Vorfreude

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Keyla

„Warum ist das so schwer für dich zu verstehen, Roi? Remi und ich sind Freunde, nichts weiter", wiederholte ich meine Aussage zum dritten Mal. Meine Begründungen waren ihm nicht plausibel genug, denn er bohrte noch tiefer in die Materie. Als er erneut davon beginnen wollte, bremste er ab, da die Ampel sich plötzlich auf Rot schaltete.

„Ich meine, ihr wärt bestimmt ganz süß zusammen", er wirkte nervös, so wie er mit den Fingern am Lenkrad trommelte. Ich hingegen war nur noch genervt und beschloss kurzerhand auszusteigen. Den restlichen Kilometer könnte ich auch laufen. Ohne Widersprüche akzeptiere Roi meine Entscheidung und drückte absichtlich das Gas durch, als der grüne Kreis erscheint. Nachdem ich in unserer Straße abgebogen war, sah ich schon Remi vor meiner Haustür auf mich waren, weshalb ich die letzten Meter joggte, anstatt entspannt zu laufen. Remi entdeckte mich ebenso und hielt die weiße Tüte in die Luft, welche ich offensichtlich im Auto vergessen hatte.

„Roi sagt, du hast sie im Auto liegen lassen", schmunzelnd betrachtete er mich, denn er wusste genau, dass Roi und ich uns gestritten hatten. Remi hatte einen siebten Sinn für die Beziehung zwischen seinem Bruder und mir, weshalb er genau wusste, wann er für mich da sein musste.

„Bitte lass uns nicht darüber reden", stieß ich genervt aus, fuhr mir durch Haare und nahm ihm die Tüte ab.

„Komm, geh erst mal duschen und dann lass uns unsere Eltern verabschieden, Sweetheart", sein Arm umschlang meine Taille und gemeinsam gingen wir ins Haus. Ich hörte auf seine Worte, nahm eine Dusche und stand dann wieder unten auf der Straße. Liebevoll nahm ich meine Mutter in meine Arme, denn sie würde mir fürchterlich fehlen, auch wenn es nur für ein paar Tage war.

„Pass bitte gut auf dich auf, Liebling", sie hauchte mehrere Küsse auf meinen Scheitel, drückte mich nochmal fest und löste sich dann von mir. Mit einem lachenden Auge, weil sie sich auf die Reise freute und einem weinenden, weil sie mich zurückließ, stieg sie in das Auto. Zu guter Letzt umarmte ich meinen Vater, meine Schwester und Valentina. Letztere bat mich Roi aus dem Weg zu gehen und auf Remi zu achten. Ich stimmte ihrer Bitte zu, denn genau das war mein Plan für die nächsten Tage. Nachdem sie weggefahren waren, ging ich ins Haus zurück und bemerkte die merkwürdige Ruhe. Da mein Magen knurrte, entschied ich mich eine Kleinigkeit zu kochen und dann in mein weiches Bett zu gehen, da ich fit für morgen sein wollte. Ich freute mich riesig auf das Straßenfest, es war das Highlight des Sommers. Unsere Straße und die benachbarten, wie Zoe ihre, waren fröhlich geschmückt mit bunten Lampions und Lichterketten. Einzelne Häuser waren heute den gesamten Abend mit französischem Gebäck und Fingerfood beschäftigt, welche es morgen an verschiedenen Ständen zu kaufen gab. Normalerweise brachte meine Mutter ihren englisches Flair mit ein, nur nicht dieses Jahr. Es gab Hüpfburgen, Livemusik, Getränke und einen Umzug durch die Straßen. Niemand beschäftigte sich mit seinen Sorgen, weder den von heute oder noch morgen. Es gab nur diesen einen Moment in himmlischer Atmosphäre, besonders dann, wenn das Feuerwerk den Himmel erhellte. Zoe und ich fieberten schon Jahre darauf hin endlich an der legendären Party in der Turnhalle unserer Schule feiern zu können, weshalb ich in aller Seelenruhe meine Augen schloss und mir mein Outfit gedanklich zusammenstellte.

Doch ich fand nicht in den Schlaf, vielleicht wegen der Leere des Hauses, der Vorfreude oder dem plötzlichen schlechten Gewissen. Ich hatte mich nicht korrekt verhalten, war schnippisch und theatralisch, weshalb ich die Decke beiseite schlug. Ich schlüpfte in meine Pantoffel und verließ mein Heim, lief die Straße herüber. Nervös, nur Gott weiß warum, betätigte ich die Klingel. Es dauerte nur einen kleinen Moment, da öffnete mir ein müder Roi und sein treuer Begleiter die Tür. Sofort spürte ich die Feuchte in meiner Handfläche, die ich versuchte zu verhindern, in dem ich sie an der Schlafhose rieb.

„Remi ist oben", er machte einen Schritt beiseite und ließ mich hineinkommen. Mit einem kurzen knuddler begrüßte ich Askan, sammelte somit genügend positive Energie, um meine Entschuldigung zu faseln.

„Tut mir leid", es klang weniger ehrlich, wie ich es gemeint hatte, aber wiederholen würde ich es nicht. Roi nickte, zuckte gleichzeitig mit der Schulter. Ihm schien der Vormittag nichts auszumachen.

„Das heute war mir nichts Neues, Kröte", Roi schloss die Haustür und ging wie jeden Abend ins Wohnzimmer. Ich folgte ihm, ebenso Askan. Und wieder einmal stand ich nervös vor ihm, wobei ich das schon die gesamte Zeit war.

„Vielleicht schaffen wir es ja eines Tages vernünftig miteinander umzugehen", krächzte ich, denn diese Worte fielen mir ebenfalls schwer. Warum sagte ich sowas überhaupt? Es lag nicht in meinem Interesse, wiederum doch, dass wir ein einigermaßen gutes Verhältnis haben könnten.

Plötzlich vernahm ich sein raues Lachen. Zu gern hätte ich die kleinen Grübchen im gedimmten Licht des Wohnzimmers gesehen, aber er musste sich ausgerechnet zum Fernseher gedreht haben.
„Ich mag dir die Hoffnung nicht nehmen, aber wie du so gern zu sagen magst, wir sind dazu geboren uns zu hassen"

„Stimmt", entkam es mir, bevor ich darüber nachdenken konnte. Für mich war das Thema Roi und unser Streit von heute abgeschlossen und somit konnte ich nun das tun, weshalb ich überhaupt hier war. Zu Remi gehen. Ich stand bereits am Treppenansatz, als meine Ohren vermuteten, etwas zu hören.

„Gute Nacht, Kröte"

Gekonnt ignoriert schlich ich mich hoch und klopfte zaghaft, beinahe Lautlos an der Tür von Remi. Sofort vernahm ich seine freundliche Stimme, die nahezu immer für gute Laune sorgte. Also ging ich in das Zimmer und entdeckte ihn eingekuschelt in seinem Bett, während er Prison Break schaut. Unwissend, wie ich jetzt handeln sollte, stand ich, wie angewurzelt im Türrahmen, bis er die Decke aufschlug und auf die freie Stelle klopfte.

Mit einem breiten Grinsen schloss ich die Tür, hüpfte in das Bett und kuschelte mich an seine Brust, wo das Herz wild klopfte.

A/n: Momentan hüpfe ich von Erkältung zur Erkältung. Wie geht es euch?

Ich mochte euch nicht länger warten lassen, aber irgendwie hat mich dieses Kapitel nicht zufriedengestellt. Als Nächstes kommt das Straßenfest und wir bekommen mehr Roi und Keyla Momente ❤️

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt