28 - Zeitungspapier ist dicker als Blut

2.7K 263 38
                                    

28 - Zeitungspapier ist dicker als Blut

Ich blinzelte. Draußen schien die Sonne und der Schnee reflektierte das Licht, helle Flecken tanzten auf meiner Zimmerwand. Mit verschwommenem Blick versuchte ich zu erkennen, wie spät es war. Doch die Zahlen auf meinem Wecker sahen immer noch so aus:

/-_\~\||_| 

Alles verschwommen. Warum klärte sich meine Sicht nicht? Ich blinzelte mehrmals und erschrak, als plötzlich etwas meine Wange runterlief.

Och nö.

Seit gestern Abend produzierten meine Tränendrüsen so viel Flüssigkeit, dass meine Augen schon rot angelaufen waren. Aber es hörte einfach nicht auf.

Ich setzte mich schniefend auf und rupfte das zweimillionste Taschentuch aus der Box. Ich zog die Knie an den Körper und starrte trübsinnig auf den Fußboden.

Ich hatte Menschen getötet. Warum konnte ich das überhaupt? Nur der Tod höchstpersönlich sollte die Berechtigung haben, Leben zu beenden. Ich hatte diese Männer einfach mit einem Fußtritt von der Erde gekickt. Vielleicht hatten sie Familie? Frauen, Kinder, Brüder, Schwestern? Die würden jetzt bestimmt am Boden zerstört sein. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie mich getötet hätten, dann wären nicht gleich fünf Menschenleben zerstört worden. War ich wirklich mehr wert als sie? Armselig. Ich war echt schrecklich.

Mittlerweile rannten mir wieder Ozeane die Backen runter. Ich leckte das Salz von meinen Lippen, als mir auffiel wie trocken sie waren. Rissig, wund.

Mühevoll stand ich auf und wackelte ins Bad, wo ich nicht fähig war, meinen Mund in den Strahl zu halten, sondern einfach mein ganzes Gesicht ins Wasser hielt. Teilnahmslos hing ich über dem Waschbecken, wie so ne Drogenabhängige und genoss die Kühle in meinem Gesicht.

Irgendwann hatte ich das Gefühl zu ersticken und hob hustend den Kopf. Mann, ich brauchte jetzt einen Kakao. Ich trocknete mein Gesicht ab, allerdings war es auf der Treppe schon wieder nass vor Tränen. Konnte das nicht mal aufhören?

Ich stolperte über den Wäschekorb am Treppenende, da meine Sicht so verschwommen war. 

Wer hatte das verdammte Teil hier stehen lassen?

Man war ich froh, dass Sonntag war. Wäre ich in die Schule gegangen, hätte ich vermutlich randaliert und wäre dann Amok gelaufen.

Ich betrat das Wohnzimmer und wollte gerade in die Küche gehen, als mir etwas ins Auge fiel.

Auf dem Couchtisch lag unsere zerrupfte Sonntagszeichnung. Da sich hier alle die Gleiche teilten, sah sie ziemlich malträtiert aus, doch die Schlagzeile war trotzdem noch zu lesen:

MÖRDER ERMORDET-DER SPIESS DREHT SICH UM.

Nein oder?

Sprachlos nahm ich die Zeitung mit in mein Zimmer. Dort las ich: Am Sonntag fand eine Frau Leichen in der Seifengasse, offenbar starben die fünf Männer durch den Angriff eines wilden Tieres. Welches ist nicht bekannt. Die Behörden gehen von einem entlaufenen Tier aus dem Zoo aus, der Fall wird geprüft. »Das war eine gesuchte Verbrecherbande, die schon viele Morde und Überfälle auf ihrem Konto hat.« meint der örtliche Polizeichef.

Ich starrte sprachlos die Zeitung an.

Huuuuuuh? Echt jetzt? Ich hatte gesuchte Mörder beseitigt? Ich war nicht verabscheuungswürdig? Mein Gott.

Ich war einfach nur wahnsinnig erleichtert und begann zu schnaufen wie ein Tier. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen, die langsam versiegten und tropmpetete in mein Taschentuch.

Jetzt musste ich mich erst mal beruhigen, also krabbelte ich unter den Schreibtisch.

Falls ihr jetzt denkt ich bin gestört, so ist es auch. Aber unter den Tisch quetschte ich mich nur, weil in meinem Schreibtisch ein Geheimfach war.

Ich fummelte an dem Verschluss herum und pfriemelte ihn schlussendlich auf. Ich tastete mit der Hand in dem Fach und packte die Ecke des Plastiks.

Niemand dürfte je von meinem geheimen Süßigkeitenlager erfahren. Bis jetzt wusste nur Clara davon. Meine Famile war so verfressen, dass im Haus ein geheimer Krieg herrschte. Sobald jemand nicht zuhause war, durchstöberten die anderen das Zimmer, wenn man nicht abschloss.

Nun aber riss ich die Tüte auf und warf mir grinsend ein paar Kaubonbons in den Mund.

Wild kauend dachte ich nach. Gewissermaßen hatte ich der Bevölkerung etwas Gutes getan. Das war gerade nochmal gut gegangen. Aber was, wenn ich nochmals in so eine Situation geriet? Ich konnte doch nicht einfach wahllos Menschen töten, nur weil sie mich bedrängten.

Also was tun?
Moment mal... *Wickie Melodie* *an Nase reib* Ich habs! rufen und schnipsen* *Sterne fliegen sinnlos durch die Luft*

Begeistert setzte ich mich an meinen Laptop und vergewaltigte den AN Knopf mit meinem Finger.

Bald hatte das Teil endlich geladen und ich klickte auf Firefox.

Meine Finger flogen über die Tastatur, als ich einen Suchbegrif eintippte.

Bereits die erste Seite war ein Erfolg. Sie zeigte die Homepage des städtischen Taekwondo Clubs an.

Ich informierte mich gründlich. Ich kapierte die Unterschiede zwischen Judo, Karate, Kung Fu und Taekwondo nicht wirklich, aber Taekwondo schien mir am sinnvollsten.

Natürlich fragte ich sofort Mam. Und wie jede Mutter war auch meine begeistert. Welche Frau ist nicht sofort froh, wenn ihr Kind eine neue Sportart anfangen will. Besonders weil "die Jugendlichen heutzutage einfach so unkultiviert und unsportlich sind" (Zitat der nervigen Frau aus dem Kaffehaus, die dort jeden Tag um die gleiche Uhrzeit sitzt, um sich beim schicken Kellner über Gott und die Welt zu beschweren.)

Jedenfalls durfte ich mich anmelden. Am Dienstag war meine erste Stunde.
_______________________________
Sooo.... ratet wer heute Geburtstag hat... haha ja... eine Kollegin von mir :) und jetzt ratet wer gestern Geb hatte XD... genau... eine meiner Freundinnen.... nein jetzt aber ernsthaft... ihr könnt euch ja denken, wer am Montag Geburtstag hat... richtig... meine Klassenkollegin... und noch jemand... jeeey! Meine Tante ^-^  Sorry... konnte mir das nicht verkneifen... aber ja... ich hab heute auch Geburtstag XD

Allein unter Menschen!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt