Circa vier Wochen später ...
Luce's Pov:
Die Wochen waren schneller an mir vorbei gezogen, als Autos auf der Autobahn, wenn ich besonders langsam fuhr - obwohl ich dies nie tat, doch es war nur eine Metapher, die man nicht ganz so ernst nehmen musste. Und um ehrlich zu sein, war ich absolut nicht auf das Chaos vorbereitet, was auf mich gewartet hatte. Weiterhin lebte ich bei den Aundries, allerdings war ich es inzwischen, der auf Melli immer ein Auge warf und Cynthia sagte, dass sie nicht trinken sollte. Tagsüber fühlte ich mich gebraucht und fast schon lebendig, da mich die Geschwister ganz schön auf Trab hielten, wenn sie beispielsweise diskutierten oder Cynthia einen Nervenzusammenbruch bekam, da sie nicht weiter wusste. Doch Abends ... Abends war es schlimm. Abends verlor ich mich selbst. Wenn ich draußen unterwegs war, fand mich in Bars wieder und trank einfach. Ich trank, um diese grässlichen, überlaufenden Gefühle zu vernichten - oder eher runter zu drücken. Cody war der Einzige, der nicht in den Urlaub gefahren war, weshalb er mich manchmal begleiten konnte, doch meistens blieb ich alleine, um mich zu betrinken. Es tat gut, alle Gefühle und Emotionen herunter zu schlucken, doch es tat meinem Körper offensichtlich weniger gut. Ich würde noch zum Alkoholiker werden, wenn ich so weiter machen würde, doch es war mir im Moment relativ egal.
Das Begreifen davon, dass Nate weg war, stellte sich am Anfang als sehr schwierig heraus. Klar, er war nicht gestorben, doch jeden Morgen alleine aufzuwachen und zu wissen, dass ich nur geträumt hatte, wie er mich sanft küsste und in seine Arme schloss, war irgendwie härter als gedacht. Alles konnte ich mit Nate verbinden, egal ob es seine Geschichte, seine Kleidung oder sein Charakter war, es gab immer Verbindungen zu ihm. Die Einbildung, dass er kopfschüttelnd und grinsend über mein Verhalten auf seinem Bett saß, blieb eine Einbildung, und das Gefühl seine Lippen auf meiner Haut zu spüren, blieb ein Gefühl, ohne Person.
Als Blaine zurück kam, waren 4 ½ Wochen vergangen. Niemand von uns wusste, dass wir ihn am nächsten Morgen grinsend und am Küchentisch sitzend sehen würden, doch er war da. Cynthia war diejenigen die mich an diesem Morgen weckte und mich mit einem Kater aufstehen und den Ältesten Bruder begrüßen ließ. Dieser bemerkte meinen Zustand, sobald wir ein paar wenige Worte ausgetauscht hatten, und erinnerte mich leider daran, dass Nate mir gesagt hatte, ich solle nichts Dummes anstellen. Tja, genau dies tat ich, indem ich mich jeden Abend betrank.
Als dann auch noch die vierte Woche an mir vorbei gezogen war, beschloss ich, dass es reichte. Ich konnte nicht für immer bei dieser Familie leben und mich durchfuttern, ohne ihnen etwas zurück zu geben. Also ging ich, ohne ein einziges Wort zu sagen. Wiedermal rannte ich weg, doch es war okay. Ich rannte vor mir weg, vor meinem Verhalten und vor meinen Erinnerungen. Vielleicht würde ich ja woanders auf andere Gedanken kommen, mein Leben weiter leben und wenigstens noch zwei Wochen genießen können. Dieses komaartige Tage überstehen wurde mit der Zeit irgendwie anstrengend, wie ich fand.
Ich hätte ihm alles gegeben, kam mir in den Sinn. Mir war langsam aber sicher bewusst geworden, dass ich mich Hals über Kopf in diesen Typen verliebt hatte, und ihm mein Leben gegeben hätte, hätte er dieses verlangt.
Der Motor heulte auf, ich parkte aus der Parklücke aus und fuhr seufzend los. Ich hatte kein Zuhause, in dem ich immer sein konnte. Immer pendelte ich durch die Stadt, da ich mich entweder im Weg fühlte oder zu sehr Angst hatte, irgendwo zu bleiben. Immerhin konnte ich vor meinem Vater fliehen. Es war praktisch, siebzehn Jahre alt zu sein, und gleichzeitig war es unpraktisch. Wenn mich die Polizei abfangen würde, hätte ich ein ziemlich großes Problem. Und wirklich Lust auf Probleme mit der Polizei hatte ich nicht, also passte ich auf.
Ich fuhr lange, fuhr extra Umwege und wollte irgendwie nicht irgendwo ankommen. Doch als es kurz nach neun war, parkte ich vor dem alten, großen und doch schäbig aussehenden aus. Dadurch, dass das Auto in der Einfahrt nicht da war, vermutete ich, dass meine Großmutter alleine war. Vielleicht war eine ihrer Freundinnen da? Sollte ich vielleicht draußen bleiben? Störte ich vielleicht nur? War es eine dumme Idee, hier her zu kommen?
Ich klingelte trotzdem, ging zwei Schritte von der Tür zurück und wartete kurz. Polternde Schritte - die eigentlich nur Bruno gehören konnten - waren hinter der Tür zu hören, dann wurde die Tür langsam geöffnet. Ich lächelte, als ich die alte, zerbrechlich aussehende Frau vor mir sah. Wenn sie nicht so weit weg wohnen würde, würde ich sie öfter besuchen.
»Luce mein Großer, komm doch rein.« Ihre Stimme war sanft und sie machte mir platz, damit ich eintreten konnte. Bruno - ihr Hund - sprang mich an und grinsend begrüßte ich ihn. Sein Fell war durcheinander und ein wenig verknotet, doch das machte mir nichts. Dann wandte ich mich zu meiner Oma und wurde in eine sanfte Umarmung gezogen. Ich roch ihr Parfüm - von welchem sie tatsächlich nie zu viel auflegte - und ihr Avocado-Shampoo.
»Hi Oma«, sagte ich, als wir uns wieder lösten und wir lächelten beide. »Sieh dich nur an, so ein hübscher Kerl bist du geworden. Und auch noch unverletzt. Wohnst du nicht mehr bei deinen Eltern?« Ihre sanfte aber vor Aufregung hochgeschraubte Stimme redete und redete, doch dafür hatte ich sie lieb. Die Mutter meiner Mutter wusste selbst nicht, was aus ihrer Tochter nun geworden war und warum sie meinen Vater geheiratet hatte, doch sie wusste, was manchmal in diesem Haus vor sich ging. Mein Großvater war fast wie mein Vater, weshalb die Frau vor mir nichts gegen ihn unternehmen konnte, aus Angst, selbst geschlagen zu werden.
»Nicht mehr wirklich. Ich hab eine Zeit lang bei einem Freund und seiner Familie gewohnt, dachte mir jetzt aber, dass es Zeit ist, weiterzufahren. Jetzt, wo er ... weg ist.« Zum Satzende hin wandte ich kurz den Blick ab, blinzelte die Tränen weg und sah sie wieder an. »Ein Freund? Oder dein Freund?«, fragte sie nach und ich begann zu lächeln. Sie war nicht homophob, und das war sehr schön. Obwohl ich selbst keine Ahnung von meiner momentanen Sexualität hatte, musste ich niemals Angst haben, mich vor ihr zu outen, sie würde mich so akzeptieren, wie ich nunmal war.
»Ich habe keine Ahnung, was wir waren«, gab ich zu und sie drückte aufmunternd meinen Arm. »Lass uns ins Wohnzimmer gehen, dann kannst du mir alles erzählen, okay?« Ich nickte, zog meine Schuhe aus und strubbelte erneut durch Brunos Fell, bevor ich der älteren Dame ins Wohnzimmer folgte. Dieses war groß, hatte kunstvoll verzierte Decken und Wände, sowie teuren Laminatboden. Die große Couch stand ganz hinten und zu genau dieser gingen wir nun. Und nachdem wir uns hingesetzt hatten, begann ich von allem zu erzählen, was es zu erzählen gab. Vom Anfang an, bis zum bitteren Ende.
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Jaja, das Ende ... Moment, nein, nicht das Ende. Es geht weiter, doch diese Story wird wiedermal lang, wie mir gerade aufgefallen ist. Ich habe noch weitere acht Kapitel vorproduziert, wesbalb ich eigentlich die nächsten acht Tage - sollte ich es zeitlich her schaffen - keine Probleme damit haben sollte, Kapitel zu veröffentlichen. Ich hoffe, dass euch dieses Kapitel gefallen hat, und wünsche euch noch einen wunderschönen restlichen Tag🫶👋
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You'll Lose In Love | Boy×Boy
Teen FictionEr ist ein Fuckboy, ein Player, ein Arsch. Und doch ist er bekannt, beliebt, Prom King und damit der hübscheste Typ seiner Highschool, bis sich alles ändern soll, mit seinem besten Freund angefangen. Denn auch wenn sie sich ihren Gefühlen für den je...