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Buzzcut Season
- Lorde

Blaine's Pov:

»Melli, du isst deine Pommes dann aber auch auf, ja? Oder sollen wir uns eine teilen?« Meine kleine Schwester sah mich trotzig an und ich seufzte, bevor ich mir mit einer Hand durch die Haare fuhr. Sie bestand darauf, dass sie Pommes haben wollte, so wie immer eigentlich. Wenn ihr Pommes angeboten wurde, dann wollte sie auch welche. Anders ging es nicht. Und dadurch, dass ich keine Lust darauf hatte, dass sie mich den Weg über nerven, oder einen Trotzanfall nach dem anderen haben würde, war ich bereit, ihr ihren Wunsch zu erfüllen. Und als sie dann endlich zustimmte, sich mit mir eine Pommes zu teilen, ließ ich sie bei Nate, Cynthia und Luce, um eine zu holen.

Cynthia hatte Melli zu sich gezogen, als ich zurück zu den anderen drei ging, und kitzelte die Kleinste. Nate und Luce redeten leise, wobei die Grinsekatze - sprich Luce - meinem Bruder immer mehr den Kopf zu verdrehen schien. Gott, ich würde früher zurück zu meiner Familie fahren, wenn er mir die Ohren vollheulen würde. Denn diesen Schmerz, den er fühlen würde, wenn die Möglichkeit bestand, dass er Luce nie wieder sah, den handelte er sich selbst ein. Da war ich fein raus. Und auch wenn ich meinen Bruder über alles liebte, war er manchmal der größte Idiot, den ich kannte. Warum waren die beiden nochmal nicht zusammen? Hatten sie überhaupt jemals ein etwas tiefgründigeres Gespräch über ihre Gefühle geführt? Vermutlich nicht.

Ich ließ mich neben meinen Schwestern auf die Bank fallen, verkündete, dass wir in ungefähr 15 Minuten das Essen bekamen und ließ zu, dass Melli mich zufrieden umarmte. Und dann lächelte ich bereits wieder. Diese Familie war verrückt - auf eine gute Art und Weise. Sie hatten mich irgendwie immer unterstützt, ohne, dass ich es verdient hatte. Ebenfalls schien es jedem von ihnen egal zu sein, was in der Vergangenheit passiert war, wie beispielsweise meine Arme aussahen und ich mich manchmal verhielt. Und vielleicht waren wir eine kaputte Familie, vielleicht hatten wir viel zu viel Scheiße in der Vergangenheit durchmachen müssen, doch im Endeffekt waren wir immer noch wir, unterstützten uns und waren zufrieden mit unserem momentanen Leben. Doch wie es ohne Nate sein würde, wusste ich nicht. Ich konnte mir nichtmal ein Bild davon machen, wie wir ohne ihn auskommen sollten. Würde Luce bei uns bleiben, oder zurück zu seinen Eltern gehen? Tatsächlich würde ich mich darüber freuen, wenn er bleiben würde, da ich ihn irgendwie ins Herz geschlossen hatte. Er machte Nate glücklich, war sympathisch und verhielt sich immer fair. Ebenfalls unterstützte er uns ein wenig.

Dass Nate jemanden wie Luce mochte, hatte mich überrascht, doch sobald ich ihn besser kennengelernt hatte, wusste ich vermutlich, was Nate an ihm so toll fand. Luce hatte einen guten Humor, war eine Mischung aus Neugierig und Aufmerksam, war eine Frohnatur und doch war er irgendwie führsorglich und man konnte sich scheinbar auf ihn verlassen. Und damit - mit diesem Humor, der Neugierde, Aufmerksamkeit, der fröhlichen Ausstrahlung und der Führsorglichkeit - war Luce besser, als die meistens anderen Personen, die wir jemals mit nach Hause gebracht hatten. Und es freute mich für Nate, dass er wenigstens ein Mal Glück im Leben hatte.

Luce's Pov:

Ich hatte Angst. Um ehrlich zu sein sogar gewaltig. Was würde sich verändern, wenn Nate ging? Veränderungen waren etwas, mit dem ich nicht immer gut umgehen konnte. Also, was würde sich für mich verändern, außer das Bett? Dürfte ich bei Blaine, Cynthia und Melli, sowie deren Mutter wohnen bleiben?

Wie immer versank in in meinen Gedanken - in meinen paranoiden Gedanken - und in diesem Gefühl, welches mich mit Nate umgab. Alles war warm, alles kribbelte, wenn er bei mir war. Alles war sicher und geborgen und einfach Zuhause, doch wenn er weg war, würde ich einsamer denn je sein. Und ich hatte Angst davor, dass ich schon wieder versinken würde, in diesem schwarzen, großen Loch, welches in mir war. Vor was hatte ich nicht Angst? Angst war etwas Relatives und gleichzeitig Nerviges, gleichzeitig war es jedoch in einigen Fällen überlebenswichtig und machte uns abhängig. Wer keine Angst verspürte, konnte nicht einschätzen, doch wer so wie ich dachte, dachte definitiv zu viel.

Nate's warme Hand schloss sich um mein Knie, drückte dieses leicht und beruhigend, womit er mich erfolgreich aus meinen Gedanken riss. Ich sah ihn an, lächelte leicht und sah in diese misstrauischen Augen. Immer wusste er, wie es mir wirklich ging. Wieso auch immer er es wusste, er nutzte es gerne aus. Und wenn wir alleine gewesen wären, hätte er mich vermutlich vorsichtig danach gefragt, worüber ich nachgedacht hatte, oder wie es mir ging. Doch wir waren nicht alleine, also musste sein Blick und der Kontakt zu ihm wohl reichen - zumindest für den Moment.

Die Pommes waren fertig, und Blaine ging nach vorne, um sie in Empfang zu nehmen und der freudig grinsenden Melli auf den Tisch zu stellen. Dann ließ sich der Älteste zurück auf die Bank fallen und mein Blick fiel auf Nate, der seinen Blick ebenfalls ganz der Pommes zugewandt hatte. Dann sah er zu Blaine, zurück zu der Pommes und wieder zu Blaine, bevor er seine Hand ausstreckte und einen der goldbraunen, in Öl gebratenen Kartoffelstreifen nahm.

»Nate!«, maulte Melli und wollte nach der Hand des Anderen schlagen, doch sie unterschätzte seine Reflexe definitiv. Blitzschnell war seine Hand wieder bei ihm und er biss grinsend in die Pommes. Bei dem tadelnden Blick seines Bruders verdrehte er die Augen und ihm verging das Grinsen. Mein Grinsen blieb. Diese Familie war auf die süßeste Art und Weise verrückt, die ich kannte. Die nächste Szene, die sich vor meinen Augen abspielte, war genauso wunderschön, wie die davor. Melli machte sich breit grinsend an ihre Pommes, schlug Blaine's Hand weg, sobald er sich ebenfalls ein paar nehmen wollte und nach der Hälfe war sie satt, und bettelte Blaine schon fast an, dass er weiter essen würde. Und schließlich gab der Angebettelte grinsend auf und aß die restlichen Pommes, die noch auf dem Pappteller lagen. Dadurch, dass Melli nun allerdings Durst hatte, reichte Nate ihr eine der Wasserflaschen, nur um sie dann von ihr zurück zum Öffnen zu bekommen - zugegebenermaßen waren die aber schon fest zugedreht.

Nach drei großen, hektischen Schlucken bekam der Junge neben mir die Flasche erneut zurück, und er packte sie wieder ein. Es sah wie ein einstudierter Ablauf aus, da die Älteren scheinbar immer wussten, wie sie die Jüngste beschäftigen konnten. Und als Blaine fertig mit Aufessen war, gingen wir weiter in das Reptilium. Auch für mich war es schön und witzig, da ich zwar immer gehört hatte, wie es war, in einen Zoo zu gehen, aber niemals selbst in einem war. Und die Aundrie-Geschwister waren wie ein Familie, die ihre Kinder zu einem Zoobesuch mitnahmen. Sie waren wie meine Ersatzfamilie, nur dass Nate niemals nur Freundschaftsgefühle in mir auslösen könnte.

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Hi und willkommen zum 51. Kapitel, oder eher zum Ende dieses Kapitels. In letzter Zeit komme ich tatsächlich besser mit Schreiben voran, als gedacht. Vielleicht liegt's auch daran, dass ich im Moment alles tue, um das Lernen zu Umgehen🤷‍♀️🤫
Naja, ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen hat und würde mich sehr um Votes und Kommentare freuen🤝
Einen wunderschönen restlichen Tag noch👋

You'll Lose In Love | Boy×BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt