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Spillways
-Ghost

Nate's Pov:

Es war Mittagspause, was eigentlich einfach nur bedeutete, dass Luce von allen angehimmelt wurde, während wir anderen einfach nur versuchten, unser Essen zu essen. Und mit wir anderen, meinte ich eigentlich einfach nur den Rest unserer Gruppe; dort war Cody, der den verrücktesten Stil hatte und immer lachte, obwohl er seinen Eltern beim sterben zusehen musste - somit schien er stärker zu sein, als alle anderen; dann war dort Ace, welcher fast zwei Meter groß und so durchtrainiert war, dass man ihn für einen Bodybuilder und nicht für einen Zwölftklässler halten konnte; Asher - kurz Ash genannt -, der kleinste Junge unserer Gruppe, hatte jeden Monat ne andere Haarfarbe und machte sich regelmäßig seinen Buzzcut neu, um seine Haare noch mehr kaputt zu machen; Rhyan und Chase waren Zwillinge, doch Rhyan war derjenige von beiden, der seine hellblonden Haare ständig neu schwarz färbte und sich immer dunkel kleidete, während Chase trainierter war und einfach wie einer der Menschen aussah, die jeden Scheiß mitmachten - genau dies machte er auch; und dann kam das letzte Mitglied der Gruppe: Luis. Er war der zurückhaltendste von uns, doch wenn man ein Problem hatte, konnte man mit ihm am besten reden. Ich würde ihn als noch verschlossener, als ich es schon war, einordnen, und das musste etwas heißen. Doch in Luis' Augen war so viel Trauer und Leid der letzten Jahre wiederzuerkennen, dass ich intuitiv sagte, dass er mehr durchgemacht hatte, als alle anderen an diesem Tisch.

Im Endeffekt, waren wir nicht nur Fuckboys, Arschlöcher und Mitläufer, sondern auch einfach nur Jungs, die irgendwie die Welt und das Leben unter einen Hut bekommen wollten, und einfach irgendwie zu dem geworden waren, was sie nun darstellten. Wir waren alle relativ eng befreundet, wobei unsere Freundschaft mehr von Luce ausging, als von uns selbst. Und vermutlich hätte ich ohne Luce auch niemals einen einzigen aller Jungs an diesem Tisch kennengelernt, da ich keine neuen Kontakte knüpfen konnte.

Mein Blick fiel auf Luce, welcher links neben mir saß und langsam die heißen Nudeln aß. Die Definition eines hübschen Jungen scherte sich nichtmal um die Blicke und Kommentare der anderen, was ich ziemlich bewundernd fand. Doch vielleicht spielte er alles nur vor, so wie eigentlich alles andere auch. Vielleicht war ihm nicht egal, was die Menschen, die ihn und uns nicht mochten, hinter seinem Rücken sagten. Und vielleicht war ihm die Freundschaft mit uns auch nicht so egal.

»Ey Nate, wie läuft's mit Cassie und wann macht ihr Schluss?«, fragte Ash und ich sah ihn an, mein Blick wurde vermutlich finsterer. Manchmal wusste ich nicht mehr, was das zwischen Cassie und mir noch war. Wir waren zwei so unterschiedliche Menschen, die scheinbar nicht mehr zusammen passten und trotzdem noch zusammen waren. Und doch machte niemand Schluss, niemand redete darüber und ich sprach nicht an, dass ich den Verdacht hatte, dass sie mich betrog. Vielleicht war ich auch einfach nur zu überempfindlich und war ein schlechter Freund?
»Mit Cassie läuft's gut, im Gegensatz zu dir und Luisa.« Mein Blick wanderte desinterressiert über den Tisch, als Ash's Gesicht vor Wut rot anlief. Er war nicht gut auf seine Ex - Luisa - zu sprechen, was man nun auch wieder deutlich merkte.

»Ey Luce!« Ich sah ihn an, er sah mich an und kurz vergaß ich meine Worte, doch dann zwang ich mich, mir nichts anmerken zu lassen. »Wenn Ash mich umbringt, möchte ich verbrannt werden, klar?« Mein bester Freund grinste belustigt, sah zu Ash und dann wieder zu mir. »Wenn Ash dich umbringt, gehe ich wegen Mordes an ihn ins Gefängnis.« Nun musste auch ich leicht grinsen, doch Ash regte sich langsam wieder ab und damit war unsere kleine Besprechung unnötig. Chase und Rhyan beruhigten ihn ein wenig, fanden jedoch gleichzeitig die Situation witzig. Was auch immer daran so witzig war, verstand ich nicht ganz, doch die beiden teilten mit ihrem Aussehen auch den gleichen, gestörten Humor, den niemand sonst verstand.

