32 - Zwickmühlen produzieren kein Mehl!
"Ahhhhh verdammt! Nein, ich bin zu jung zum sterben!" Ich spürte einen scharfen Schmerz an der Hüfte und war sofort hellwach. Was zur Hölle war los? Wieso konnte ich nichts sehen?
Langsam klärte sich mein Blickfeld und ich sah im dunklen Zimmer umher. Ein Blick auf den stummen Wecker verriet mir, dass es gerade mal halb sechs war. Der Wecker schien zu schmollen, da er mich nicht wie üblich mit seinem schrillen Kreischen aus dem Schlaf schocken konnte.
Meine Hüfte tat immer noch weh und ich rieb sie zischend. Ich war seit ich 5 war nicht mehr aus dem Bett gefallen. Warum das denn? Ich errinnerte mich vage daran, etwas geträumt zu haben. Was genau, wusste ich nicht mehr, aber das Bild eines mit Kissen werfenden Dinosauriers ploppte in meinem Gehirn auf, doch als ich mir im Bad kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, verschwand die Erscheinung.
Müde blickte mir ein Monster aus dem Spiegel entgegen, denn ich hatte gestern noch lange mit Clara telefoniert und mein Aufwachen war ja auch nicht gerade angenehm. Meine Augenringe waren größer als die Mondkrater und ich sah unnatürlich blass aus.
Heute würde ich etwas tiefer in die Schminktrickkiste greifen müssen, nur um nicht wie Frankensteins Braut auszusehen.
Ich trug verzweifelt alle möglichen Sachen auf und fühlte mich dabei wie eine Irre, aber im Endeffekt sah es gar nicht so übel aus. Ich flocht meine Haare zu einem hoch ansetzenden Zopf und zog meinen neuen Pulli an.
Auf selbigen hätte ich fast mein Frühstück gekippt, da Nick mich furchtbar erschreckte. Er schoss seinen Fußball gegen die Terassentür und ich zuckte heftig zusammen. Nick war doch gestört. Er trainierte Fußball sogar im Winter auf der Terasse, da er in der Wohnung mal den Fernseher vom Kasten geschossen hatte und Mam ihn daraufhin angeschrien hatte.
Ich kapitulierte vor der geballten Ladung an Dummheit, packte meine Schlüssel, Tasche und Handy und öffnete die Haustüre. Vorsichtig trat ich auf den glatten, gefrorenen Boden auf dem Parkplatz und hatte Mühe, nicht auszurutschen wie Bambi.
Ich blickte nochmal zu unserem Fußballprofi im Garten, der gerade von Kate angemeckert wurde, da er ihre Blumentöpfe mit Winterpflanzen von der Mauer des Hochbeetes geschossen hatte. Ich schmunzelte und trat in den Wald.
Was gar nicht so einfach war, da abseits des geräumten Weges hoher Schnee lag. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Hosenbeine fetznass wurden, bevor ich mich verwandelte. Ich nahm meine Tasche, die ich leider tragen musste, ins Maul. Meine Kleidung konnte ich schon fast automatisch in meine Molekularstrukturen aufnehmen, aber bei einem komplexen Gegenstand wie einer Tasche, funktionierte das natürlich nicht.
Ich reckte den Kopf in die Höhe und versuchte verzweifelt, meine Schulsachen trocken zu behalten, denn der Schnee reichte selbst mir fast bis zur Brust. Ich konnte jetzt die Hauptstraße erkennen und sprang schaudernd darüber. Das Quietschen der Reifen würde mir wohl noch länger in den Ohren klingen...
Jetzt hatte ich mein Tempo gefunden und kam schneller voran. Ich hielt die Tasche immer noch angestrengt nach oben und so sah ich nicht viel, da sie den Großteil meines Gesichtsfeldes einnahm.
Ich begann, mich mit meiner Nase zu orientieren. Egal was passiert, auf meine Nase kann ich mich immer verlassen. Das war eine meiner Lebensweisheiten.
Diese feste Überzeugung wurde allerdings stark erschüttert, als ich auf einmal einen Geruch wahrnahm, der definitiv nicht in den Wald gehörte. Spielte mir meine Nase einen Streich?
Ich legte meine Schultasche unter eine nahe Tanne und schnüffelte. Diesen Geruch kannte ich doch!
Diese Mischung aus Parfum und Zigarettenrauch...... Maria! Was hatte die hier zu suchen?!
Vorsichtig und lautlos nahm ich mein Zeug und schlich näher. Ich duckte mich hinter einen kahlen Busch und zwischen den blattlosen Bäumen und dem weißen Schnee erkannte ich die schrillen Jacken der Personen schon von weitem.
Warteten die da auf etwas? Ich schlich noch näher und spitzte die Ohren. Ich konnte zwar nur einzelne Satzfetzen verstehen, aber was ich hörte, war genug: "Caroline... warten.... ist sie?!? .... Geheimnis.... herausfinden!"
Wäre ich jetzt in Menschengestalt gewesen, wäre ich leichenblass geworden. Ich wirbelte so leise ich konnte herum, schnappte meine Tasche und machte einen riesigen Bogen um die 5 Personen.
Als ich die Schule erreichte, waren schon fast alle drin und nur mehr vereinzelte Personen standen am Hof.
Paranoid blickte ich mich um und versuchte unauffällig zum Tor zu gelangen, doch dabei zog ich nur noch mehr Aufmerksamkeit auf mich.
Ich hetzte durch die Gänger zur Klasse, erst dort fühlte ich mich richtig sicher.
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"Was starrt die dich so an?" fragte Clara verwirrt und musterte mich von oben bis unten. Ich wand mich unbehaglich.
Wir waren gerade aus der Schule getreten und natürlich hatte Maria mich sofort gesehen. Normalerweise würde ich mich über ihren fassungslosen Blick lustig machen, aber ich wusste, dass ich Maria nur noch mehr angestachelt hatte.
Ich war in Gefahr.
Hastig verabschiedete ich mich von Clara und flüchtete praktisch vom Schulhof.
Was jetzt?
Wie soll ich denn bitte zur Schule gelangen? Wenn ich jetzt auf einmal jeden Tag mit dem Bus fahre, wird sie erst recht misstrauisch werden, geschweige denn dass ich mit diesem behinderten Schrotthaufen von Bus fahren muss. Aber wenn ich als Wolf laufe, kann ich jeden Tag einen riesen Umweg machen und höllisch aufpassen! Was nun? Das ist ja mal eine Zwickmühle....
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Ich schicke euch diesen Teil direkt aus
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Allein unter Menschen!
Hombres LoboNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...