Saphire

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Roi

Als die Sonnenstrahlen ihre Augen zum Flackern brachten, flüsterte ich meiner Kröte ein leises „Guten Morgen" zu. Trotz meiner kurzen Nachtruhe verbrachte ich die Zeit damit, in ihrem Zimmer zu stöbern oder ihr beim Schlafen zuzusehen. Ich folgte dem Mindestabstand, den sie mir am Abend deutlich signalisiert hatte, jedoch kuschelte sie sich plötzlich an mich, als ich fast eingeschlafen war. Ich spürte ihre Wärme auf meiner Brust, während sie meinem Herzschlag unterbewusst lauschte. Ihre Atmung passte fast genau zu meinem Herzschlag. Diese Berührung ließ etwas in mir aufleben, wie ein Feuerwerk, das durch ihr Feuer entfacht wurde. Von da an war Schlaf undenkbar.

„Guten Morgen", erwiderte sie und ihre Stimme klang weniger schmerzhaft als in der Nacht zuvor. Ihre Augen funkelten mir mit einer Mischung aus Verwirrung und Belustigung entgegen, wie Saphire in der Dunkelheit.

Wir lagen eine Weile im Bett und tauschten schweigende Blicke aus. Die Spannung zwischen uns war deutlich spürbar und ich konnte förmlich das Knistern in der Luft fühlen.

„Was geht dir durch den Kopf?" Ihre Stimme war leise, aber voller Neugier. Ich zögerte einen Moment, da mir die passenden Worte fehlten.
„Ich denke darüber nach, wie kostbar dieser Moment ist und wie sehr ich ihn zu schätzen weiß" Meine Worte füllten den Raum mit einem Hauch von Zärtlichkeit und Keyla lächelte sanft. Langsam veränderte sich die Atmosphäre zwischen uns, als ob ein unsichtbares Band uns zusammenführte. Ich legte meine Hand behutsam auf ihre Wange und spürte, wie mein Puls bei der zarten Berührung pulsierte. Ein schüchternes Lächeln schlich sich auf Keylas Lippen. In diesem Moment schienen die Stunden stillzustehen und ich konnte nicht anders, als mich in ihren Augen zu verlieren.

Die beiden funkelnden Saphire leuchteten in einem intensiven, tiefen Blau, das die Farbe des Ozeans bei Sonnenaufgang widerspiegelte. Ihr Glanz war so strahlend und klar, dass man sich förmlich in ihnen verlieren konnte, wie in einem endlosen Meer aus Reinheit und Schönheit. Jeder Blick in ihre funkelnden Facetten entfachte ein Gefühl der Ehrfurcht und des Staunens über die Schönheit der Natur.

In einem plötzlichen Anflug überkam mich das Verlangen, Keyla zu küssen. Es war, als ob eine unsichtbare Kraft mich zu ihr zog und mich drängte, ihre Lippen zu berühren. Die Nähe zwischen uns sollte noch intensiver werden. Mein Herz hämmerte wild, als ich mich langsam zu ihr hinüberneigte, von dem Verlangen erfüllt, ihre Wärme und Zärtlichkeit zu spüren. Doch in dem Moment, als ich kurz davor war, meine Lippen auf ihre zu legen, durchbrach das Klingeln meines Handys die Stille. Ein unwillkürliches Seufzen entkam mir, als ich das Geräusch bemerkte, das die Magie des Augenblicks jäh zerbrach. Keyla zog sich zurück, Verwirrung blitzte in ihrem Gesicht auf, während ich einen Blick auf mein Handy warf. Meine Mutter verlangte ein sofortiges Gespräch, wodurch die Nachricht meine ungeteilte Aufmerksamkeit erforderte. Der so nah erscheinende Kuss war plötzlich außer Reichweite.

"Es tut mir leid. Ich muss gehen" sagte ich, obwohl ich es nicht wollte. Doch meine Mutter war der wichtigste Mensch in meinem Leben und ich musste ihr Gehör schenken. Es wurde mir erst viel später klar, aber vielleicht hätte ich es Keyla sagen sollen. Dann hätte ich nicht die falschen Blumen gesät.

„Ich bin froh, dass dein Handy rechtzeitig geklingelt hat" Keyla kletterte aus ihrem Bett, öffnete den Kleiderschrank und zog sich verschiedene Teile heraus.

„Jetzt stoß mich nicht wieder von dir, Kröte"

„Was hast du dir erhofft, Roi? Dass heute Morgen alles wieder gut sein würde? Dass der ganze Schmerz einfach verschwinden würde? Sag mir endlich, was du von mir willst", sagte sie mit klaren und harten Worten. Doch ich verstand, was sie mir wirklich sagen wollte. Keyla war verwirrt von ihren Gefühlen für mich, von meiner anderen Art ihr gegenüber und den Streitereien mit meinem Bruder.

„Ich weiß es nicht, Kröte. Aber ich weiß, dass ich in deiner Nähe sein will, dein Lächeln sehen muss und du dich mir wie gestern öffnest", erläuterte ich ihr, während mein Handy in der Hosentasche erneut klingelte, doch dieses Mal, schaltete ich es auf stumm.

„Ich will dieses Hin und Her nicht, Roi. Ich will kein Spielzeug sein, das nur benutzt wird, solange es interessant ist"

„Du bist etwas Besonderes, Keyla. Wie kannst du glauben, uninteressant zu werden?", erwiderte ich, meine Worte sanft und aufrichtig.

„Sagt jemand, der mich siebzehn Jahre nicht gesehen hat und nichts außer Hass für mich empfand"

„Kröte, ich habe dich durch jede Phase deines Lebens begleitet, von deinen Barbie-Jahren bis zu deinem rockigen Stil. Ich erinnere mich daran, wie sehr du Pilze geliebt hast, bis du plötzlich die Lust daran verloren hast. Deine Haare habe ich in Rot, blond und Braun gesehen und ich erinnere mich auch daran, wie du dachtest, dass High Heels attraktiver für Jungs seien als Sneakers. Ich war immer an deiner Seite, habe dich bewundert und beschützt, denn im Gegensatz zu mir wusstest du immer, was du wolltest" Ich trat einen Schritt näher an sie heran.

„Ich denke, ich habe erkannt, dass unsere Gefühle füreinander nicht von Hass geprägt waren. Ja, an manchen Tagen gab es Abneigung, aber an den meisten anderen Tagen war es ein Wunsch der Verbundenheit", die Worte überkamen mich, als kämen sie direkt aus meiner Seele und mussten einfach aus mir herauskommen. Ich hatte Angst, dass sie mich zurückweisen könnte.

„Keyla, Mama sucht dich", rief ihre kleine Schwester plötzlich, als sie ohne Vorwarnung ins Zimmer stürmte. Doch sie blieb stehen, als sie uns dicht voreinander stehen sah. Keyla wich zurück, realisierte die Worte von Fleur und stürmte an mir vorbei. Das Gespräch war vorerst beendet, aber ich würde dafür sorgen, dass es einen zweiten Teil geben würde.

Ich kletterte über den Balkon zurück in mein Zimmer, wechselte meine Kleidung und suchte meine Mutter, um mich sofort für die Verspätung zu entschuldigen. Doch als ich ihre leichte Panik sah, überkam mich eine Sorge.

„Was ist hier los?", fragte ich meine Mutter, meinen Vater und meinen Bruder, die alle am Tisch saßen.

„Es steht ein heftiger Sturm bevor", antwortete meine Mutter. „Ich war eben einkaufen, aber die Leute sind außer Kontrolle"

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt