Hass/Liebe

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Roi

„Wann wirst du ihr sagen, dass du sie liebst?" Nachdem ich aus der Dusche gekommen war, fand ich Keyla in frischer Kleidung in meinem Bett vor, wo sie eingeschlafen war. Bevor ich in die Küche ging, um etwas zu essen für uns zu holen, habe ich sie sorgfältig hingelegt und warm zugedeckt. Im Türrahmen des Wohnzimmers stehend, beobachtete ich Léon, der vor dem Kamin saß und dem Knistern des Feuers und dem Wind lauschte, der gegen die Fenster peitschte. Er hatte mich nicht kommen sehen, aber dennoch schien er zu spüren, dass ich da war. Als er über etwas sprach, von dem ich keine Ahnung hatte, zog ich meine Augenbrauen zusammen. Mein Blick wanderte zwischen Léon und dem Kaminfeuer, während ich versuchte, den Zusammenhang zu verstehen.

"Es ist schwer für Außenstehende, den Hass zu definieren, besonders in Situationen, in denen man drei Monate lang die Welt bereist und beobachtet, wie ein bestimmtes Mädchen jedes Mal ein Lächeln auf sein Gesicht zaubert, wenn sie nur mit ihm spricht. Oder wenn man in der Stille der Nacht den Namen dieses Mädchens flüstern hört, als wäre sie der einzige Traum, der in den Köpfen der Menschen existiert. Obwohl du mir nie von ihr erzählt hast, war mir von Anfang an bewusst, wer sie war, als sie vor uns stand. Es lag in der Art, wie deine Augen strahlten, ähnlich wie damals, als du deine Mutter anriefst, um nach dem Wohlbefinden deiner Familie zu fragen, aber in Wirklichkeit warst du nur an einer einzigen Person interessiert. Ich konnte deutlich sehen, wie schwer es für dich war, ihre Anrufe abzuweisen, denn du warst davon überzeugt, dass du erst herausfinden müsstest, wer du wirklich bist. Doch hast du jemals darüber nachgedacht, dass sie vielleicht diejenige ist, die dich zu dem macht, wonach du schon immer gesucht hast? Es muss nicht zwangsläufig ein Ort oder eine bestimmte Eigenschaft sein, Roi. Manchmal ist es ein Mensch, der alles ist, was wir wirklich an unserer Seite brauchen. Du hast oft betont, wie sehr du sie hasst, wenn ich nach ihr gefragt habe, aber das, was du fühlst, ist kein Hass. Das ist Liebe" Die Worte durchdrangen meinen Verstand, obwohl mein Kopf sie nicht ganz begreifen konnte. Sie hallten wieder und wieder in meinem Geist wider: Das ist kein Hass. Das ist Liebe.

Mein Rückzug war wie ein Stolpern, als würden Schläge auf mich niederprasseln, ähnlich dem Regen draußen. Jeder Schritt fühlte sich schwer an, belastet von der plötzlichen Erkenntnis und den Emotionen, die mich überwältigten. Ich eilte die Treppe hinauf, das Bedürfnis, zu Keyla zurückzukehren, brannte in mir. Ich musste sie ansehen, in ihre Augen blicken, um herauszufinden, ob Léon recht hatte. Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf, als ich den Flur entlang lief, die Unsicherheit über meine Gefühle und die Suche nach Klarheit trieben mich vorwärts. In diesem Moment hielt ich plötzlich inne. Da stand sie vor mir, sich suchend im Kreis drehend, als würde sie nach mir Ausschau halten. All meine unterdrückten Gefühle überwältigten mich auf einmal. Mit einem Sturm der Leidenschaft eilte ich auf sie zu, ergriff ihr Gesicht mit meinen Händen und presste meine Lippen voller Sehnsucht auf ihre.

Der Kuss war intensiv, ein Ausdruck all der Emotionen, die ich so lange in mir getragen hatte. Es war, als ob die Welt um uns herum verschwand und nur noch wir beide existierten, verbunden durch diesen Moment der Leidenschaft. Ich spürte, wie sich etwas in mir löste, wie all die Zweifel und Unsicherheiten verblassten und einem Gefühl von Klarheit und Gewissheit wichen. Als wir uns voneinander lösten, sahen wir uns tief in die Augen. In diesem Moment begann ich zu begreifen, dass das, was ich für Hass gehalten hatte, in Wirklichkeit eine Form von Liebe sein könnte – eine Liebe, die so stark war, dass sie sich in meinem Inneren versteckte und sich in meinen Handlungen und Worten manifestierte. Es war ein seltsames Gefühl der Befreiung, die Akzeptanz dieser Wahrheit zu spüren und zugleich eine Angst davor, was sie bedeuten mochte für mein Leben und meine Beziehung zu ihr.

„Was tust du, Roi?", fragte sie mit schwerem Atem. Ich sah sie an, mein Herz pochte laut in meiner Brust, während ich versuchte, die richtigen Worte zu finden. "Ich folge meinem Herzen", antwortete ich schließlich leise, meine Stimme von Emotionen gefärbt.

Dieses Mal war es sie, die ihre Lippen auf meine presste und sofort entflammte eine nicht zu bändigende Leidenschaft, die mich mit jedem einzelnen Kuss süchtig machte. Meine Zunge bat um Einlass, den sie mir sofort gewährte und wir spielten im Einklang miteinander, während unsere Lippen sich gegenseitig erkundeten. Wir stolperten zurück, bis wir an der Wand haltmachten. Ich hob sie hoch und sie schlang ihre Beine um mich, ohne den Kuss zu unterbrechen. Es war, als würden wir eins werden, verschmolzen in diesem Moment der innigen Verbundenheit. Trotz des gefährlichen Kribbelns in meiner Hose bemühte ich mich, dieses Gefühl standhaft zu unterdrücken. Sie war Jungfrau und ich wollte nicht, dass sie bei einem impulsiven Moment ihre Unschuld verlor. Vielmehr sehnte ich mich danach, einfach bei ihr zu sein, sie in meinen Armen zu halten und ihren lieblichen Duft einzuatmen. Es war mehr als nur physische Anziehung; es war das Verlangen, sie auf einer tieferen Ebene zu verstehen und zu lieben.

Schwer atmend löste ich mich von ihr und schloss leise die Tür meines Zimmers, an der wir uns festgehalten hatten. Dann trug ich sie behutsam zu meinem Bett und legte sie darauf. Ich bat sie, Platz zu machen, und kuschelte mich dann eng an sie. Ich nahm sie fest in meine Arme und genoss die Wärme ihres Körpers, während ich einfach nur da lag und den Moment mit ihr in mich aufsaugte.

In dieser Nacht war an Schlaf nicht zu denken, denn wir verbrachten Stunden damit, uns zu unterhalten. Wir teilten unsere Gedanken, Träume und Ängste miteinander und es fühlte sich an, als ob wir uns auf einer ganz neuen Ebene verbunden hätten. Die Zeit schien stillzustehen, während wir uns in die Tiefen unserer Herzen vortasteten und uns einander öffneten wie nie zuvor. Es war eine Nacht voller Intimität und Vertrauen, die uns noch enger zusammenbrachte.

A/n: Ich wollte es euch nicht vorenthalten, aber dafür lesen wir uns erst am Dienstag wieder❤️

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt