38 - Märchen und unrealistische Filme
Das Schicksal wollte mich anscheinend bestrafen. Es hatte sich einfach den perfekten Moment für einen Überraschungsbesuch ausgesucht.
Meine Gedanken waren in etwa:
Kann sich der Idiot nicht einen anderen Tag aussuchen um mich zu besuchen? Was will er hier? Ist der gestört? *Pieep* dich, man! *Zensiert* *Zensiert* und *Zensiert*. Dieser *Bieep* *bieep* *bieep* der *bieep* und *bieeeeeeeep*Natürlich teilte ich ihm die höfliche Version meiner Schimpftirade mit. "Oh, hallo Luca. Was machst du denn hier? Ich habe dich gar nicht erwartet."
Momentan sah ich aus wie ein wandelndes Kinderbuch. Haare wie Struwwelpeter, blass wie Schneewittchen, Quietschestimme wie Rumpelstilzchen, rote Nase wie Rudolf, müde wie Dornröschen und als Krönung trug ich meinen Snoopy Pyjama. Vielleicht etwas kindisch, aber ich liebte dieses Kleidungsstück einfach abgöttisch. Es war die materielle Form der Bequemlichkeit.
"Ich bringe dir deine Schulsachen! Ich denke, es ist nicht so gut, wenn du zu viel verpasst."
Bin ich hier der Oberstreber?
Luca nutzte meine verlangsamte Reaktionsgeschwindigkeit aus und quetschte sich an mir vorbei, bevor ich ihm die Tür ins Gesicht schlagen konnte. Die neue Krankenschwester lief einfach mal zielstrebig ins Wohnzimmer. Ich folgte ihm müde und genervt. Ich wollte einfach meine Ruhe. War das zu viel verlangt?!
Luca flog fast über den Couchtisch, da es im Raum immer noch stockdunkel war. Daraufhin knipste er das Licht an. Ich begann zu knurren und hechtete auf die Couch. Luca ignorierte mich und kippte die Schulsachen auf den Tisch. Er brabbelte fröhlich vor sich und laberte etwas über Sachen, die wir neu gelernt hatten, während ich einfach nur unter der Decke Schutz suchte und döste.
"Sag mal hörst du mir zu?"
Ich linste unter der Decke hervor. Meine geliebte Decke.
"Natürlich...... nicht." Er seufzte. Dann verschwand er in die Küche, offenbar hatte ich ihn endlich vergrault. Doch falsch gedacht.
Kurz darauf summte der Teekocher.
Fühl dich ruhig wie zuhause....offenbar hatte ich einen neuen Mitbewohner. Ich knipste das Licht wieder aus und drückte bei Titanic auf Play.
Nach einer Weile stieg mir ein vertrauter Geruch in die Nase und mein Kopf schnellte herum.
Popcorn! Popcooorn!
Luca versuchte gerade im Dunkeln nicht zu stolpern. Er hatte eine Schüssel in der einen und in der anderen Hand gleich zwei Tassen. Grinsend schnappte ich mir die Schüssel und begann zu essen.
"Hey, lass mir auch was übrig!" lachte mein persönlicher Kellner. Er pflanzte sich neben mich und ich musste mich anstrengen, ihn nicht aggressiv anzuknurren, als er in die Popcornschüssel griff.
"Pass auf, dass du dich nicht ansteckst!" meinte ich verschnupft und mit vollem Mund. Er sollte endlich seine Griffel von meinem Popcorn entfernen! Zur Not könnte ich auch reinnießen. Oder Spucken. Oder einfach überall Bazillen verteilen.
"Ach was, mein Imunsystem ist in top form!" Tja, das dachte ich auch. Bis ich ein wandelnder Bakterienbus wurde.
Ich verfolgte weiter den Film. Naja, ehrlich gesagt, bis irgendwann das Schiff unterging, döste ich eher. Als die Szene mit Jack und Rose auf dem treibenden Holzstück kam, sah Luca mich von der Seite an. Wenn er jetzt erwartete, dass ich sentimental wurde und begann zu heulen, hatte er sich geschnitten.
"Meine Güte, dieses blöde Holzstück ist groß genug für euch beide! Leg dich meinetwegen auf sie drauf und wärme sie, anstatt da im Wasser rumzudümpeln wie ein gebärender Walfisch!" schrie ich und warf eine Hand voll Popcorn auf den Bildschirm. Die Stückchen hinterließen schmierige Flecken und ich seufzte genervt. Jetzt waren die Kopfschmerzen wieder da. Luca tat mir eindeutig nicht gut.
Luca sah mich verstört an. "Was denn? Ist doch wahr!", fauchte ich bissig. Dann legte ich den Kopf in den Nacken und atmete tief durch.
Beruhig dich. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.Davon wurde mir allerdings schwindelig und ich war nur noch müde und genervt.
Den Rest des Filmes bekam ich nicht mehr wirklich mit. Besonders das Lied My heart will go on wirkte irgendwie einschläfernd. Meine Augenlider wurden immer schwerer.
Irgendwann kippte ich einfach auf die Couch. Meinem dösenden Ich war es offenbar völlig egal, dass Luca dort noch saß. Ich bekam nicht wirklich mit, dass mein Oberkörper auf seinen Knien landete.
》Luca p.o.v.《
Caroline fiel einfach so auf mich drauf. Sie war schon ein seltsames Mädchen. Immerhin war sie fähig, von einem Moment auf den anderen einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Vorsichtig tippte ich ihr auf die Schulter.
"Hey, es wäre nett wenn du mich aufstehen lassen würdest. Das ist nicht sehr bequem."
Sie reagierte nicht, sondern murmelte irgendwas von Keksen. Sabberte sie da gerade auf mein Knie!?! Schon irgendwie knuffig. Sie zog die Arme an den Körper und klammerte sich an meinen Fuß. Ich verzog das Gesicht, ihre Fingernägel waren irgendwie ziemlich spitz. Das war nicht mehr so knuffig.
Ich versuchte, irgendwie ihre Hände von meinem Knie zu bekommen, doch ihr Griff wurde nur noch fester. Mittlerweile war mein Kopf hochrot, aufgrund des Versuches, Schmerzensschreie zu unterdrücken.
Ich zuckte heftig zusammen und die Klette grummelte unzufrieden und gluckste wieder etwas Unverständliches.
Ich stand kurz davor, sie von der Couch zu werfen, als ich einen Schlüssel im Schloss hörte. "Hilfe" krächzte ich schwach. Schritte ertönten und Caros Mutter erschien im Türrahmen. Sie knipste verwundert das Licht an und sah sich um. Da erblickte sie mich und verstand die Situation sofort.
Sie begann zu grinsen, während ich nur weiter Grimassen schnitt. "Da gibt es einen ganz leichten Trick." flüsterte sie. Caros Mutter kniete sich neben die Couch und strich die Haare unseres Dornröschens beiseite.
Zielgenau begannen ihr Finger eine Stelle zwischen Ohr und Nacken zu kraulen. Caro gab ein zufriedenes Geräusch von sich und streckte sich, immer noch schlafend, der Hand entgegen. So krabbelte sie von mir runter, ohne aufzuwachen. Hielt sie Winterschlaf oder was? Endlich konnte ich aufstehen und meine schmerzenden Beine strecken. "Danke. Das ist ein interessanter Trick. Sie benimmt sich ja wie eine Katze." Caros Mutter lächelte."Das funktioniert natürlich nur, wenn sie schläft. Solltest du das versuchen, während sie wach ist, wird dir schneller eine Hand fehlen als du Canis Lupus sagen kannst." Ihr Grinser passte nicht wirklich zu ihrer Aussage. Diese Familie war wohl doch ein wenig verrückt. "Ich äh... ja äh ich.. werd dann mal gehen. Wiedersehen!"
Ich schnappte mir mein Zeug und verschwand so schnell wie möglich.
Draußen vor der Haustür begann ich zu grinsen. Caro war anscheinend genau so verrückt wie ihre Mutter.
Allerdings, normal ist doch langweilig, oder?
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Wolf fact: die schwarze Fellfarbe bei Wölfen ist durch eine Mutation bei Haushunden entstanden, die später in die Wolfspopulation eindrang.
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Allein unter Menschen!
Hombres LoboNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...