Geschenk

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Roi

In den letzten Tagen konnte ich nicht schlafen, weil mir Keylas Gesicht nicht aus dem Kopf ging. Ich erinnerte mich daran, wie sie Remi panisch ansah und wie traurig sie über den Misserfolg mit den Konzertkarten war. Interessanterweise vermisse ich ihr Lächeln, das sich unter meine Haut schlängelte und sich langsam zu meinem Herzen vordrang, um es zu beeinflussen. Sobald ich an Keyla dachte, drehte sich mein Gedankenkarussell unaufhörlich und ich fand mich erneut schlaflos wieder. Mit Keyla in meinem Kopf starrte ich die Decke an und empfand eine unerklärliche Leere. Es war, als ob ich ohne sie nicht mehr vollständig wäre, ein Gefühl, das mir zuvor vielleicht bewusst war, aber nicht so präsent.

Ich verließ das Bett und erntete einen leicht genervten Blick von Askan, bevor ich auf meinen Balkon ging. Keyla lag eingekuschelt in ihrem Bett und schlief in harmonischer Ruhe. Wie war ich nur an diesen Punkt in meinem Leben gelangt? Alles, was ich wollte, war einfach nur ich selbst sein und ein sorgloses Leben führen. Doch plötzlich war da dieser fest verankerte Teil in mir, der nur im Einklang mit ihr atmen konnte.

Am nächsten Morgen ging ich meiner Arbeit nach, die eigentlich dazu gedacht war, mich meinem Ziel näherzubringen, ohne dass ich wirklich wusste, was es war. Ich putzte die Sauna, füllte das Salz für das Außenbecken auf und kochte Kaffee für meinen Vorgesetzten, aber immerhin war dieser Job gut bezahlt. Während meiner Mittagspause setzte ich mich an den Tisch im Pausenraum und versuchte, die anderen so gut wie möglich zu ignorieren, bis ein Gespräch meine Neugierde weckte.

„Gott, Jeremy, du glaubst nicht, wie dumm meine Freundin schon wieder war", hörte ich einen Arbeitskollegen, welcher in Begleitung hineinkam. Die beiden schienen vertieft im Gespräch zu sein.

„Da versucht sie zwanzig Minuten, wie ein aufgedrehter Bär auf Kokain an die Karten für The Weekend zu kommen und hat dabei noch Glück, um dann festzustellen, dass wir an dem Tag in die Karibik fliegen", die beiden setzten sich an den Tisch, während sein Kumpel belustigt den Kopf schüttelte.

„Hast du eine Ahnung, was die Karten kosten?", als Antwort erhielt er erneut nur ein Kopfschütteln; es schien, als würde der Typ einfach nicht reden. Ich blendete meine Gedanken zu ihm aus und wandte mich an den Typen aus dem Kinderbereich.

„Willst du sie verkaufen?"

„Für zehn Prozent mehr", angewidert von seiner Art verzog sich mein Gesicht, jedoch war mir der Preis egal. Ich wollte diese Karten, auch wenn ich mein Erspartes dafür hergeben müsste. Ich hielt ihm meine Hand hin, die er einschlug und bevor die Mittagspause vorbei war, verabredeten wir uns für heute Abend. Mit einem Herzen, das sich plötzlich leichter in meiner Brust anfühlte und einem Lächeln auf den Lippen erledigte ich meine Arbeit.

Ich konnte es kaum erwarten, endlich nach Hause zu kommen, zu duschen und Keyla die Karten zu zeigen. Ehrlich gesagt freute ich mich am meisten darauf, ihr Gesicht zu sehen, wenn sie mein Geschenk erhält, daher legte ich übermütig Parfüm auf und zog sogar mein einziges weißes Shirt an. Wie ein Narr stand ich vor dem Spiegel und lächelte mich an, als ob ich von allen guten Geistern verlassen wäre. Trotzdem schnappte ich mir die Karten vom Bett, gab Askan noch eine kurze Streicheleinheit, die er sichtlich genossen hatte und verließ mein Zimmer. Manchmal dachte ich darüber nach, ob es beschämend war, mit 19 noch bei meinen Eltern zu leben, besonders ohne klare Perspektive. Aber dann wurde mir bewusst, wie jung ich eigentlich noch war.

Als ich die Treppe hinunterging, hörte ich die gedämpften Geräusche aus der Küche, wo meine Mutter wahrscheinlich das Abendessen zubereitete. Ein Gefühl von Geborgenheit durchströmte mich und verstärkte die positiven Gefühle, welche ich heute empfand. Es fühlte sich an, als wäre ich auf Wolke sieben, während eine Woge des Glücks durch mich hindurchströmte. Kurz darauf betrat ich die Küche, wo meine Mutter natürlich die veränderte Stimmung bemerkte und freudig lächelte.

„Hallo, mein Schatz", sie rührte weiterhin in ihrem Topf herum und doch konnte ich die kleinen Grübchen bemerken, welche ich von ihr geerbt hatte. Glücklicherweise akzeptierte meine Mutter meine zurückhaltende Art und die emotionalen Abstände, die ich zeigte. Sie glaubte fest daran, dass ich meinen Weg in dieser Welt finden würde und dafür war ich zutiefst dankbar.

Nach einem lockeren Gespräch überquerte ich die Straße, läutete an der Tür der Familie Flamming und wartete geduldig darauf, dass jemand öffnete. Zu meinem Bedauern war es Keylas Mutter und nicht sie selbst. Dennoch wurde ich liebevoll hereingebeten.
„Was kann ich für dich tun, Roi?"

„Ich wollte eigentlich zu Keyla", erwiderte ich ihr und bemerkte die Auswirkung meiner Worte, als Izabell mich verdutzt ansah.

„Ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber ich habe etwas für sie" Ich spürte, wie sich meine Handflächen plötzlich feucht anfühlten und mein Herz schneller schlug, während der intensive Augenkontakt mir das Gefühl gab, mich rechtfertigen zu müssen.

„Keyla ist heute Abend ausgegangen und ich weiß nicht, wann sie wiederkommt" Ich bemerkte eine Veränderung in ihren Augen, konnte diese allerdings nicht deuten. Izabell erlaubte mir, mein Geschenk in Kelyas Zimmer zu legen. Schnell suchte ich einen Zettel, damit ihre Mutter keinen falschen Eindruck von mir bekam und schrieb eine Notiz darauf, um sie mit den Karten dann auf ihrem Lieblingsbuch zu legen. Kurz hielt ich das verbrauchte Buch in der Hand und las die Rückseite. Natürlich drehte es sich um Liebe, wie immer.

Nachricht:                für eine glückliche Kröte

Ich verabschiedete mich von Izabell, weckte meinen müden Husky aus dem Bett und lief mit ihm zu meinem Lieblingsplatz in der Stadt, während ich darauf wartete, dass Keyla sich meldete. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie mein Geschenk niemals erhalten würde, nicht so, wie ich es gehofft hatte.

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt