Finsternis

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Keyla

Das Letzte, was ich wahrnahm, war seine Umarmung, in der ich mich geborgener als je zuvor fühlte und die funkelnden Sterne in meinem Sichtfeld. Langsam schloss ich meine Augen, ließ mich von der friedlichen Atmosphäre einlullen und spürte, wie der Schlaf mich übermannte. Doch anstatt in einer traumhaften Welt zu verweilen, fand ich mich plötzlich in einer anderen, dunkleren Welt wieder.

Die Dunkelheit umhüllte mich wie ein schwerer Mantel und die friedliche Stimmung des Sternenhimmels wich einer beklemmenden Stille. Schatten huschten umher, flüsternde Stimmen hallten durch die Finsternis und ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. In dieser Welt war ich wieder allein, ohne Rois beruhigende Präsenz.

Ich versuchte, mich zu orientieren, doch alles schien sich zu drehen. Jede Richtung, die ich einschlug, führte nur tiefer in die Dunkelheit. Plötzlich tauchte ein vertrautes, aber zugleich fremdes Gesicht auf. Der Mann, seine Mimik verzerrt und von Schmerz gezeichnet. Erinnerungen an vergangene Fehler und verlorene Chancen prasselten auf mich ein, wie Geister, die mich heimsuchten.

„Keyla", krächzte der Mann und kam ein paar Schritte auf mich zu. Seine Hand streckte sich nach mir aus, als wolle er mich berühren, doch obwohl er scheinbar Kilometer entfernt war, fühlte sich seine Präsenz beängstigend nah an. Sein Blick bohrte sich in meine Seele und eine eisige Kälte durchzog meinen Körper. Panik stieg in mir auf und ich wollte weglaufen, doch meine Beine gehorchten mir nicht.

„Beruhig dich, Kröte. Ich bin hier", es war Roi, der plötzlich neben mir stand und meine Hand hielt. Durch ihn gewann ich an Mut und konnte den Versuch wagen, meinen Träumen auf den Grund zu gehen.

„Wer bist du?", flüsterte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch.

Der Mann lächelte, ein kaltes, unheimliches Lächeln, das keinen Trost, sondern nur Angst brachte. „Du weißt genau, wer ich bin", antwortete er, seine Stimme rau und schneidend.

„Lass mich in Ruhe", schrie ich und schüttelte den Kopf, während ich versuchte, den drohenden Schatten aus meinem Bewusstsein zu verbannen.

„Hab keine Angst, Keyla", Roi war hier, bei mir. Er war der Schutzschild an meiner Seite, der mich vor die Gefahr bewahrte.

Der Mann trat näher und ich konnte den Gestank von Rauch und Verzweiflung riechen.

Lass dich von ihm führen" Lass dich von ihm führen. Lass dich von ihm führen, wiederholte ich seine Worte in meinen Gedanken.

Mein Herz raste, meine Gedanken wirbelten durcheinander und doch ging ich einen Schritt auf den Fremden zu.

„Wer bist du?"

„Ich bin ein Teil von dir. Ein Teil deiner Vergangenheit" Was meinte er damit? Welche Vergangenheit? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, nur das Bedürfnis zu entkommen war überwältigend.

Gerade als ich glaubte, vor Angst den Verstand zu verlieren, hörte ich eine vertraute Stimme, die durch den Nebel meiner Panik drang. „Du musst dich deinen Dämonen stellen"

„Du bist ein Teil von mir", wiederholte ich die Worte des Mannes, ohne die Bedeutung zu kennen. Ich ging einen mutigen Schritt auf ihn zu, lauschte dem Wind, der um uns herum wehte.

„Hab keine Angst vor mir", sprach der Mann und inmitten dieser düsteren Szenerie blitzte ein kleiner Lichtstrahl auf. Ich folgte ihm, klammerte mich an die Hoffnung, dass dieser Albtraum mir die Wahrheit nennen könnte, doch je näher ich dem Licht kam, desto heller es wurde, erkannte ich die Gestalt genauer.

„Du bist mir fremd", hauchte ich.

„Sieh genauer hin, Keyla. Sieh mich an", schrie der Mann und krümmte sich vor Schmerz. Seine Stimme hallte in meinem Kopf wieder und ich konnte den Schmerz und die Verzweiflung in seinen Augen sehen, die sich in tiefe Falten gruben. Der Anblick war erschreckend, als ob ich in ein vergessenes Kapitel meines eigenen Lebens blickte.

„Ich kann nicht", flüsterte ich, meine Stimme zitternd und obwohl ich den Mann ansah, war sein Gesicht verschwommen.

„Du kannst alles schaffen. Du bist meine Keyla", ich war seine Keyla. Seine Freundin.

„Ich muss", drängte ich mich, meine Augen fixierten seine mit einer Intensität, sodass er sich nicht mehr lösen konnte.

„Erkenne mich. Erkenne die Wahrheit.", meine Umgebung verschwand und ich fühlte, wie ein Strudel aus Erinnerungen gezogen wurde. Bilder flackerten vor meinem inneren Auge auf: dieses Muttermal.

Der Schock trieb mir die Luft aus der Lunge. Roi hechtete an meine Seite, fing mich auf und einem letzten Kraftakt griff ich nach seiner Hand. Ich spürte die vertraute Wärme seiner Berührung und wurde aus der düsteren Welt in die Realität zurückgeholt. Mein Atem ging schnell, mein Herz hämmerte in meiner Brust, aber ich war wieder in Rois Armen, sicher und geborgen. Ich schlug meine Augen auf und sah sein besorgtes Gesicht über mir.

„Es war nur ein Traum", sagte er sanft. „Ich bin hier. Alles ist gut."

Ich klammerte mich an ihn, mein Herz immer noch wild pochend, aber die Dunkelheit des Traums begann zu verblassen. In Rois Armen fand ich den Anker, den ich brauchte.

„Danke", flüsterte ich, meine Stimme brüchig. „Ich hatte solche Angst."

„Ich bin immer für dich da", versicherte er mir und strich mir beruhigend über das Haar. „Nichts und niemand wird dir etwas anhaben können, solange ich bei dir bin"

Langsam beruhigte sich mein Herzschlag und meine Angst wurde durch seine wohltuende Nähe ersetzt. In diesem Moment wusste ich, dass ich, egal wie dunkel die Träume auch sein mögen, immer einen Weg zurück ins Licht finden würde, solange Roi bei mir war.

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt