Kröte

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Roi

„Wo bringst du mich hin?", fragte Keyla, während ich sie durch die enge Seitengasse führte, auf dem Weg zu einer Überraschung.

„Wirst du jeden Moment sehen", antwortete ich, bog an der letzten Ecke ab und blieb vor dem kleinen Laden stehen.

„Wir sind da", verkündete ich mit einem Lächeln.

„Ein Tattoostudio?", fragte sie entsetzt, ihre Augen weiteten sich vor Überraschung.

„Ja", sagte ich sanft und nahm ihre Hand. „Ich dachte, es wäre der perfekte Ort, um etwas Bleibendes zu schaffen"

„Was hast du vor?" Keyla schaute mich an, immer noch überwältigt.

„Ich verewige dich auf meiner Haut", sagte ich und drückte ihre Hand fest. Wir betraten das Studio zusammen und der Ladenbesitzer begrüßte mich sofort mit einem breiten Lächeln.

„Roi, schön dich zu sehen!", rief er. Er hatte bereits einige meiner Tattoos gestochen, darunter das Gänseblümchen.

„Hey, Tom", antwortete ich. „Das ist Keyla, meine Freundin."

„Willkommen, Keyla. Schön, dich kennenzulernen. Ich hab schon vieles von dir gehört", sagte Tom und nickte ihr zu. Sein Lächeln war freundlich, aber ich konnte sehen, wie Keyla leicht errötete. Mir war es ebenfalls kurz unangenehm, dass er ihr verraten hatte, dass er ihren Namen bereits kannte.

„Tom, du plauderst schon wieder zu viel", scherzte ich leicht, um die Stimmung aufzulockern.

„Ach, keine Sorge", erwiderte Tom lachend. „Das gehört doch dazu. Aber jetzt mal im Ernst, was kann ich für euch tun?"

„Ich habe dir eine Vorlage mitgebracht. Wenn du sie dir anschauen magst, dann hätte ich sie gerne auf meiner Brust gestochen", sagte ich und reichte Tom die kleine Skizze, die ich selbst gezeichnet hatte. Keyla sah mich mit großen Augen an, denn sie wusste natürlich nicht, was sich auf diesem Zettel befand.

Tom nahm den Zettel entgegen und betrachtete die Skizze. „Das sieht großartig aus, Roi. Ich fertige eine Vorlage an, dann können wir loslegen." Er verschwand an seinen Schreibtisch, um die Zeichnung zu bearbeiten. Keyla und ich setzten uns an einen der Tische im Wartebereich.

„Was hast du gezeichnet?", fragte sie leise und sah mich neugierig an.

„Du wirst es bald sehen" Ich lächelte geheimnisvoll und drückte ihre Hand. Sie erwiderte mein Lächeln und lehnte sich an mich. Die Minuten vergingen und wir saßen einfach da, genossen die Ruhe und die Vorfreude auf das, was kommen würde. Nach einer Weile kam Tom zurück.

„Alles fertig. Bist du bereit?", fragte er mit einem breiten Lächeln. Ich nickte und stand auf, zog Keyla mit mir.

„Bereiter als je zuvor", sagte ich entschlossen und folgte ihm zum Tätowierstuhl. Keyla setzte sich neben mich und hielt meine Hand, als Tom anfing, die Vorlage auf meine Brust zu übertragen, an die Stelle, wo mein Herz schlug. Ich konnte den nervösen Blick in ihren Augen sehen, aber auch das Funkeln der Neugierde.

„Das wird etwas ganz Besonderes, Keyla", flüsterte ich, während die Nadel begann, ihre Arbeit zu tun.

„Ich erkenne leider nicht so viel. Seine Hand ist im Weg", schmunzelte Keyla. Ich grinste zurück, trotz des brennenden Schmerzes, der sich langsam in ein erträgliches Pochen verwandelte. Der Schmerz, den die Nadel verursachte, war unbeschreiblich. Es tat weh, aber gleichzeitig fühlte es sich auch gut an. Ein seltsamer, süchtig machender Reiz, der mich durchströmte.

„Du wirst es gleich sehen", sagte ich, meine Stimme ein wenig angespannt. Keyla lehnte sich näher, versuchte einen besseren Blick auf Toms Arbeit zu erhaschen. Ihre Nähe und die warme Berührung ihrer Hand gaben mir Halt. Ich biss die Zähne zusammen und ließ den Schmerz über mich hinwegspülen, konzentrierte mich auf das Endergebnis.

„Möchtest du auch ein Tattoo, Keyla?", löste Tom plötzlich die kurze Stille auf. Keyla zuckte zurück und schien zu überlegen, was sie antworten sollte.

„Ich habe ehrlich gesagt, noch nie darüber nachgedacht", gestand sie ehrlich, ihre Augen wanderten von Tom zu mir und wieder zurück.

„Ich habe Zeit, falls du auch eins haben magst", bot ihr Tom an, ein freundliches Lächeln auf den Lippen.

Keyla zögerte, ihre Finger spielten nervös miteinander. „Ich... weiß nicht", sagte sie leise.

„Mach es nur, wenn es das Richtige für dich ist", stimmte ich ihr zu, ihre Hand in meine nehmend. Sie sah mich an, ihre Augen suchten nach Antworten in meinen. Schließlich atmete sie tief durch und nickte.

„Okay, ein kleines"

„Hast du eine Idee, was du möchtest?" Keyla überlegte einen Moment.

„Ein Gänseblümchen. Genau wie das, was du hast, Roi. Es ist meine Geburtsblume und gleichzeitig könnte es ein Symbol für uns sein"

„Eine wunderbare Wahl", sagte Tom. „Ich fertige gleich eine Skizze an"

Minuten vergingen und die Geräusche der Tätowiermaschine füllten den Raum. Tom arbeitete präzise und schnell, wie immer. Schließlich legte er die Nadel zur Seite und wischte mein frisches Tattoo sauber.

„Fertig", verkündete er und trat beiseite, damit Keyla es sehen konnte. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Zeichnung erkannte. Auf meiner Brust prangte ein detailgetreues Abbild von einer Kröte.

„Oh, Roi", hauchte sie, Tränen glitzerten in ihren Augen. „Es ist wunderschön."

„Etwas, das zeigt, wie sehr ich dich liebe" Ich griff nach ihrer Hand und zog sie näher zur mir.

Während Tom zeichnete und wir die Plätze tauschten, hielt ich ihre Hand fest. „Bist du dir sicher, Kröte?"

„Ja, ich bin sicher. Ich möchte dieses Symbol immer bei mir tragen" Sie nickte entschlossen.

Kurz darauf war Tom fertig und zeigte seine Vorlage Keyla. Sie lächelte zufrieden und nickte zustimmend. Tom begann mit der Arbeit und ich blieb die ganze Zeit an Keylas Seite, hielt ihre Hand und sprach beruhigend auf sie ein. Der Schmerz war für sie überraschend erträglich und als das Tattoo schließlich fertig war, betrachtete sie das Gänseblümchen auf ihrem Handgelenk mit einem stolzen Lächeln.

„Es ist wunderschön", flüsterte sie, Tränen der Freude in den Augen. Ich zog sie in eine liebevolle Umarmung. Wir blieben eine Weile so stehen, verloren in unserem Moment, während Tom leise den Raum verließ und uns die Zeit ließ, die wir brauchten.

𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗟𝘂𝗳𝘁𝘀𝗽𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗲𝗻𝘁𝗳𝗲𝗿𝗻𝘁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt