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Weitere vier Wochen später...

Nate's Pov:

Ich gähnte, ließ meinen Kopf auf den Tisch fallen und fragte mich, was ich überhaupt in der Schule machte. Es war die dritte Stunde und ich hatte schon keinen Bock mehr. Die Tage waren viel länger, als ich sie in Erinnerung hatte, und damit auch deutlich anstrengender. Es war ein Wunder, dass ich Motivation fand, ins Gym zu gehen oder irgendwas anderes zu machen, was mit Sport zumindest zu tun hatte. Und manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, dass ich hier eine Art Luce 2.0 war. Zwar lachte ich weniger, als er normalerweise, doch wir ähnelten uns ziemlich. Dieses Mal war ich das Arschloch, führte eine - ausgesprochen angenehmere - Freundschaft+ mit Liam und scherte mich nicht um die Gefühle anderer.

»Ey Nate, Lust eine rauchen zu gehen?«, fragte Liam mich und ich sah ihn genervt an. »Wenn du mir nochmal so ne dumme Frage stellst, dann darfst du heute in deinem Bett schlafen und ohne irgendwas auskommen, was ich dir antue.« Er grinste nur und ging voraus, zu unseren anderen zwei Zimmernachbarn, die auf diese Schule gingen. Maël und Addy - ich kannte nichtmal Addys vollen Namen, um ehrlich zu sein - gingen immer mit uns rauchen, auch wenn Abby nur einen Zug nahm und Maël nicht rauchte. Er hasste rauchen, doch bei uns war es für ihn okay. Die beiden waren zwar nicht zusammen, doch sie würden ein süßes Paar abgeben, wie ich fand.

Ich zündete meine Zigarette an, als wir um eine Ecke gegangen waren, hinter der man uns nicht sehen würde. Als Liam mein Feuerzeug hatte, zündete er sich ebenfalls seine Zigarette an und nach meinem ersten Zug ließ ich Abby einmal ziehen. Wenn ich es könnte, würde ich mir die Gedanken an Luce weg rauchen, doch genau dies würde niemals funktionieren. Luce spukte in meinem Kopf, während ich so unglaublich viel versucht hatte, um in der Gegenwart zu leben. Doch ich vermisste die Vergangenheit mit ihm. Ich vermisste uns. Und wenn wir uns jemals wiedersehen sollten, würde er mich vermutlich mehr als nur hassen.

Jemand schnippte vor mir und ich blinzelte hektisch, bevor ich meinen Blick auf das einzige Mädchen fokussierte. »An wen hast du gedacht? Nie bist du so abwesend. Bist du etwa verknallt?«, fragte Abby in einem neugierigen, sanften Französisch. Ich lächelte und sah in den Himmel. Nein, ich war nicht verknallt. Ich vermisste nur, das war alles.

»Unwichtig« »Na los, sag schon!« »Kennst du nicht, Abby« »Name?« Ich seufzte, sah sie kurz genervt an und dann wanderte mein Blick zurück in den Himmel. »Luce McCoran. Ich glaube, dass er inzwischen seit etwas mehr als drei Monaten achtzehn ist.« »Wie habt ihr euch kennengelernt?« Maël war direkt interessiert und ich zog schmunzelnd an meiner Kippe. Dieser Junge hatte absolut keine Ahnung über seine Sexualität oder sein Geschlecht, doch er liebte es, andere zu beobachten, wie sie glücklich waren. Damit war er so ziemlich das komplette Gegenteil von mir. Er war ein wenig wie Luce. Mit dem großen Unterschied, dass ich Luce liebte.

Blaine's Pov:

Irgendwas hatte seine Einstellung drastisch verändert. Luce war tatsächlich motivierter und selbst an Tagen, an denen er zurück in einen Abgrund fallen zu schien, raffte er sich auf und machte das Beste aus seinem Tag. Er gab sich wieder etwas mehr Mühe, auch wenn das mit den Gefühlen und Emotionen weiterhin problematisch war. Inzwischen ging er die Treppen ohne Krücke oder menschliche Hilfe, abgestützt am Geländer, hoch und runter, worauf er offensichtlich sehr stolz war. Und ich unterstütze ihn. Es war gut, dass er nicht aufgegeben hatte. Selbst die Worte der Ärzte, schienen ihn nicht mehr hinunter zu ziehen, sondern nur noch mehr anzufeuern. Luce hatte Ziele und ich wusste nicht, ob es an meinen Worten, seinen Gedanken oder irgendwas anderem lag, doch er glaubte daran, dass er eines Tages - möglicherweise eines Sommertages - auf eigenen Beinen auf der Straße stehen, sich in seinen Wagen fallen lassen und irgendwo hin fahren könnte. Ebenfalls gab er sich wieder mehr Mühe, für sein Abi zu lernen.

»Wie geht es dir?«, fragte er mich, als ich Abends müde und erschöpft nach Hause kam. Luce hatte den Kopf schief gelegt, sodass seine blonden Haare in sein Sichtfeld fielen, was ihn allerdings nicht zu stören schien. Er hatte sich irgendwann dazu entschieden, dass er seine Haare wachsen lassen würde, bis er irgendeine Frisur oder einen Haarschnitt fand, den er haben wollte. Das Blau seiner Augen schien etwas wärmer und weniger verbittert zu sein, als vor ein paar Wochen noch, und es schien ihm generell ganz okay zu gehen. Ungefähr zwei Mahlzeiten aß er wieder, manchmal noch einen kleinen Snack zwischendurch, doch er war weiterhin noch ziemlich dünn. Dass er niemals richtig durchtrainiert oder gar speckig war, war mir klar gewesen, doch das es so schwer werden würde, ihn wieder zunehmen zu lassen, hatte ich nicht erwartet. Ich würde allerdings solange darauf achten, bis er wieder ein Normalgewicht angenommen hatte, dann würde ich ihn in Ruhe lassen - vorläufig.

»Ich bin müde, aber sonst ganz okay. Wie geht's dir heute? War's ein guter Tag mit Melli?« Dadurch, dass er durch die ganze Wohnung humpelte und ihn nichts und niemand mehr stoppen konnte, sich alles selbst holen zu wollen, ließ ich ihn mit meinen Schwestern häufiger mal alleine. Cynthia war heute auf der Feier einer Freundin von ihr, weshalb Luce sich um Melli gekümmert und sie auch ins Bett gebracht hatte.

»Ja doch. Melli hat mich ein wenig auf Trab gehalten, aber ich fühle mich auf eine gute Art und Weise ausgelaugt.« Ein leichtes Lächeln flog über seine Züge und ich grinste leicht, bevor ich den Kopf in den Nacken legte und meine Augen schloss. »Ins Bett solltest du es aber noch schaffen, wenn du so müde bist, oder? Oder soll ich dich tragen?« In seiner Stimme war Belustigung heraus zu hören - welche weiterhin ziemlich selten da war. Also drehte ich meinen Kopf, öffnete ein Auge und sah ihn prüfend an. »Ich dachte, dass du nochmal Autofahren möchtest. Wenn du mich trägst, kannst du das nicht mehr, also lass es lieber.« Er grummelte leicht und nahm sich ein Kissen, welches er mir reichte. Ich nahm es dankbar an und legte es mir unter meinen Kopf.

»Hat alles mit Melli geklappt?« »Ja. Sie hat sich nicht gewehrt oder geweigert gegen irgendwas und tatsächlich durfte ich mich hinsetzen, als sie einen ihrer Tobeanfälle hatte.« »Sehr schön, dann hat sie sich ja an die Abmachung gehalten. Danke, fürs aufpassen.« Ich grinste leicht, aber so müde, dass ich das Gefühl hatte, in den nächsten zehn Minuten wirklich einzuschlafen. »Ich gebe mir Mühe, es irgendwie wieder gut zu machen, dass ich hier wohnen darf. Tut mir übrigens leid, dass ich euch Platz wegnehme.« Und so schnell war ich wieder wach und sah ihn an. Sein Blick war verschlossen, er sah an die Decke und ich seufzte lautlos. Nate 2.0 war am Start.

»Also erstmal, Luce, hätten wir ohne dich zu viel Platz, dann ersetzt du für mich ein wenig meinen Bruder, weil du auf die Kleinen aufpasst, und ich weiß wie scheiße es sein kann, wenn man kein Zuhause hat. Ich wollte dich nicht woanders hingehen lassen, da am Anfang ja nicht klar war, was aus deiner Mutter wird, und ebenfalls bist du mir irgendwie ans Herz gewachsen, wie ein weiterer Bruder. Du bist hier immer willkommen, das hier ist quasi dein Zuhause und wir sind deine Ersatzfamilie, wenn du das möchtest. Weitere Selbstzweifel und unausgesprochene Entschuldigungen, die ich dir ausreden darf?« Er ließ kurz meine Worte sacken, welche um ehrlich zu sein ziemlich unüberlegt gewesen waren, dann spürte ich, wie er mich leicht umarmte. Ich grinste, während ich ebenfalls meine Arme um ihn legte.

»Danke, Blaine«, murmelte er. »Sehr gerne.«

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I have no words left for this chapter, I just know what will happened after it ...

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt