67 - Duschräume
"Hey! Hört wenigstens zu! Das ist wirklich wichtig!"
Ich zuckte zusammen und zog schuldbewusst den Kopf aus dem Schnee. Ich hatte unter der dicken Schneedecke eine Maus gehört und war aus Reflex wie ein Fuchs Kopf voran in die Kälte gesprungen. Ich war halb stecken geblieben und Clara versuchte, mich an der Schijacke herauszuziehen. Dem zufolge hatten wir nicht wirklich aufgepasst, während der Schilehrer uns die Sicherheishinweise erklärte. Allerdings hörte niemand so wirklich zu. Wir hatten eine Lawinenschutzübung hinter uns und die Hälfte der Gruppe hatte das seltsame Verlangen, sich im Schnee zu vergraben. Der Tutor begann weiter zu reden, ich steckte meinen Kopf zurück in den Schnee und kam erst wieder heraus, als Clara mir einen Schneebrocken auf den Hintern schoss und schnauzte: "Clara an Undersnowcover Caro, wir brechen jetzt auf!" "Mpfffm...", war meine geistreiche Antwort.
Wir waren in die Gruppe eingeteilt, die bereits halbwegs Schifahren konnte, also ignorierte uns der Lehrer und ließ uns einfach alleine, vermutlich weil er keinen Bock hatte, sich weiter mit uns abzugeben. Wir klapperten also die meisten Pisten des Schigebiets nacheinander ab und erkundeten das Gebiet. Den ganzen restlichen Tag verbrachten wir damit und am Abend hatte ich die Schnauze voll (Schnee).
"Kkk...kaaaaaaaalt!", beschwerte ich mich bei Clara, als wir die Herberge betraten. "Aaaach ne?", schnauzte sie mich lachend an und deutete auf ihre Haarspitzen, die eingefroren waren. "Du hast da eine Kleinigkeit.", meinte Luca hinter mir und tippte mir auf den Rücken. Ich hob meine Haare, die mir über den Rücken hingen und musste leider feststellen, dass Schneeklumpen daran hingen. Ich kam mir vor wie ein Hund, an dessen Bauchfell diese Dinger immer hingen und von denen es tausende Videos gab, wo sie es nicht abkriegten.
"Waaahhh! Schnell unter die Dusche!" "Was? Mit uns?", grinste Thomas zweideutig. "Wag es und ich reiße dir deine Augen raus, lagere sie ein und benutze sie als Halloweendekoration." "Das war eine Ansage.", meinte Luca und trat vorsichtshalber drei Schritte zurück. Ich warf den Kopf in den Nacken und stolzierte mit Clara im Schlepptau richtung unseres Zimmers. Als ich mich aus den nassen Schisachen schälen konnte, war es die Erleichterung meines Lebens. So musste sich eine Schlange beim Häuten fühlen. Leider konnten wir nicht sofort duschen gehen, wir mussten erst ein Gemüse-Abendessen über uns ergehen lassen. Dann aber machten wir uns mit zwei Tonnen Handtüchern und Duschzeug auf den Weg ins Erdgeschoss. Die Duschräume waren winzig, kleine Kabinen unterteilten die einzelnen Plätze. Ich suchte mir eine Kabine aus, legte meine Handtücher und Klamotten davor auf die Ablage und betrat die Kabine. Das warme Wasser war göttlich. Würde mir jetzt jemand einen Lolli anbieten um mich in einen weißen Van zu locken, ich würde ihn vor Glücksseeligkeit sofort annehmen. Bevor ich noch anfing rumzustöhnen -was in einer Duschkabine, in der ich alleine war, nicht angebracht wäre - shamponierte ich mir die Haare ein.
Als ich das Brennen in meinem Auge spürte, wusste ich bereits, dass es zu spät war. Mir war Seife in die Augen geraten und bei Soewas war ich nunmal sehr empindlich. Mit geschlossenen Augen stolperte ich zu meinem Handtuch, wobei ich die Seifenreste am Boden übersah, ausrutschte und mit einem lauten Quieken gegen die Duschkabine knallte. Mit einem Schnaufen und einem deftigen Fluch richtete ich mich auf, während Clara sich in der anderen Kabine einen ablachte. Ich runzelte die Stirn. Ich hatte Schritte gehört. "Caro, warst du das grade?", hörte ich Lucas belustigte Stimme. "IHR SEID JETZT NICHT ERNSTHAFT SPANNEN GEGANGEN!", wütete ich und war kurz davor, den Duschkopf abzureißen, der immer noch spöttisch Wasser sprudeln ließ. "Was? Nein nein, natürlich nicht. Es ist nur so, dass die zwei Duschräume nur durch eine Plastikwand getrennt werden, die weder Boden noch Decke berührt, vermutlich, um den Wasserdampf aufzuteilen oder irgendwelchen Schimmel zu vermeiden. Und wir haben dich gehört.", kicherte er. "Wir?", fragte Clara plötzlich neben mir in der Kabine. "Ich bin auch noch hier.", meldete sich Thomas kleinlaut zu Wort. "Na dann, viel Spaß bei eurer Männerdusche. Tse!", meinte ich immer noch beleidigt und trat wieder unter den Wasserstrahl, um mir den Rest Shampoo aus den Haaren zu waschen. Ich hasste diese Dusche jetzt schon. Mit einer kurzen Bewegung drehte ich das Wasser ab und öffnete die Kabine. Während ich mich in mein flauschiges Handtuch wickelte, bemerkte ich, dass die Duschräume von Frauen und Männern tatsächlich nur von einer Kunststoffwand getrennt wurden. Seltsamerweise schoss mir die Röte ins Gesicht und ich begann, mein Schlafgewand anzuziehen. Es setzte sich aus einer langen, bequemen Hose und einem übergroßen T-Shirt zusammen. "Clara? Ich gehe schonmal hoch, ja?" "Ist gut.", meinte sie und ich öffnete die Tür, wobei ein Teil des Wasserdampfes nach draußen entwich. Barfuß tapste ich nach oben in unser Zimmer, wo ich in meine puscheligen Hausschuhe schlüpfte und begann, meine Haare zu föhnen und die Abendroutine durchzuziehen. Hinter mir gammelte Sophia auf ihrem Bett herum, Anna war nirgendwo zu sehen. In Gedanken versunken föhnte ich zwei Minuten lang die gleiche Stelle meiner Haare, als plötzlich Clara hereinkam und dabei kicherte. Ich ließ beinahe den Föhn fallen, als hinter ihr Luca und Thomas hereinkamen. Ich hob eine Augenbraue. "Was macht ihr denn hier?" Anstatt sich zu erklären, lachte er los. "Erzähl lieber mal, was mit deinen Haaren passiert ist!", prustete er. Ich starrte in den Spiegel und entdeckte das Disaster. Ich hatte nur eine Stelle geföhnt, dort standen die Haare frizzelig und trocken ab, der Rest war noch feucht. Ich unterdrückte den Drang, jemandem - vorzugsweise Luca - meinen Kamm an den Kopf zu werfen und versuchte, die Stelle glatt zu kämmen. Irgendwann gab ich es auf und föhnte einfach weiter. Als ich fertig war, hockten die anderen glatt am Boden und spielten Uno. Anscheinend war Anna ebenfalls irgendwann ins Zimmer gekommen. "Was zum...", meinte ich und ging zu ihnen hinüber. "Komm mal her, ich bin gerade dabei zu gewinnen!", quiekte meine beste Freundin begeistert. Ich blickte von oben auf sie herab und stellte fest, dass sie tatsächlich die besten Karten hatte. Länger konnte ich sie nicht betrachten, denn plötzlich packte mich eine Hand an der Hüfte und zog mich auf den Boden, was mir ein schmerzhaftes Zischen entlockte. Wütend sah ich Luca an, der nur schmunzelte und frech sagte: "Du musst jetzt mein Glücksbringer sein!" Ich war kurz davor ihm die Karten aus der Hand zu schlagen, als es an der Tür klopfte. Gerade wollte ich 'Herein' rufen, als mein Blick auf das Fenster fiel. Es war dunkel. Viel zu dunkel. Und sicherlich bereits nach Bettruhe.
Und somit war es auch streng verboten, dass sich jemand in anderen Zimmern herumtrieb.
Oh oh...
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Wolf fact: Wenn Beuteknappheit herrscht, fressen Wölfe kleine Tiere wie Vögel, Eidechsen, Schlangen, Fische und sogar Früchte.
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Allein unter Menschen!
WerewolfNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...