44

120 11 6
                                    

Freaks
- Surf Curse

Nate's Pov:

»Verschont mich von diesem Tag!«, bat ich müde, als Blaine mir grinsend sagte, dass ich nicht hoffen sollte, heute ohne Geschenk von ihm davon zu kommen. Meine Kaffeetasse war inzwischen leer, Luce lehnte am Küchentisch, Blaine stand neben mir und die Mädchen hatten sich auf die Arbeitsplatte und einen Stuhl gesetzt.

»Du wirst dich aber freuen, Nate!«, meinte nun auch Luce und gespielt schockiert sah ich ihn an. »Fällst du mir jetzt auch noch in den Rücken?« Er grinste nur lieb und unschuldig, während ich mir das Lächeln verkniff, welches sich zurück auf meine Lippen schleichen wollte. »Hab ich vorhin schon gemacht.« »Komm schon Nate, ein wenig Begeisterung, und dann darfst du mir sehr gerne folgen!« Blaine wollte wirklich nicht aufgeben. »Können wir das nicht morgen machen?« »Morgen ist's zu spät, dann ist es kein Geburtstagsgeschenk mehr!«, warf Cynthia von ihrem Stuhl mit ein und genervt sah ich meine Geschwister sowie Luce an. Dann seufzte ich. »Okay, okay! Aber wehe ich freue mich nicht!« Meine Zustimmung ließ Blaine ein »Ja! Ja, er hat zugestimmt!«, rufen, und plötzlich lächelte er wieder zufrieden. Ich schüttelte nur leicht grinsend den Kopf und deute Richtung Wohnzimmer.

»Dann geh Mal vor, auch wenn ich nicht weiß, wo du mich hinbringen willst!«, forderte ich. Blaine verließ grinsend den Raum, jedoch zog er Luce mit sich, der eigentlich vor hatte, hier zu bleiben. Unsere Schwestern folgten uns, als wir die Küche verlassen hatten und verwirrt wie genervt, zog ich mir nach Blaine's Anweisung meine Schuhe an. Dann traten wir aus der Wohnung und gingen im schmalen Treppenhaus die Treppen hinunter, bis zur Haustür. Diese öffnete Luce für uns und als sich meine Augen an die grelle Sonne gewöhnt hatten und ich das Licht auf meinen nackten Armen spürte, umarmte ich meine Mutter. Sie war hier. Sie war hier, an meinem Geburtstag!

»Sie ist nicht dein Geschenk, Nate!«, lachte Blaine und genervt löste ich mich von der Frau. »Darf man seine Mutter nicht ein Mal umarmen, wenn sie an einem Geburtstag da ist?«, fragte ich und wollte weiter meckern, bis mein großer Bruder die Sicht auf die Straße freigab. Automatisch schlug mein Herz höher und ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Er hatte es tatsächlich getan. Er hatte mir ein neues Motorrad gekauft, und ohne jede Scham meinen alten Helm mit einen neuen daneben auf den Bürgersteig gelegt. Ich umarmte ihn glücklich, kam fast schon gar nicht mehr aus dem »Danke«-Sagen raus und hörte das glückliche Lachen meiner Familie. Als mein Blick auf eben diese und auch auf Luce fiel, fiel mir das glückliche Grinsen auf seinen Lippen auf.

»Glaub mir, dein kleiner Freund, oder wie auch immer du ihn nennen möchtest, hat mir sehr dabei geholfen!« Ich löste mich von meinem Bruder, ging glücklich und stolz auf die Maschine zu und betrachtete sie. Blaine wusste nicht, wie verdammt dankbar ich ihm dafür war, dass er mir noch einmal die Möglichkeit verschaffte, alleine weg zu fahren, und zu tun, was ich wollte.

Blaine's Pov:

Als alle Kleinen aus dem Haus waren, setzte ich mich auf die Couch und lächelte vor mich hin. Nate hatte vermutlich jetzt schon Spaß mit seinem Geschenk, da er darauf bestanden hatte, dass er zur Schule fahren würde. Und somit hatte Luce Cynthia und Melli mitgenommen, um sie bei ihren Schulen abzusetzen und später zu seiner eigenen zu fahren. Noch nie hatte ich Nate so glücklich gesehen, wie an diesem Morgen. Vielleicht war er so glücklich gewesen, als er seine erste Maschine bekommen hatte, doch damals hatte er es versteckt. Seit Luce da war, schien er auch wieder mehr Gefühle und Emotionen zu zu lassen. Und das machte mich wiederum glücklich.

Noch eine halbe Stunde, bis ich mich auf den Weg zur Arbeit machen müsste. Besser gesagt war es noch eine halbe Stunde, bis ich mit Cameron den nächsten Streit anfangen würde, und im Endeffekt schließlich doch mit Drogen in der Tasche über die Straßen und ins süchtige Viertel unserer Stadt ziehen würde. Meine Motivation hielt sich in Grenzen, da ich lieber die Menschen davon überzeugen würde, dass sie einen Entzug durchmachen und ihr Leben in den Griff bekommen sollten. Doch je weniger ich verkaufte, desto schlimmer wurden unsere Probleme.

»Blaine, Schatz!«, rief meine Mutter auf französisch, als sie das Wohnzimmer betrat und ich sah sie an. »Was ist das eigentlich zwischen Nate und diesem Luce?« Ihre Frage brachte mich zum Lächeln und ich klopfte neben mich aufs Sofa. »Komm her, Mama!« Sie ließ sich neben mich fallen und legte einen Arm um mich, wie als wäre ich wieder ihr kleiner, sechs jähriger Junge. Und wie früher, kuschelte ich mich an sie und ließ sie meine Frisur ruinieren. Und während sie das tat, begann ich ihr von den Vorkommnissen zu erzählen, die sie durch ihre Jobs nicht mitbekommen hatte.

Von dem ersten Treffen der beiden in der Schule, direkt an Nate's ersten Tag, über seine Vernarrung in diesen Jungen und seine Beziehung mit Cassandra - kurz Cassie -, um über Luce hinweg zu kommen, bis zu dem jetzigen Stand der beiden. Und meiner Auffassung nach, waren beide mehr, als nur glücklich in ihrer Art Beziehung oder was auch immer es war.

»Das Problem ist nur, dass Nate hier nie angekommen ist. Er ist hier nicht Zuhause und sobald Luce nicht mehr bei ihm ist, hinterfragt er alles und möchte weg. Das ist auch der Grund dafür, wieso er unbedingt mit mir zurück fahren wollte. Zurück nach Hause, hat er gesagt.« »Hm«, machte meine Mutter und ich spürte, wie sie mich nachdenklich ansah.

»Oh meine armen Kleinen!« Sie murmelte den Satz nur leise vor sich her, strich mir weiter durch meine Haare und ihr Blick ging nachdenklich an mir vorbei. Obwohl sie uns nicht so gut kannte, wie wir uns untereinander, unterstützte und half sie uns, wann immer sie konnte. Und auch wenn ich manchmal unglaublich gehässig über sie herzog, blieb sie immernoch meine Mutter, die für uns da war, und die ich liebte.

»Mama?«, fragte ich leise, und als sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkte, schluckte ich schwer. Es war nicht leicht, einer Mutter zu sagen, dass ihr Sohn glücklicher wäre, wenn er nicht mit seiner Familie in einem Land leben würde, in dem er nicht aufgewachsen war. Und doch brachte ich die Worte über die Lippen. »Nate wird nicht wiederkommen.« Vor Schock hörte sie sich auf zu bewegen, und plötzlich sah ich, wie Tränen sich in ihren Augen bildeten. Eine Träne kullerte ihr über die Wange, doch sie wischte sie weg und sah an die Decke. Wir alle wussten, dass Nate und ich immer überfordert waren, mit weinenden Menschen. Also vermieden es die meisten, in unserer Anwesenheit auch nur eine einzige Träne fallen zu lassen. Vielleicht lag es daran, dass es uns an früher erinnerte?

»Musst du nicht zur Arbeit?«, fragte meine Mutter krächzend und mit zitternder Stimme. Sie wusste nicht, wie leid sie mir tat, doch ich musste zur Arbeit los fahren. Noch einmal zu spät zu kommen, konnte ich mir im Anbetracht der Tatsache, dass ich fünf Wochen Urlaub bekommen hatte, nicht leisten. Okay, ich hatte meinen Chef angebettelt, dass ich genug Urlaub bekam, um Zeit für meine Familie zu haben. Und irgendwann hatte er dann schließlich nachgegeben und mich unfreiwillig meinen Urlaub nehmen lassen. Also stand ich nun langsam auf, gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange, zog meine restlichen Klamotten an und verließ schließlich die Wohnung. Es war ein warmer Tag. Ein warmer Tag, an dem Nate sein Zeugnis bekommen würde, nur damit er sechs Wochen Zeit bekommen würde, um wieder an dem Ort zurecht zu kommen, an dem er seine Kindheit verbracht hatte. Und wir würden ihn alle mehr als nur vermissen.

---

Willkommen zurück und danke fürs Lesen dieses Kapitels! Ich würde behaupten, dass wir nahezu die Hälfte der Geschichte durch haben, allerdings kann ich nicht sagen, wie viele Kapitel ich noch veröffentlichen werde und wann diese Geschichte genau vorbei ist.
Trotzdem hoffe ich, dass es euch gefallen hat, und ich freue mich sehr über Votes und Kommentare. Danke für alles🫶

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt