Verdrängen

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Keyla

„Williams, bist du fertig mit den beiden Saunen?", Roi verging das Lachen, als er seinen Vorgesetzten sah und dieser mit klarer Autorität sprach.

„Natürlich. Ich habe gerade noch schnell die Fragen einer Kundin beantwortet", antwortete Roi, obwohl er eigentlich nichts in den Saunen erledigt hatte, zumindest nicht in meiner. Innerlich ärgerte ich mich über den unglücklichen Zufall, dass ausgerechnet er hier arbeiten musste, wo ich entspannen wollte. Noch schlimmer war es, ihm wieder so nahe gewesen zu sein. Ein Teil in mir hatte es genossen, während der andere, rationalere, es bereute. Um nicht länger ein Teil dieser Situation zu sein und ihm aus dem Weg gehen zu können, schlängelte ich mich an den beiden vorbei. Ich kehrte zurück zur Sauna. Genervt und überfordert unterbrach ich ihr angeregtes Gespräch und zog sie entschlossen bis zur Umkleidekabine mit. Wo ich ohne Punkt und Komma zu reden begann.

"Vergiss das schnell. Er spielt nur mit dir", sagte meine beste Freundin, nachdem sie meine ganze Aufregung angehört hatte. Ich stimmte ihr zu und schüttelte mich, um die Gänsehaut loszuwerden.

"Hey Mädels, ihr seid so schnell verschwunden", hörten wir eine männliche Stimme, wodurch Zoe ihre Augen zu funkeln begannen. Kurz unterhielt sie sich mit ihm, kam dann freudestrahlend zu mir zurück und erzählte mir von der Party, zu der sie mich nun mitnehmen wollte.
"Ruf deinen Freund an, denn wir sollen ein paar Freunde mitbringen und nutze die Gelegenheit, um Roi zu vergessen", fügte sie hinzu. Wie immer folgte ich dem Rat meiner besten Freundin, hinterließ Remi eine Nachricht mit der Adresse und zog mich schnell an. Zoe und ich machten uns auf den Weg in die Stadt, wo wir uns ein neues Kleid besorgten, bevor wir mit dem Bus zur Party fuhren. Dort wartete Remi bereits auf uns.

"Hey, Prinzessin", begrüßte mich mein bester Freund – oder sollte ich sagen, Freund? Ohne Vorwarnung presste Remi seine Lippen auf meine, was mich völlig überrumpelte, da ich dachte, wir würden das nur vor Roi spielen. Nachdem er sich von mir gelöst hatte, verschränkte er seine Finger mit meinen und zog mich mit ins Haus, wo Zoe bereits nach dem Jungen aus der Sauna suchte. Kaum hatten wir das Wohnzimmer betreten, da spürte ich seine dominante Ausstrahlung und das, obwohl seine Aufmerksamkeit nicht auf mir, sondern auf der Blondine lag. Das brodelnde Feuer der Eifersucht überkam mich. Das Gefühl verzehrte meine Gedanken und machte mein Herz schwer.

"Wo finde ich hier etwas zu trinken?" Ich fuhr mir leicht zitternd durchs Haar, denn die Hitze stieg in mir auf. Die ersten Schweißperlen bildeten sich in meinem Nacken und auf meiner Stirn. Ohne Remi zu beachten, machte ich mich auf den Weg in die Küche und griff nach dem ersten Bierbecher. In meine andere Hand nahm ich einen Kurzen. Es folgte ein weiterer und noch einer. Irgendwie musste ich dieses beklemmende Gefühl loswerden, doch auch die Arme, die mich von hinten umschlungen hatten, konnten mir nicht helfen.

"Willst du tanzen, Schönheit?" Ich stimmte seinem Vorschlag zu und ließ mich auf die provisorische Tanzfläche im Wohnzimmer ziehen, wo ich Roi erneut sah. Mein Verstand schien mich nun vollkommen verlassen zu haben. Ich stürmte los, schubste die Blondine, die ich für eine andere hielt als zuvor und stellte mich mit verschränkten Armen vor Roi.
"Was machst du hier?", schrie ich gegen die Musik an.

„Ich wurde eingeladen. Was juckt dich das?" Roi verschränkte seine Arme ebenfalls. Er stieß sich von der Wand ab und kam bedrohlich einen Schritt auf mich zu.

„Verzieh dich, Roi und halt dich endlich von mir fern", mein Zorn, dieses intensive Gefühl der Wut, wütete in mir.

"Wer braucht denn immer wieder meine Aufmerksamkeit und lässt nicht locker? Bist du nicht langsam müde davon, ständig nach meiner Beachtung zu streben? Versteh endlich, dass du nicht meine Priorität bist!", es war ein Moment des Bedauerns, als ich realisierte, wie weit er mich getrieben hatte. Doch plötzlich und unerwartet holte ich aus und ließ meine Hand mit aller Kraft gegen seinen Kopf schnellen, sodass dieser zur Seite weichte. Niemand, außer Remi bemerkte dieses Szenario, weshalb er zu mir kam, mich packte und von Roi wegzog, bevor dieser reagieren konnte. Ich zappelte in seinem Griff, denn der Kampfgeist in mir war erwacht, doch Remi war stärker.

"Keyla! Beruhige dich! Du machst eine Szene!", rüttelte er an meiner Schulter, in dem Versuch, mich zur Besinnung zu bringen. Ich wollte reagieren, am liebsten schreien, aber als Roi wieder in mein Blickfeld trat, tat ich das einzig Falsche. Ich presste meine Lippen auf die seines Bruders. Ich ließ meine gesamte Wut in diesen Kuss fließen und ließ mich davon leiten. Ich drückte Remi gegen die Wand, erlaubte meinen Gefühlen freien Lauf und verlor mich in der Leidenschaft.

Es war eine Mischung aus zarten und doch wilden Berührungen, die mir ein Gefühl von Nähe und Verbundenheit verliehen, als wären Roi und ich die einzigen Menschen auf der Welt.
Und plötzlich durchzuckte mich ein Moment der Klarheit – meine Lippen trafen nicht die meines Feindes, sondern die von Remi.
Trotzdem konnte ich meine Sehnsucht nach Roi nicht ignorieren, obwohl er mich immer wieder verletzte. Diese inneren Widersprüche raubten dem Kuss seine Intensität und ließen mich in einem Gefühl der Gefangenschaft zurück.

Als der Kuss seine Intensität verlor, spürte ich eine Mischung aus Erleichterung und Verwirrung. Remi und ich trennten uns langsam voneinander und ich konnte in seinen Augen die Frage lesen, die auch mich quälte.

War das alles nur eine Illusion, oder steckte mehr dahinter?

Ich zwang mich, tief durchzuatmen, um meine Gedanken zu sammeln. Diese Gefühle für Roi waren wie ein ständiger Begleiter, der mich nicht losließ, egal wie sehr ich es versuchte. Doch gleichzeitig war da Remi, der mich auf eine Art und Weise berührte, die ich nicht ignorieren konnte.

Der Moment, in dem ich von Remi weggerissen wurde und ich nur noch sah, wie eine Faust auf ihn niedersauste, ließ all meine inneren Konflikte für einen Augenblick verblassen. Die Realität prallte mit roher Gewalt auf mich ein und ich konnte nur starr vor Schock zusehen, wie die Situation außer Kontrolle geriet. Die Schreie, das Gerangel, die Angst – alles verschwamm vor meinen Augen.

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt