war. Doch daran ändern konnte eine außenstehende Lehrperson sowieso nichts.
Wir verließen den Raum, gingen auf den leeren Flur und als die Tür hinter uns zufiel, womit uns niemand mehr beobachten konnte, lehnte sich der Junge - welcher kaum einen halben Kopf größer als ich war -, an die Wand und ließ sich an dieser herunter rutschen.
»Alles gut?« Er verhielt sich nicht wie sonst, weshalb meine Frage berechtigt war. Und diesmal sah er direkt mich an, und nicht durch mich hindurch. Seine Augen fokussierten mich und ich erkannte, dass in ihnen pure Traurigkeit wie Müdigkeit lag.
»Wie geht es dir?« Er hatte vermutlich erst einmal auf diese Frage geantwortet, doch die Wahrheit sagte er nie. Diesmal würde er auch nicht auf meine Frage antworten, dies wusste ich sowieso. Vermutlich wussten wir beide gut genug, dass er viel mehr über mich wusste, als ich über ihn. Und manchmal war es frustrierend, dass ich ihn nicht so gut kannte, doch ich musste es wohl einfach akzeptieren.»Ist es denn überhaupt wichtig wie es mir wirklich geht?« Nate's Murmeln war kaum verständlich, und doch hörte ich seine Worte und sah in seine müden Augen. Manchmal würde ich mir wirklich gern eine glückliche Version von ihm vorstellen können, doch diese gab es nicht wirklich. Wenn er sich glücklich verhielt - und dies war meistens mit Cassie der Fall, welche ich absolut nicht ausstehen konnte - war er meistens auch angespannt und schien der Situation entkommen zu wollen. Ich dachte über Cassie nach und über die Tatsache, dass sie krank war. Wie gesagt konnte ich sie nicht ausstehen, doch ich wusste nicht wieso genau. Die beiden waren nun schon über vier Jahre zusammen und niemand von ihnen, hatte sich jemals mit anderen Personen ausprobieren können. Doch vielleicht war auch meine Denkweise falsch und sie wollten sich nicht ausprobieren?
»Es ist wichtig, Nathan!« Ich sprach nicht häufig seinen vollen Namen aus, da ich meistens Angst hatte, ihn falsch auszusprechen, doch immer, wenn ich 'Natha' sagte, wussten wir beide, dass ich es ernst meinte. Wieso mochte ich diesen Jungen überhaupt so sehr? Warum musste ich mich an ihn gebunden fühlen, obwohl es genau andersrum war? Mit Nate war es anders; ihn könnte ich niemals wegen einem kleinen Fehler als meinen Kumpel wegstoßen. Denn er war mir wichtig. Er war keine billige Schlampe und ebenfalls kein dahergelaufener Junge, der unbedingt etwas von meiner Beliebtheit abhaben wollte und ich ihn kurz davon kosten ließ, bevor ich ihn in die Hölle schickte. Zu den meisten Menschen war ich auch nicht so nett und hilfsbereit, wie zu ihm, weshalb er sich langsam mal zusammenreimen sollte, dass ich ihn mochte und brauchte - natürlich nur freundschaftlich gesehen.
Seine Augen wurden müder, doch vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Allerdings schien jeder Rest seiner sonstigen Energie aus seinem Körper zu weichen, wie Luft aus einem Schlauchboot, wenn es ein Loch hatte. Und bis zu diesem Zeitpunkt stand ich noch vor ihm, doch nun setzte ich mich an die Wand neben ihn, legte meinen Arm um seine Schultern und ignorierte wie immer das lästige Kribbeln, als er sich leicht an mich lehnte.
»Es ist scheiße zu leben, als könnte jeder Tag der letzte sein, weißt du das?« Wieder war seine Stimme leise und gesenkt, doch dies war mir im Moment egal. Ich machte mir Sorgen um ihn. Und meine Sorge sollte mit jedem einzelnen Wort wachsen.
»Ich weiß!« »Wenn du so lebst, scheint das Leben eine Waffe zu sein, mit der auf dich gezielt wird, und gleichzeitig ist es so befreiend, wie man es sich kaum vorstellen mag.« Es war eine Metapher, die ich nicht ganz verstand, doch vermutlich fehlte mir einfach die Vorstellungskraft dafür.Nate vergrub seinen Kopf kurz in seinen Händen, rieb sich über das Gesicht und fuhr sich einmal kurz durch die Haare, welche sowieso keine bestimmte Haltung hatten und ihm einfach nur nicht im Gesicht sein sollten. Und dann rappelte er sich wieder auf, stellte sich vor mich und sah mich mit seinem normalen und kühlen Blick an. Als er auf diese Schule gewechselt war, hatte er mir am Anfang echt Angst mit seinem ständig düsteren und kühlen Blick gemacht, der alle von ihm fern halten sollte. Doch irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt und spätestens, als ich mich mit ihm angefreundet hatte, machte mir auch sein Blick und sein Pokerface nichts mehr aus. Doch eine Frage schwirrte mir seit seinem ersten Tag im Kopf, und wollte einfach nicht gehen; Was hatte dieser Junge durchmachen müssen, um so kalt und distanziert zu sein, wie er war?
»Sollen wir wieder rein oder sollen wir die letzte halbe Stunde einfach schwänzen?« Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich sah plötzlich direkt in seine Augen. In diese wunderschönen Augen, die ich so sehr mochte. Doch warum? Warum mochte ich ihn so sehr? Warum fuhr mir immer ein warmer Schauer über den Rücken, wenn ich seine Stimme hörte und warum verdammt nochmal, konnte ich nicht aufhören, über ihn nachzudenken? Es war nervtötend.
»Lass uns schwänzen, ich hab sowieso keinen Bock mehr auf die Frau.« Ohne zu zögern nickte er, und dadurch, dass er sowieso schon ein paar Schritte den Gang entlang, zum Ausgang gegangen war, holte ich zu ihm auf und wir verließen das Schulgebäude, nachdem wir die Treppen ins Erdgeschoss heruntergegangen waren. Eigentlich war es dumm, dass wir so häufig schwänzten und auch Unterricht, den wir nicht zusammen hatten, einfach übersprangen. Und dadurch, dass ich wusste, wie schwer es Nate fiel, sich mit neuen Menschen anzufreunden, hatte ich auch kein Problem damit, wenn wir uns irgendwo trafen und einfach den Rest der Stunden irgendwo verbrachten.Wir traten ans Tageslicht und wie automatisch, steckte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete diese an. Er schien den Rauch förmlich zu inhalieren, doch dies machte mir nichts aus, ich sah ihm einfach dabei zu und verlor meine Gedanken wieder an ihn. Die Tatsache, dass er mehr über mich wusste, als ich über ihn, war ein wenig beunruhigend, doch inzwischen war es mir relativ egal geworden. Ich akzeptierte es und gleichzeitig war ich froh, dass er mich so gut kannte und nahezu immer wusste, was zu tun war.
Die Sonne schien hell und fiel auf uns. Seine braunen Haare schimmerten stellenweise fast schon golden im Sonnenlicht und der Rauch den er in die kühle Luft ausbließ, schien in den Sonnenstrahlen nahezu zu tanzen. Es war April, was das kühlere Wetter und den leichten Sonnenschein erklärte, doch den Sommer wünschte ich mir eher weniger. Warum auch immer, mochte ich den Sommer nicht. Es gab so viele Dinge, die mich am Sommer störten, dass ich den Herbst und Frühling als besser einsrufte. Vielleicht lag es daran, dass man sich im Frühling und Herbst besser unter den langen Klamotten verstecken konnte, ohne dass es jemandem auffiel oder man darauf angesprochen wurde?
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You'll Lose In Love | Boy×Boy
Teen FictionEr ist ein Fuckboy, ein Player, ein Arsch. Und doch ist er bekannt, beliebt, Prom King und damit der hübscheste Typ seiner Highschool, bis sich alles ändern soll, mit seinem besten Freund angefangen. Denn auch wenn sie sich ihren Gefühlen für den je...