»Ach, bin ich dir also so wichtig, dass du für mich töten würdest?« Die Frage stellte ich wieder Luce, der mich kaum eine Sekunde lang ansah und dann den Mund öffnete. »Kommt drauf an. Eigentlich wollte ich nur verdeutlichen, wie schön ich es finde, dass ich noch eine neue Information über dich herausgefunden habe. War auch schwer genug!« Wieder sahen wir uns in die Augen und dieses wunderschöne blau schien in meinem Kopf einen neuen Namen zu bekommen. Seine Augen waren so blau, wie das Meer an einem windigen Tag mit wenig Sonne - kräftig aber gleichzeitig ein wenig grau.
»Gut, ich gehe dann mal rauchen« »Ich komm mit!« Luis erhob sich und ich war froh, dass er mir Gesellschaft leistete. Wir waren ähnliche Menschen, was die Kommunikation mit ihm vereinfachte. Er rauchte ebenfalls in jeder Situation, in der Rauchen möglich war und wir waren beide eher still und gaben nicht so viele Informationen über uns Preis. Wahrscheinlich kannte ich Luis am besten, von allen unseren Freunden - natürlich neben Luce.

Draußen angekommen lehnten wir uns gegen die Wand der Mensa und er reichte mir sein Feuerzeug, da er wusste, dass ich meines mal wieder liegen gelassen hatte. Ich lernte scheinbar nicht aus diesem Fehler und ließ es jedes Mal auf meinem Platz, als würde ich es nicht brauchen.
»Wie geht es dir?«, fragte ich nach dem ersten Zug meiner Zigarette und sah ihn an. Er war ebenfalls kleiner als ich, weshalb er besser in der Masse untergehen konnte, als ich.
»Ganz okay, dir?« Wie immer gab es meinerseits keine Antwort auf diese Frage, weshalb ich ihm direkt die nächste Frage stellte. »Wie geht's deiner Familie, nach dem Unfall?« »Ist alles schwer zu verdauen und meine Mutter macht sich Vorwürfe, aber sie gibt sich Mühe, sich diese nicht anmerken zu lassen.« Seine Stimme wurde zum Ende hin immer leiser, ich nickte nur stumm, was er nicht sah. Wieder nahm ich einen Zug, stieß den Rauch in die erwärmte Luft und sog diese dann in meine Raucherlunge. Es war still, nur die Vögel und die Stimmen der Kinder in der Mensa, waren zu hören. Und diese Stille war ziemlich angenehm, in diesem Moment. Ich wollte nicht reden, sondern einfach nur ich sein und draußen rauchen.

»Nate?«, unterbrach mich jemand in dem langsamen Gefühl der Entspannung. »Was?« Meine Stimme war ein finsteres Brummen, doch die meisten ließen sich von dieser Tonlage nicht beängstigen, solange sie nicht wussten, was nach den falschen Worten folgte. Doch Luce wusste es, weshalb er niemals für etwas unnötiges meine Raucherpause - von mir auch gerne; Entkommen der Menschen und Stimmen genannt - unterbrechen würde.
»Du hast dein Handy liegen lassen und Cassie hat dich angerufen.« Ich drehte mich zu dem Jungen um, zog unbeeindruckt eine Augenbraue hoch und nahm mein Handy entgegen, welches er mir hinstreckte. Luis drückte seine Zigarette an einem Mülleimer aus, bevor er und Luce mich alleine ließen und damit in der Mensa verschwanden.

»Hey Cass!«, waren meine ersten Worte, die ich zu ihr sagte, als ich sie zurückrief. Eigentlich wusste sie, dass ich in der Schule war und ich wusste, dass sie wusste, dass ich nun wirklich keinen Bock auf telefonieren hatte. Und doch rief sie mich an.
»Hi Nate ... bist du in der Schule?« Ihre hohe Stimme drohte mir mein Trommelfeld zum platzen zu bringen, doch ich blieb entspannt. Irgendwie war unsere Beziehung komisch; wir lachten zusammen und kannten uns relativ lange und gut, doch niemand von uns schien die Zeit mit dem jeweils anderen zu genießen und keiner von uns beiden hatte sich jemals richtig rumprobieren können. Wir waren zusammen, seitdem wir dreizehn und vierzehn waren, womit sie meine und ich ihre erste Beziehung war. Ebenfalls sprach es jedoch keiner aus.

»Du weißt, dass ich noch in der Schule bin. Zumindest solltest du das wissen. Wie geht es dir?« Meine Stimme war ruhig, obwohl irgendwas in mir - eine Mischung aus Wut und unerklärlichem Ekel - mein Handy an die Wand und den Kontakt zu Cassie abbrechen wollte.
»Es geht eigentlich. Vermutlich gehe ich morgen auch schon wieder in die Schule und kann dich zu deiner fahren.« Ein lautloses und gleichzeitig lustloses Seufzen entkam mir, welches mich daran erinnerte, dass ich weiterhin noch meine Zigarette in der Hand hatte.
»War das der Grund warum du mich angerufen hast oder gibt es irgendwas wichtiges zu besprechen?« Bei der Fragestellung zog ich meine Stirn kraus und zog ein letztes Mal an meiner Zigarette, bevor ich den übrig gebliebenen Stummel an demselben Mülleimer ausdrückte, an dem Luis seine Zigarette ausgedrückt hatte.
»Ich wollte einfach nur deine Stimme hören. Naja, vielleicht können wir ja heute Abend nochmal telefonieren und wenn nicht, dann bis morgen!« »Heute Abend bin ich arbeiten und danach mit den Jungs draußen, Cassie! Bis morgen dann!« Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder sie zu Wort kommen zu lassen, legte ich auf, steckte mein Handy in meine Hosentasche, drehte mich um und ging in die Mensa zurück.

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt