Roi
Absichtlich bog ich eine Straße früher ab, um mehr von der friedlichen Zeit mit Keyla zu genießen. Sie ignorierte mein Kommentar und musterte bereits das nächste Tattoo. Mein Körper war mit unzähligen Tattoos bedeckt, alle mit Bedeutung, viele davon auch Keyla betreffend. Als sie das nächste Tattoo entdeckte und unbedingt die Bedeutung wissen wollte, tippte sie mehrfach darauf.
„Und das Herz mit dem Schloss?" Keyla deutete auf mein Handgelenk und strich mit ihren kühlen Fingern darüber, während der Duft von Alkohol mir in die Nase stieg. Ich hatte sie stundenlang gesucht, war in der Stadt, im Einkaufszentrum und in den Cafés gewesen. Niemals wäre ich darauf gekommen, hätte ich sie nicht durch das Fenster gesehen, dass sie ihre Zeit in einer Bar verbrachte und den Liebeskummer ertränkte. Ich wusste, dass ich sie sehr verletzt hatte, was ich auch ihrem neuen Haarschnitt zuschrieb. Denn so sind Frauen, oder nicht?
„Erde an Riii", sagte sie und es fühlte sich überraschend gut an, diesen alten Spitznamen wieder von ihr zu hören.
„Mein Herz ist bereits an die Person mit dem einzigen Schlüssel vergeben." Ich hatte es nach unserem ersten Kuss stechen lassen, mit dem permanenten Gedanken an sie, und trotzdem redete ich mir ein, es würde zu meiner Familie gehören. So ein Blödsinn. Es gehörte ihr. Mein Herz.
„Und wer ist diese Person?" Neugierig und mit loser Zunge wollte sie dies natürlich wissen. Ich würde nicht mehr lügen, sondern ihr die Wahrheit über meine Gefühle gestehen.
„Du bist diese besondere Person." Stille. Keyla schluckte schwer und schloss kurz die Augen, öffnete sie dann aber wieder, um nach einem anderen Tattoo zu schauen. Sie kämpfte mit sich selbst, denn sie wollte mir verzeihen und mir nahe sein, aber ihr Schmerz hielt sie davon ab. Ich würde alles dafür geben, dass sie wieder lächelt und der Schmerz verschwindet.
„Die zwei Kreise", sagte Keyla und deutete auf das Tattoo hinter meinem Ohr, direkt am Haaransatz. Sie hatte ein unfassbar feines Gespür, denn alle Tattoos, die sie auswählte, hatten mit ihr zu tun.
„Für meine und deine Seele", erklärte ich sanft.
„Warum, Roi? Warum hast du sie dir stechen lassen?", wollte sie schockiert wissen, während sich unsere Blicke nach einer Ewigkeit trafen.
„Weil du immer ein Teil von mir sein wirst", antwortete ich leise, den Blick fest in ihren Augen verankert.
„Und weil ich dich für den Rest meines Lebens auf Händen tragen würde, Kröte", fügte ich hinzu und weil ich dich liebe. Es war das erste Mal, dass ich es gedanklich ausgesprochen hatte und es fühlte sich gut an. Jetzt musste ich nur noch den Mut finden, es ihr wirklich zu sagen.
„Warum hast du mich von dir gestoßen?", fragte sie und die erste Träne sammelte sich in ihren Augen, als sie an den Morgen im Auto zurückdachte.
"Ich wollte weg aus Paris, weil ich dachte, meine Bestimmung woanders zu finden, nur nicht zu Hause. Die Jobs brachten zwar Geld, aber nicht genug, nicht für einen Sommer oder für immer. Also nahm ich damals ein Angebot von den falschen Leuten an. Sie zahlten mir tausend Euro für jedes gestohlene Auto, also stahl ich insgesamt fünf. Als ich aufhörte, warnte mich der Anführer, dass ich alles verlieren würde, was mir lieb ist, wenn ich je darüber sprechen würde. Damals schienen mir die Worte bedeutungslos, weil ich nie darüber reden wollte. Aber nachdem wir uns nähergekommen waren und Remi die Wahrheit irgendwie herausgefunden hatte, bekam ich Panik, dass dir und meiner Mutter etwas passieren könnte." Ich bemerkte, wie nachdenklich Keyla war und wie sie versuchte, die Worte zu verarbeiten.
„Es tut mir leid, Keyla. Ich habe Panik bekommen, dass, wenn ich dir davon erzähle, sie kommen und mir das einzige nehmen, was mir etwas bedeutet. Aber ich habe schnell verstanden, dass ich mir selbst genommen habe, was ich liebe. Ich verspreche, dir wird wegen meiner Vergangenheit nichts passieren, denn ich beschütze dich mit meinem Leben." Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn die Wahrheit war gesagt, und irgendwie hatte ich ihr auch gesagt, dass ich sie liebe. Jetzt war es an mir, Tränen zu vergießen. Keyla wischte sie zaghaft weg und legte ihre Hand auf meine Wange.
„Mich interessiert deine Vergangenheit oder diese Typen nichts", begann sie, ihre Stimme diesmal deutlich klarer.
„Aber du hast mir wehgetan, Roi. Unfassbar doll. Ich brauche Zeit."
„Ich atme nur noch, um meine Fehler bei dir gutzumachen. Mein Herz schlägt, weil es mit deinem verbunden werden will. Ich denke nur, weil du darin bist, Keyla. Ich will nichts anderes mehr als dich, also gebe ich dir die Zeit, die du brauchst." Mein Herz fühlte sich so viel leichter an, denn endlich hatte ich alles gesagt, was mir seit Wochen auf der Seele lag. Keyla schien zu überlegen, dann zog sie ihre Hand zurück und fuhr über mein neuestes Tattoo.
Eyes.
„Wofür steht das?", wollte sie wissen, ausgerechnet als wir vor der Haustür angekommen waren.
„Du meintest, dass die Augen nur leuchten, wenn etwas dein Inneres zum Leuchten bringt. Das hat mich geprägt, denn du hattest recht", gestand ich ihr, während ich die Haustür öffnete. Es wurde Zeit, dass sie ins Bett kam.
„Sie leuchten stärker als je zuvor", brachte sie schwach hervor, denn Keyla schien von der Dunkelheit des Alkohols eingeholt zu werden.
Behutsam legte ich sie ins Bett, zog ihr die Kleidung aus, da ihr Übergeben Flecken hinterlassen hatte und deckte sie zu. Aus der Küche holte ich einen Eimer und ein Glas Wasser, was ich ihr auf die Bettseite stellte. Keyla schlief tief und fest, sodass ich die Gelegenheit nutzte, sie ein wenig zu betrachten und über ihr Haar zu streichen. Sie war wunderschön, egal in welcher Verfassung. Sie war zu perfekt für mich. Sie war der Grund, warum ich nie mehr etwas anderes in meinem Leben wollte, als bei ihr zu sein.
„Ich liebe dich, Keyla", hauchte ich.
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𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁
Teen Fiction𝗦𝗵𝗲 𝗳𝗲𝗹𝗹 𝗳𝗶𝗿𝘀𝘁, 𝗯𝘂𝘁 𝗵𝗲 𝗳𝗲𝗹𝗹 𝗵𝗮𝗿𝗱𝗲𝗿 - 𝗦𝘁𝗼𝗿𝘆 Haus / Straße / Haus - Balkon / Straße / Balkon Die Beziehung zwischen Keyla und ihrem Nachbarn war von gegenseitigem Hass geprägt, bis sich Roi im letzten Sommer drastisch...