(Spoiler-) Tw! Tod, Verlustangst! (Achtung, es könnten Tränen fließen, bei emotionalen Personen)
---
The View Between Villages
- Noah KahanNate's Pov:
Ich hatte Luce nach unserer Begegnung nicht mehr gesehen. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Ob er weggerannt war? Ob es meine Schuld war? Hätte ich warten sollen, bis er bereit gewesen wäre, von sich aus auf mich zuzukommen? Ich wusste es nicht, hatte keine Antworten auf meine Fragen und wurde dieses unangenehme Gefühl nicht los, welches sich durch meinen Körper zog. War alles gut mit ihm? Blaine hatte gesagt, dass es komisch war, dass er sich noch nicht gemeldet hatte.
Ich spürte die Sonnenstrahlen, wie sie auf meine nackten Arme schien, nach diesen zu greifen schien und sie in eine gewisse Wärme hüllte, welche vom kalten Wind begleitet wurde. So lange hatte ich dies nicht gespürt. So unglaublich lange hatte ich mich nicht getraut, meine Vergangenheit zu zeigen, doch heute nutzte ich die erste Gelegenheit, die mir gegeben wurde, um mir ein T-Shirt anzuziehen und hinaus zu gehen. Ich hatte es vermisst. Dieses Gefühl der Wärme auf meiner Haut. Dieses Kribbeln, welches mich durchzog und mir ankündigte, dass der Winter langsam davon zog. Konnte ich mich auf diesen Sommer freuen? Würde er gut werden? Wäre Luce da?
Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche, doch ich ignorierte es. Viel angenehmer war es, zu entspannen und zu spüren, was ich die letzten Jahre verpasst hatte. Ich war nahezu glücklich. Nahezu. Wäre dieser Junge bei mir, den ich über ein halbes Jahr lang nicht gesehen und die ganze Zeit vermisst hatte, wäre mein Tag perfekt gewesen, glaubte ich. Ich fühlte mich, wie als wäre ich zurück im Leben. Als hätte ich die letzten Jahr als unsichtbare, außenstehende Person erlebt, und wäre nun ich selbst. Die Welt schien kurzzeitig still zu stehen, schien simpel und nicht unbegreiflich zu sein. Alles schien für den Moment perfekt. Könnten diese guten Tage nicht einfach anhalten und für immer so sein? Dieses Glück in mir, dieses warme Gefühl, welches sich einen Weg zu meiner Brust gesucht hatte und endlich angekommen war, könnten sie nicht bleiben und mich von all meinen Sorgen und Problemen befreien?
Der Wunsch etwas an mir zu ändern, war komplett weg. Ich war gut, genau so, wie ich nunmal war. Zwar war ich kaputt, meine Arme waren nicht mehr perfekt und 'normal', ich hatte eine zerissene Vergangenheit und war von ziemlich viel scheiße abhängig gewesen, doch ich war hier, hatte einen Abschluss und schien zufrieden sein zu können, mit dem Leben, welches ich führte. Doch es würde nicht für immer so bleiben, wusste ich, als mein Handy nach einigen Sekunden der Stille erneut zu vibrieren begann.
Der Himmel sah schön aus. Irgendwie ruhig und entspannt. Die Sonne schien grell, ein paar Wolken waren hier und da auf der blauen Decke zu sehen. Diese Wolken sahen aus wie Farbtupfer. Der Himmel musste schön sein, wenn man näher dran war, dachte ich, als ein Flugzeug sich vor dem Blau hervorhob und mit ein wenig Krach über mich hinweg flog. Noch nie war ich geflogen, doch die Menschen, die nun in diesem Flugzeug saßen, mussten beeindruckt davon sein, wie der Himmel von Nahem aussah. Dachte ich wie ein kleines Kind? Ja, tat ich. War es mir egal? Ja, definitiv. An guten Tagen durfte ich so denken, wie ich wollte. Heute war ein besonders guter Tag. Es war so ruhig, in mir. Ruhe mit Gefühlen, so fühlte es sich an. Ich hatte keine Bedürfnisse, nach Dingen, die mir Schaden zufügen konnten. Das war gut. Sehr gut sogar. Und wäre ich noch jünger, hätte ich meinen Bruder dazu überredet, mit mir zu einem der vielen Cafés in der Innenstadt zu gehen und uns dort etwas zum Trinken zu holen, nur um in der Sonne sitzen und stundenlang reden zu können, bis die Sonne hinter den Bergen verschwand, die letzten Sonnenstrahlen sich ihren Weg gesucht hatten und der Mond mit seinem dunklen Himmel die Nacht ankündigte.
Ein drittes Mal ging mein Handy an, diesmal holte ich es raus, genoss die kühle Brise, die meine Haare durcheinander brachte und sah einen eingehenden Anruf von Blaine. Er rief mich nie drei Mal an. Niemals würde er dies tun. Außer wenn es wichtig war. Was war wichtig so wichtig, einen guten Tag zu unterbrechen und mich mit etwas, das ich mehr als mich selbst an schlechten Tagen hasste - sprich mit anrufen -, zu nerven?
»N ... Nate?« Seine Stimme zitterte, hörte sich an, als würde er weinen und ich runzelte die Stirn. »Blaine. Ist alles gut?« »K ... komm her-«, mitten im Satz brach seine Stimme und ich hörte leises Gemurmel, bevor ich Jax's Räuspern hörte. »Nate, kannst du her kommen? Es ist wichtig, aber keine Angelegenheit, die wir am Handy besprechen sollten«, erfüllte das abgehackte Englisch mit dem warmen Unterton die Leitung. Ich seufzte leise und niedergeschlagen, sagte der Sonne, dem Himmel und meinen guten Gedanken tschüss und machte mich auf den Rückweg.
»Klar. Ist irgendwas schlimmes passiert? Ist was mit Blaine? Oder Cynthia? Oder Melli?« Ich wollte nicht an Luce denken, wollte seinen Namen nicht über meine Lippen lassen, nicht in diesem Zusammenhang. Doch ... wenn etwas mit ihm war, dann würde dies mein Unwohlsein in Verbindung mit ihm erklären.
»Ich ... Blaine sollte es dir erklären, wenn du hier bist. Es tut mir leid. Auch für deinen Tag und deine Stimmung.« Er legte auf, ich blieb verwirrt zurück. Weiterhin schien die Sonne warm auf mich herab, gefolgt von einer kühlen Brise. Menschen in langen Hosen und Pullis gingen an mir vorbei, warfen mir verächtliche Blicke entgegen, doch sie waren mir egal. Sie konnten meine gute Stimmung nicht versauen. Vereinzelt sah ich jemanden im T-Shirt an mir vorbei gehen, bis ich in den Teil der Stadt kam, in dem sich so gut wie niemand mehr aufhielt.
Als ich die Wohnungstüre aufschloss, sprang Blaine auf mich zu, zog mich in seine Arme und weinte in meine Schulter, während er mich beschützerisch drückte. Meine Arme schlossen sich um meinen Bruder, welchen ich so lange nicht mehr erlebt hatte, und mit meinem Fuß schloss ich die Tür hinter mir. Ein verwirrter Blick zu Jax reichte, dass er den Älteren vorsichtig von mir weg zog und beschützerisch einen Arm um ihn legte. Tröstende Worte murmelte er ihm ins Ohr und verwischte die Tränenspuren, welche von neuen Tränen neu geformt wurden.
»Nate ... ich ... es tut mir leid aber«, ein Schluchzen durchzog meinen Bruder, dann holte er tief Luft und sah mit geröteten Augen in meine. Eine weitere Träne löste sich aus seinem Augenwinkel, verharrte kurz auf seiner Wange und er öffnete die Lippen einen Spalt breit. Die Worte brauchten ein paar Sekunden, bis sie bei mir ankamen; »Luce ist tot. Er wurde überfahren.«
Mein Kopf begann dies zu wiederholen, wie ein Mantra, welches mich immer weiter hinunter zog, jedes Lächeln von heute ungültig machte, mir das Herz aus der Brust riss und mich zurück taumeln ließ. Auf mich stürmten all die Emotionen und Gefühle zu, welche ich den ganzen Tag über aus meinem Herzen und Kopf verbannt hatte in rasenden Tempo zu. Sie überrannten mich, ließen mich schließlich an die Wand lehnen und auf dem Boden zusammen brechen und meinen Blick wie paralysiert auf den Boden starren. Luce. Tot. Mein Luce. Tot. Weg. Alles weg. Alles vorbei. Nichts wie früher.
Es schienen Stunden zu vergehen, während gleichzeitig die Welt an mir vorbei zu rauschen schien und plötzlich stehen blieb. Mein Zeitgefühl suchte sich ein Ende, blieb aus und ich vergrub mich in diesen alten, hässlichen, tiefen Gefühlen, die mich sinken ließen, mich auf den Boden drückten und nie wieder aufstehen lassen würden. Die Worte kamen in meinem Kopf an. Luce. Tot. Und dann brachen alle Bäche. Meine Sicht verschwomm, mein Atem wurde hektisch und flach, ich spürte ein warmes Rinnsal an Flüssigkeit über meine Wange fließen, ließ den Kopf auf meine, an die Brust gezogenen Knie, fallen und gab auf. Ich hatte alles verloren. Ich hatte das Gefühl, mein Leben verloren zu haben. War ich jetzt endgültig nur noch eine Silhouette, eine Hülle ohne Seele?
---
Habe ich beim Schreiben geheult? Ja, definitiv. Ist das vermutlich das traurigste Kapitel, welches ich geschrieben habe? Ja, vermutlich. Und liebe ich es trotzdem? Ja, absolut. Also hoffe ich mal, dass es euch genauso gefällt und ihr mich nicht zu sehr hasst😅🫶
DU LIEST GERADE
You'll Lose In Love | Boy×Boy
Teen FictionEr ist ein Fuckboy, ein Player, ein Arsch. Und doch ist er bekannt, beliebt, Prom King und damit der hübscheste Typ seiner Highschool, bis sich alles ändern soll, mit seinem besten Freund angefangen. Denn auch wenn sie sich ihren Gefühlen für den je...