Vertrauen

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Keyla

Meine Mutter hatte mich wahrscheinlich als Strafe in die Küche geschickt, weshalb ich nun das saubere Geschirr aus der Spülmaschine in die Schränke sortierte. Nebenbei erwärmte ich die Kirschen für das Mille Feuille, eine Art Blätterteig Küchlein, als jemand die Küche betrat. Es war Roi mit dreckigen Tellern.

„Deine Mutter wollte, dass ich dir helfe, weil sie glaubt, ich hätte dich provoziert" Ich zuckte mit den Schultern und rührte weiter im Topf herum. Nachdem er die Teller verräumt hatte, kam er auf mich zu.

„Du wirkst neben der Spur, Kröte", er wirkte besorgt, was ich als Irrtum abstempelte, denn er würde sich niemals um mich sorgen.

„Witzig, dasselbe meinte Remi eben auch. Aber wie du wahrscheinlich mitbekommen hast, war mein Mittagsschlaf nicht so erholsam, wie erhofft", klärte ich ihn auf, jedoch legte er den Kopf schief und mustere mich. Roi kam einen Schritt auf mich zu und als er seinen Arm ausstreckte, dachte ich, er würde mich zwischen sich und der Arbeitsplatte einkesseln wollen, allerdings stellte er den Herd ab.

„Es sind die Alpträume, oder?", erschrocken über seine Aussage klappte mein Mund auf. Ich wollte etwas sagen, jedoch kam kein Wort heraus. Woher wusste er von meinen Träumen?

„Schlechte Träume sind der häufigste Grund für einen desolaten Schlaf, Kröte", beantwortete er meine unausgesprochene Frage. Er las mich wie ein Buch, schon immer. Unsere Feindschaft hatte einander studieren lassen, somit konnten wir den anderen verletzten. Es war ein verdorbenes Spiel zwischen uns und eigentlich gab es keinen eindeutigen Gewinner, denn wir beide waren zu gut in dem, was wir taten. Dennoch kämpften wir um einen Sieg, den wir niemals erreichen konnten.

„Es ist dieser Mann", begann ich, stoppte jedoch. Warum hatte ich das gesagt? Mein Mund war schneller, als meine Gedanken. Niemals hätte ich mich ihm anvertraut, weshalb ich soeben mit den Kirschen die Küche verlassen wollte, wurde aber am Arm zurückgezogen. Roi nahm mir den Topf ab und brachte mich in die alte Position zurück.

„Welcher Mann, Kröte? Wirst du bedroht?", wollte er eindringlich von mir wissen und hielt dabei meinen Arm noch immer fest. Ich konnte den Anflug von Wut nicht nur in seinen Augen, sondern auch in den Muskeln seiner Finger spüren, die sich nun in meinen Arm bohrten.

„Nein. Er ist ein Fremder in meinen Träumen" Ich griff nach seiner Hand und wollte seine von mir lösen, aber er ließ es nicht zu. Roi ergriff schneller als ich reagieren konnte meine Handgelenke und zog mich noch dichter an sich. Somit war ich gezwungen, ihn direkt anzusehen.

„Wir träumen von niemanden, den wir nie gesehen haben!"

„Dann habe ich ihn eben auf den Pariser Straßen gesehen", antwortete ich patzig und wehrte mich gegen seine Fesseln, da die Hitze sich langsam in meine Haut brannte. Ich ahnte bereits, dass ich in ihn verliebt war, obwohl der Hass schwerer wiegte, aber bei dieser Berührung wurde mein Verdacht erhärtet.

„So funktioniert unser Gehirn nicht, Kröte" Ich musste mich definitiv über das menschliche Gehirn und Träume schlau lesen, denn seine Worte machten mich neugierig. Ich schüttelte dennoch ablehnend meinen Kopf und unterstrich meine Geste mit einem Schulterzucken. Roi fand es amüsant, denn er legte ein freches Grinsen auf. In welch absurden Situation waren wir nur gelandet?

„Du kannst mir Vertrauen", hauchte er.

„Nein, kann ich nicht", erwiderte ich und eigentlich wollte ich noch etwas sagen, da bemerkten wir Schritte, die in unsere Richtung kamen. Roi schien dies nicht auszumachen, obwohl wir beide zur Tür sahen, aber noch immer hielt er mich fest. Ich wollte jedoch nicht so mit ihm gesehen werden und schubste ihn reflexartig von mir. Er stolperte wenige Schritte zurück, als meine Mutter die Küche betrat.

„Ihr beide bleibt mir ein Rätsel", meinte sie Kopfschüttelnd, ließ dann aber von uns ab und nahm die Kirschen mit sich. Ich folgte ihr, bevor Roi mich wieder in ein Gespräch verwickeln konnte.

Während meine Familie und die seine den Nachtisch zu sich nahm, fehlte jegliche Art von Geräuschen.
Jeder genoss das Lieblingsgebäck meiner Mutter, bis Valentina das Wort ergriff.
„Ciel muss noch ein paar Tage länger in Deutschland bleiben"

„Deshalb dachten wir uns, wir reisen zu ihm und erkunden ein neues Land. Immerhin klingt es immer so toll, wenn er davon redet", meine Mutter nippte am Wein, während ihre Augen meine gefangen hielten. Aus irgendeinem Grund wartete sie meine Reaktion ab. Wollte sie, das ich mit Käme?

„Wann?", wollte ich also wissen, denn gegen eine Reise sprach für mich nichts.

„Wir wollten bereits morgen Abend los", bekam ich als Antwort von meinem Vater. Ich erinnerte mich an das Straßenfest in zwei Tagen.
„Du musst nicht mit, aber wir würden uns freuen. Deine Schwester kommt auch mit. Es wäre ein Familienausflug!"

„Euer Vater würde sich bestimmt sehr freuen, wenn ihr auch mitkommt, Roi und Remi", wandte sich Valentina an ihre Jungs. Roi lehnte sofort ab, da er seinem Husky die lange Reise nicht antun wollte und zurücklassen war keine Option. Remi hingegen musterte mich, so wie ich ihn. Für mich war klar, dass ich mit Zoe das Straßenfest besuchen wollte, weshalb ich dankend ablehnte, genauso wie Remi. Für unsere Eltern war es in Ordnung, dennoch bedauerlich.

„Kommst du noch kurz mit herüber? Dann packe ich ein paar Sachen und Snacks", in der Zwischenzeit hatten wir alles gemeinsam aufgeräumt. Unsere Mütter saßen nun in der Stube, da sie den geöffneten Wein nicht den Abfluss schenken wollten und mein Vater setzte sich ins Arbeitszimmer. Er war schon immer jemand ruhiges.

„Warte, ich hole noch eben etwas Kleingeld, dann können wir am Kiosk unten an der Straße süßes holen" Ich schmiss das Spültuch auf die Theke und stand bereits am Treppenansatz.

„Ich habe noch Flanbolo", Roi stand hinter mir. Er musste Remi und meine Pläne verfolgt haben, sodass er wusste, dass ich meine Lieblingssorte von Haribo haben wollte. Mich wunderte es nicht, denn immerhin waren wir zusammen aufgewachsen. Ich nickte, kam von der ersten Stufe wieder hinunter und lief still an ihm vorbei.

Zwischen Roi und Remi überquerte ich die Straße und trat in ihrem Heim ein, was nur ein Luftsprung von meinem zu Hause entfernt war.

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt