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Visions of Gideon
-Sufjan Stevens

Nate's Pov:

Das Wochenende verging genauso schnell, wie es gekommen war. Sonntags hatte mich Luce mit Nachrichten genervt, und das nur, weil er nicht wusste, wo er sich etwas zum Essen holen sollte. Doch mich störten die ständigen Nachrichten nicht. Auch nicht, wenn es manchmal noch so nervtötend war, empfand ich es eher als angenehm, immer jemanden zu haben, der mir etwas zum erzählen hatte.

Und dann kam der Montag wieder. Müde wie sonst was quälte ich mich aus dem Bett, stellte mich unter die Dusche und machte meine Haare ein wenig, bevor ich mich an das Fenster in meinem Zimmer stellte und begann meine Zigarette zu rauchen. Die Morgenluft war kühl und in der Nacht hatte es scheinbar geregnet, da die Wiese der Nachbarin frisch grün und feucht aussah. Ebenfalls hing in der Luft noch der leichte Geruch nach Regen.

Entspannt und gleichzeitig komplett genervt, rauchte ich zuende und als ich gerade den letzten Zug nahm, bog ein mir ziemlich bekannter Wagen in die Straße ein. Der Junge hinter dem Lenkrad parkte auf der anderen Straßenseite, stieg aus und schloss die Tür, bevor er die Fassade des Hauses entlang sah. Sein Blick traf schließlich meinen. In der leichten Morgensonne schienen die grau blauen Augen zu strahlen, und sahen noch schöner aus, als normalerweise.

»Hast du mal auf die Uhr geguckt?«, fragte er, ging über die Straße und sah mich nun tadelnd an. Ich drehte mich seufzend um und sah auf meinen Wecker, dann drehte ich mich zu ihm zurück.

»Jetzt ja«, meinte ich und drückte an meinem Fensterbrett den Zigarettenstummel aus. Irgendwie hatte ich ihn schon vermisst. Alleine seine Anwesenheit, seinen Blick, seine Körperwärme.

Luce gab den tadelnden Gesichtsausdruck auf und das übliche, breite und wunderschöne Lächeln machte sich wieder auf seinen Lippen breit. Und wiedermal fragte ich mich, wie es überhaupt sein konnte, dass ich keine einzige Sekunde mehr ohne diesen Jungen, ohne sein ständiges Lächeln, ohne diese große Klappe und ohne diese ständige Motivation, feiern zu gehen, verbringen wollte. Ich fühlte mich, wie als wäre ich süchtig nach ihm. Und vorallem nach diesen Lippen ...

»Darf ich hoch kommen?« Mit einem schelmischen Grinsen hob ich meinen Blick von seinen Lippen zurück zu seinen Augen. »Willst du Blaine, Melli oder Cynthia 'hallo' sagen?« Als er mir keine Antwort gab, sondern nur diesen erneuten tadelnden Blick, den ich mir auch noch den ganzen Tag ansehen würde, gab ich es auf. »Du darfst immer hoch kommen, kleiner!«

Ich streifte mir meine Schuhe über, verließ mein Zimmer und rannte schon fast durch den Flur, zur Wohnungstüre. Blaine war im Bad, Cynthia aß beleidigt deswegen, dass sie gleich keine Zeit mehr hätte, ihre Morgenroutine durchzuführen, in der Küche ihr inzwischen pappig gewordenes Müsli und Melli war in ihrem Zimmer und schlief wahrscheinlich gerade wieder ein.

Als ich im Treppenhaus stand, rannte ich die Treppen nach unten und schließlich öffnete ich die Wohnungstüre. Wie immer hatte ich mein Pokerface aufgesetzt, doch sobald ich Luce die Türe öffnete und er eintrat, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Die Tür fiel zu und fast im selben Moment stürzte er sich auf mich. Seine Lippen pressten sich gegen meine und ich konnte mir mein Grinsen nicht verkneifen, als ich ihn an seiner Seite näher an mich zog und meine andere Hand an seine Wange legte. Seine Hände lagen in meinem Nacken und fuhren durch meine Haare, während er mich zu ihm hinunter zog.

»Du bist wie so ein gieriges Kleinkind«, grinste ich, als wir uns lösten und ich durch seine Haare wuschelte. Er grinste nur, zog jedoch gleichzeitig fragend eine Augenbraue hoch. »Wie kommst du auf den Vergleich?« Mein Grinsen wurde nur breiter und ich nickte zur Treppe. »Wenn du mit hoch kommst, kann ich meine Sachen holen und du kannst den anderen auch noch einen wunderbaren Schul- beziehungsweise Arbeitstag wünschen.« Luce ging bereits vor, die Treppen hinauf.

Als wir wieder in der Wohnung standen und ich die Türe hinter uns schloss, trat ein frisch geduschter Blaine aus dem Bad und rubbelte sich mit einem Ende eines Handtuchs, welches er sich locker über die Schulter gelegt hatte, durch die Haare. Wie immer trug er sein Arbeitsoutfit - eine schlichte Anzugshose und ein Hemd, über welches er sich später noch seine Anzugsjacke ziehen würde.

Mein großer Bruder drehte sich zu uns um, sah Luce und dann mich an.

»Bist du wieder da? Tja, kann man wohl nichts machen, dass Nate euch alle mitbringt.« »Dir auch einen guten Morgen, Blaine«, grinste Luce nur zurück. Kopfschüttelnd wandte sich der Älteste hier Anwesende ab.

»Boah ich hab keinen Bock! Scheiß Schule ist das!«, maulte Cynthia, als sie aus der Küche rüber ins Bad schlurfte. Luce zog nur belustigt die Augenbrauen hoch, ich ging inzwischen an ihm vorbei. »Zu deiner Info hab ich genauso wenig Bock wie meine Schwester, Luce!« Auf meine Warnung hin sah er mich vorwurfsvoll an, zog seine Schuhe nach kurzem Überlegen aus und ging hinter mir her.

»Blaine, bringst du mich um, wenn ich mit deinem Bruder hier bleibe?«, rief Luce in Blaine's Zimmer, in welches Angesprochener vor wenigen Augenblicken verschwunden war. Doch genauso schnell wie er weg war, kam mein Bruder nun auch wieder zum Vorschein. Er musterte uns beide langsam und seufzte dann.

»Ja, das sollte dir auch bewusst sein!« »Okay, das ist's mir wert!« Luce grinste, Blaine grinste, ich stand kopfschüttelnd neben den beiden, bis mich ihre Blicke trafen. »Was denn?«, fragte ich und Luce's Grinsen wurde breiter. »Bist du schwer von Begriff oder sowas?« Ich sah den Jungen im Hemd und der Anzugshose vorwurfsvoll an, bis mein Blick an Luce's Augen hängen blieb.
»Okay, okay! Danke! Und jetzt hört auf mich zu nerven und du Blaine-«, ich hielt inne, nur um mich erneut zu meinem Bruder zu drehen. »-bringst die Kleinen zur Schule, in fünfzehn Minuten beginnt der Unterricht!« Dadurch, dass hinter Blaine sein Wecker stand, hatte ich herausgefunden, wie viel Uhr es war, und auch mein Bruder drehte sich nun um, nur um dann fluchend in seine Sneakers zu schlüpfen und meinen Schwestern zu befehlen, dass sie ihre Sachen holen, ihre Schuhe anziehen und sich ins Auto setzen sollten.

Mit einem nahezu synchronen »je t'aime«, verabschiedeten sich die drei von uns. »Je t'aime aussi«, antwortete ich und schon war ich mit dem Jungen, den ich vor einer Woche noch als meinen besten Freund ansehen mochte, alleine.

»Ist dieses 'je t'aime'-Zeug, eigentlich irgendwas besonderes in dieser Familie oder wieso wiederholt ihr ständig, dass ihr euch liebt?«, fragte Luce, als er sich zu mir wandte. Grinsend ging ich auf ihn zu, legte meine Hände auf seine Schultern und sah ihn eindringlich an. »Wir sprechen die Wahrheit aus. Solange wir sagen, dass wir uns lieben, ist alles in Ordnung, niemand hat sich mit irgendwem gestritten und niemandem geht es zu schlecht. Außerdem, finde ich es sehr beeindruckend, dass du immerhin weißt, was 'ich liebe dich' auf Französisch heißt.« Gespielt trotzig und gleichzeitig grinsend, murmelte er ein »du bist doof« und umarmte mich. Lächelnd legte ich ebenfalls meine Arme um ihn, hob ihn leicht hoch und spürte, wie er seine Beine um meine Hüfte schlang. »Und das ist gemein!«, murmelte ich, als alles in mir zu kribbeln begann und mir beinahe das Blut in die untere Region schoss. Luce kicherte nur, belustigt darüber, dass ich wegen ihm meine Selbstbeherrschung nahezu komplett verlor.

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Und da sind wir wieder☺️ Das heutige Kapitel kommt zwar etwas später, als die letzten Tage, doch heute morgen und Mittag habe ich leider keine Zeit gefunden, um etwas hochzuladen. Wie immer freue ich mit über Reader, Votes und Kommentare und wünsche euch noch einen schönen restlichen Tag🫶

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt