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left boy
- kries beneton

Luce's Pov:

Ich war verloren. Wie ein Straßenhund oder eine Streunerkatze, war ich verloren. Mich vermisste niemand, mich suchte niemand, ich versteckte mich. Vermutlich sah ich schrecklich aus - meine Haare waren fettig und rasiert hatte ich mich in den letzten Tagen auch nicht -, doch dies kümmerte mich relativ wenig, als ich in meine Heimatstadt zurück kehrte. Man könnte sagen, dass ich einen Ausflug gemacht hatte, ohne jemand anderen davon wissen zu lassen. Eine spontane, kleine Reise, bei der sich ausgezahlt hatte, dass ich mich auch zwei oder drei Tage ohne Essen fortbewegen würde. Vermutlich hatte sich auch ohne mich nichts verändert, und selbst wenn, dann war es eben so. Solange es nicht mein Problem war, war alles gut.

Ich zog mir die Kapuze meines Hoodies über den Kopf und tief ins Gesicht, sodass man nur noch mein Kinn, meinen Mund und meine Nase sah. Eigentlich hatte ich keine Lust, wieder hier zu sein. Ich wollte nicht zu meinem Vater zurück, wollte nicht von meiner Mutter angeschrien werden und noch weniger wollte ich ihre kühlen Blicke auf meiner Haut spüren, unter denen ich fröstelte.

Trotz allem stieg ich aus meinem Wagen, schloss diesen ab und ging die Schritte zu dem Haus, dann schloss ich die Haustüre auf und betrat die Stille. Bye Bye, Freiheit.

Zu meiner Überraschung war das Haus leer und alles war still, also nahm ich mir neue, saubere Klamotten, die nicht nach Schweiß stanken, bevor ich in mein Bad ging. In diesem blickte ich in den Spiegel und musste zugeben, dass ich echt scheiße aussah, mit meinem fünf Tage Bart. Er ließ mich älter und obdachlos aussehen, weshalb ich mir den Rasierer nahm und mich langsam aber sicher wieder zu dem alten Luce machte. Zu dem beliebten Luce. Zu dem, der Freunde hatte, eine angeblich perfekte Familie und der sich niemals was antun, oder sein perfektes Leben ruinieren würde.

Als mein Kinn und meine Wangen wieder glatt waren, zog ich mich aus und stellte mich unter die Dusche. Ich hatte es vermisst. Um ehrlich zu sein, hatte ich viel aus meinem Leben vermisst. Meine Freundesgruppe, die Beliebtheit, die bewundernden Blicke, die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten und Nate. Ja, Nate hatte ich am meisten vermisst. Niemals wollte ich ihn alleine lassen und nun, wo ich wieder hier war, wollte ich ihn wiedersehen. Doch vermutlich hasste er mich. Er hasste mich dafür, dass das mit Cassie passiert war und er hasste mich dafür, dass ich nicht Klartext geredet hatte. Ich ging davon aus, dass er jeden Grund hatte, um mich zu hassen.

Nachdem ich die Dusche ausgestellt und mich wieder angezogen hatte, führte mein Weg mich erneut weg. Lange hier sein wollte ich nicht, also ging ich mit verwuschelten und leicht nassen Haaren wieder nach draußen. Ich wollte mich hinsetzen, wollte nach Hause kommen und wieder eine Routine in meinen Alltag bekommen. Sogar Lust zur Schule zu gehen, hatte ich wieder.

Es wurde dunkel, während ich auf dem Bürgersteig lief, die Autos an mir vorbei fahren ließ und mich fragte, was aus mir werden sollte. Dieses Leben war sinnlos, solange niemand an deiner Seite war. Mein ganzes Leben hatte ich dumm verbracht, doch nichts hatte oder würde mich davon abhalten, es genau so fortzuführen, wie ich es begonnen hatte.

Mein Weg führte mich in den Park mit dem angrenzenden Skaterplatz. Es gab keinen anderen Park in der Nähe, weshalb dieser sowieso mein einziges Ziel gewesen war. Seufzend ließ ich mich auf eine Bank fallen. Hinter mir fuhren weiterhin vereinzelt Autos, doch es war mir egal, ich sah einfach auf den Weg und die Bäume vor mir, während ich nachdachte. Diesmal vertiefte ich mich in die Gedanken über Nate. Nate, dieser durch und durch perfekte Junge, der seine Beziehung für jemand anderen beendet hatte. Vermutlich für jemanden, der genauso perfekt wie er war. Ich wollte, dass er mich liebte, doch dies würde er niemals tun. Vermutlich würde ich niemals perfekt für jemanden sein, würde niemals in eine Beziehung kommen, die nicht durch meine toxische Art kaputt gemacht werden würde und vermutlich würde ich auch niemals meine große Liebe finden, die mich auch liebte. Manchmal wünschte ich mir einfach nur eine Person, die mich in die Arme schloss, wie Nate es tat. Eine Person, die sich um mich kümmerte, wie Nate es tat. Ich wollte eine Person, bei der ich genau das gleiche fühlte, wie bei Nate. Und doch wollte ich nur ihn.

»Luce?«, hörte ich leise hinter mir fragen. Die Stimme war nicht so stark, nicht so kühl, wie sonst auch immer, doch ich erkannte sie. Seine Stimme würde ich immer erkennen, egal wie schwach sie sich anhörte. Es war die Stimme der Person, über die ich nachdachte.

Also drehte ich mich zu Nate um, sah in seine Augen und fühlte mich automatisch wohler. Er war ein ziemlich guter und um ehrlich zu sein auch ziemlich attraktiver Grund, um wieder hier zu sein. Er war die Person, die mir den Kopf mehr verdrehte, als irgendwer anders es jemals könnte.

»Hi Nate!« Meine Stimme war fest und plötzlich fühlte ich wieder diese Nervosität. Hasste er mich denn nicht?
»Wie geht es dir?« Seine Stimme war so beruhigend, so besänftigend und so führsorglich, wie ich sie mir gewünscht hatte. Er setzte sich neben mich, wir sahen uns in die Augen. Selbst in diesem dämmrigen Licht erkannte ich jedes Detail seines makellosen Gesichtes. Die Augen waren müde, und doch strahlten sie irgendetwas aus, was in mir ein Kribbeln auslöste. Seine Haare lagen ihm wie immer in der Stirn, seine Haut war perfekt gebräunt, wie sie es immer war und seine Kleidung dunkel, wie immer.

»Solltest du mich nicht hassen?« Meine Stimme war zittrig und dünn, er schüttelte den Kopf und in mir stiegen Tränen auf. »Ich war sauer auf dich, Luce. Sehr sauer. Am liebsten hätte ich dich mit Cassie in die Hölle geschickt, doch als sie mir diesen Abend geschildert hat, habe ich meinen Fehler eingesehen. Aber du warst schon weg. Ich hätte mich einfach von ihr trennen sollen, oder hätte ihre plötzlich gestillte Lust nach Sex als Anzeichen dafür ansehen müssen, dass sie mich betrog, doch das tat ich nicht. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien und später aufgelegt habe! Als du weg warst, hab ich nach dir in der Stadt gesucht, aber niemand hatte dich auch nur gesehen. Also sag mir, wo warst du und ... wie geht es dir?« Die Dämme brachen bei seiner sanften Stimme. Er klang nicht wütend und nicht kalt, wie sonst immer. Ich umarmte ihn, drückte ihn fest an mich und vergrub meinen Kopf in seiner Schulter. Langsam legte er ebenfalls seine Arme um meinen Rücken und hielt mich ebenfalls, sein Kinn senkte sich auf meine Schulter. Ich spürte seinen beruhigten Atem an meinem Nacken und ebenfalls spürte ich, wie heftig sein Herz schlug. Erst jetzt fiel mir wieder auf, dass auch mein Herz raste und mein Körper komplett kribbelte. Ich hielt den Jungen, den ich an meiner Seite wissen wollte, in meinem Arm. Und in diesem Moment, war es das schönste wiedersehen, welches ich erleben durfte.

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Luce ist wieder da und die Achterbahn von Gefühlen kommt zurück😌 Und, was glaubt ihr, was als nächstes passiert? Ich kann euch so viel sagen: Es werden nicht nur Freudentränen fließen...
Alles wie immer: ich hoffe, dass euch dieses Kapitel gefallen hat, freue mich über einen Kommentar, einen Vote oder sonstiges und hoffe auch, dass ihr den Musikgeschmack der Charaktere mögt. Schönen Morgen/Tag/Abend noch☺️🫶

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt