Blair
Ich jogge bereits 40 Minuten, der Schweiß auf meinem Körper kühlt sich einfach nicht ab, dafür ist die Nacht viel zu schwül, das stört mich aber nicht.
Ich liebe es, wenn ich spüre, wie meine Muskeln arbeiten, wie mein Herz rhythmisch in meiner Brust pocht, mir die Sicherheit gibt zu Leben. Ich war nie sportlich, außer man nahm den regelmäßigen Weg laufen als sportlich. Ich war eher pummelig und grau, ich wollte mich immer verstecken, nie auffallen.
Jetzt ist es nicht groß anders, außer dass mein Körper über die Jahre geformt wurde, meine Kurven sind straff, meine Muskeln sind nicht mehr schwach und doch möchte nicht auffallen. Ich möchte einfach nur ein sicheres Leben führen können.
Dazu benötige ich aber einen Abschluss, den möchte ich auch umbringt machen und zwar hier. Nicht Zuhause unter einem sicheren Dach, was bringt es mir wen ich mich mein Leben lang verstecke?
Außer Sicherheit? Die möchte ich zwar unbedingt, aber ich möchte auch Leben!
Schon im Krankenhaus war mir bewusst, dass ich niemals zu 100% sicher sein kann, auch wenn viele Menschen behaupten, dass kein weiteres schlimmes Ereignis in einem Leben passiert, ich bin da anderer Meinung.Nur weil eine einzige Person einmal die Hölle durchlebt und sie überlebt hat, bedeutet es nicht, dass diese Person damit nie wieder etwas Schlimmes widerfahren wird.
Obwohl ich Angst habe, obwohl ich von Albträumen heimgesucht werde, möchte ich nicht aufgeben, möchte ich gewappnet sein.Genau deswegen habe ich einen Selbstverteidigungskurs besucht, zwei Jahre lang, bis die Trainerin mir ihrem Mann vorgestellt hat. Es war hart für mich jemanden anderen zu vertrauen aber ich wusste diese Menschen wollten mir helfen. Also besuchte ich bei ihm mehrere Kurse, Jiu Jitsu, Judo, Karate, Kendo, Kickboxen, Kravmaga um genau zu sein. Ich bin kein Profi, aber dieser Sport hat mir mein Selbstbewusstsein zurückgebracht und mir Sicherheit auf der offenen Straße gegeben, außerdem Menschen, die wie ich üble Erfahrungen gemacht haben.
Ich war nicht mehr alleine mit meiner Angst, denn meine Eltern hielten es für wichtiger, mich auf eine Schönheitsfarm zu bringen, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Sie nannten es Kur, wo ich mich seelisch und körperlich erholen sollte, ich bekam dort zwar Therapeuten, aber in erster Linie ging es darum, mein Äußeres zu verändern. Zu lernen, wie ich meinen Körper in Szene setzen kann.
Unnötig!
Das wollte ich nie und das wussten die Therapeuten dort auch, der Wunsch, jemand anderer sein zu können, kam erst später, sie alle arbeiteten hart mit mir, nebenbei lernte ich, wie ich mich zu schminken habe, wie ich meine Haare machen kann. Welche Kleiderwahl die richtige ist…
Unnötig und doch habe ich heute eine Leidenschaft zu Mode, auch wenn sie mittlerweile zurückgeht. Mein Kleiderschrank ist gut bestückt, mein Äußeres ist zu 180 Grad anders als noch vor 4 Jahren.
Ich habe Brüste, ich bin größer, kräftiger… alles ist irgendwie anders.
Mit meinen 1,73 bin ich recht groß geworden, meine damaligen dunkelbraunen Haare sind jetzt lang und blond, natürlich gefärbt, aber es ging mir darum, mir selber beweisen zu können, dass ich mich ändern kann. Auch wenn ich heute weiß das eine äußerliche Veränderung nichts bewerkstelligen kann, behalte ich mein Äußeres bei.Ich gefalle mir, ich habe mich akzeptiert mit all meinen Narben, denn die weichen heute oberflächliche Bilder.
Gut, ich wollte mich auf Biegen und Brechen verstecken..
Hat nichts gebracht, das weiß ich jetzt, nun ist es aber so und ich finde mich hübsch, ich finde mich stark. Also was soll’s nicht wahr?An einer Parkbank lehne ich mein Bein an die Rückenlehne und dehne meine Sehnen und Muskeln. Eine Stunde bin ich bereits unterwegs, so langsam dröhnen mir die Ohren gewaltig, etwas genervt von DeepStep schalte ich die Musik aus und stecke alles zu dem Pfefferspray in meine Seitentasche der Leggins. Mein Atem ist bereits wieder ruhiger, ein Hoch auf meine Lehrer, sie haben alles gegeben, damit ich meine Leistungen stetig steigern kann.
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Die Ketten der Angst
Storie d'amoreIn ihrer Vergangenheit hat die junge Blair schreckliche Erfahrungen machen müssen. Von Mobbing geprägt, in Depressionen gestürzt, die Angst, die jede ihrer Bewegungen verfolgt hat, hat sich Blair befreien können. Doch nur, weil ihre Peinigerin dac...