41 - perverser Sensenmann
Genervt betrachtete ich das nächste Aktionsschild. Halb unter der riesigen Tafel, die MINUS 20%! verkündete, entdeckte ich schlussendlich auch das eigentliche Produkt.
Rasch grabschte ich mir zwei Tüten der Karamelltoffees und warf sie in den Einkaufswagen. Ich hatte meinen Eltern Geld abgerungen und stand gerade im Supermarkt, um uns für die Pyjamaparty auszustatten. Im Wagen stapelten sich bereits mehrere Packungen Kekse, Haribotüten, Süßigkeiten, Schokolade und Pudding. Jedes kleine Kind im Laden starrte mir sabbernd hinterher und mehrere begannen mit der genervten Mutter zu streiten, da sie auch so etwas haben wollten.
Grinsend schob ich das noch untransformierte Fett zur Kassa, während hinter mir ein Kind zu schreien begann. Die Ruhe selbst legte ich alles auf das schwarze Band.
Nachdem ich alles in mehrere Rucksäcke gestopft hatte, drückte mir die Kassiererin mit der Rechnung einen Gutschein für das nächste Fitnesscenter in die Hand.
Mkaaay..
Ich schnaubte und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Hier würde ich nicht mehr einkaufen, damit wäre der Laden vermutlich bankrott. Immerhin war ich ihr Hauptnutellaabnehmer. Tse!
Ich lud die Rucksäcke, die bestimmt Tonnen wogen, auf die Rodel, die ich dabei hatte. Alle leute sahen mich komisch an. Aber was sollte ich machen! Alle drei Rucksäcke übereinander auf meinen Rücken laden? Bestimmt nicht. Ich wohne auch nicht in Notre Dame. So konnte ich meinen Einkauf bequem hinter mir her ziehen. Und ein weiterer Vorteil: wenns bergab ging, setzte ich mich einfach.
Da die Straßen zugeschneit waren, und nur in der Mitte gestreut wurde, saß ich bequem im Schneidersitz auf der Rodel und ignorierte jeden verwunderten Autofahrer, der mich anhupte.
Zuhause stopfte ich das ganze Zeug erst mal in einen Schrank in meinem Zimmer. So wie ich meine Familie kannte, wäre alles bis morgen aufgegessen, hätte ich alles in der Küche deponiert. Genervt fing ich gerade noch eine Dose mit Erdnüssen auf, die offenbar gerne mein Gehirn kennengelernt hätte. Dann quetschte ich die Kastentür zu und huschte schnell in Sophias Zimmer.
"Wen hast du eigentlich noch eingeladen? Wenn ich jetzt herausfinde, dass ich nochmal einkaufen fahren muss, weil wir zu wenig zu Futtern haben, töte ich jemanden."
Meine geliebte Schwester blätterte desinteressiert in einer Zeitung und meinte müde: "Keine Sorge. Ich habe nur Michelle eingeladen, sie ist laktoseintolerant und bringt jedes mal ihr eigenes Essen mit, da sie Angst hat, sie würde qualvoll sterben, wenn sie normales Zeug futtern würde." Ich seufzte erleichtert auf und machte mich auf, in das Zimmer gegenüber. Ich riss Nicks Zimmertür auf, ohne zu klopfen und meinte enthusiastisch: "Willst du sterben?" Mein Bruder fiel vor Schreck samt Decke vom Bett und wurde unter dem Stoff begraben. "Ja, es war schon immer mein größter Wunsch, ermordet werden. Wieso?", tönte es dumpf unter der Decke hervor.
Ich lachte und begann seinen Fuß zu kitzeln, der als einziges unter dem Miniberg heraus schaute. "Wieso? Na weil ich jemanden töten gehe, wenn ich erfahren sollte, dass ich wegen Essensmangel noch mal zum Supermarkt muss. Also, hast du jemand gefräßigen eingeladen?"
Er fluchte und kicherte zugleich, als er versuchte, vor mir zu entkommen.
"Nein! Ahhh! Hahaha! Bitte hör auf!" Ich wusste genau, dass sein Fuß die kitzelempfindlichste Stelle seines Körpers war und machte solange weiter, bis er gestand, dass sein Kumpel nicht gefräßiger war als er selber. Zufrieden machte ich mich zum letzten potenziellen Todesopfer auf.
"Anna? Wo steckst du?" Brüllte ich in der Lautstärke eines Elefanten, der eine Erdnuss entdeckt hatte, durch das komplette Haus.
"Ich bin auf der Toilette! Kein Grund so zu schreien!", kam es genervt hinter der Badezimmertür hervor. Ich trampelte zur Tür und stemmte mich von außen dagegen.
"Du kommst erst hier raus, wenn du mir sagst, wen du eingeladen hast!" Sie schimpfte vor sich hin. "Ist ja gut! Ich hab nur Emil eingeladen, der isst nicht so viel."
Ich ließ sie aus dem Badezimmer und grübelte. Emil? Das erste was mir einfiel, war der blaue Vogel aus Lilos Lesewelt, der Buchreihe für die Volksschüler. Unser Lehrer hatte uns immer die schrecklichen Übungen aufgezwungen.
Da klingelte es bei mir.
"Annaaaa! Ist dieser Emil nicht der perverse Pedo aus deiner Klasse, der immer den Mädchen hinterherschaut?"
Ein Stockwerk tiefer knallte eine Tür auf und unser Vater schrie nach oben: "Wo ist ein Perverser!? Ich mach ihn fertig, er soll die Finger von meinen Kindern lassen!"
"Keine Sorge Paps, gegen Nick können wir uns gut wehren."
"HEY!" kam es dumpf hinter der Zimmertür meines Bruders hervor. Unser Vater grummelte und machte seine Tür wieder zu. Die Kommunikation in diesem Haus war ja katastrophal. Wir sollten uns Dosentelefone anschaffen.
Nachdem ich mehrere Minuten lang bewegungslos und mit der glorreichen Idee von Nudeltelefonen im Kopf im Flur stand, gab ich mir einen Ruck, wischte mir die Sabber vom Kinn und stampfte auf Annas Tür zu. "Anna? Ist Emil nicht dieser Busengrabscher?" Sie öffnete die Tür und motzte: "Ja! Aber wenn man weiß wie man ihn von sich fernhält, ist er echt in Ordnung. Und jetzt lass mich endlich in Ruhe!"
Ich stapfte grübelnd zurück in mein Zimmer. Ich unterdrückte den Drang, alle Süßigkeiten in meinem Schrank sofort aufzuessen und überlegte, ob ich für diesen Grabscher Marshmallows hätte besorgen sollen, damit er etwas Weiches zum Anfassen hatte, das nicht die Bezeichnung "Homo Sapiens" hatte.
Ich zuckte die Schultern und machte eine Rückwärtsrolle vom Teppich zur Tür. Das einzige Ergebnis: ein schmerzender Nacken. Im Schneckentempo schlich ich zum Treppengeländer, nur um rücklings darauf hinunterzurutschen. Im Erdgeschoss sprang ich ab und hopste ins Wohnzimmer. Ben saß auf der Couch und las Zeitung. Ich lief zum DVD - Schrank und schleuderte mehrere Verpackungen durch die Gegend, bis ich eine Auswahl an Filmen getroffen hatte, die für unseren Filmeabend in Frage kamen.
Bens vorwurfsvoller Blick traf mich, als er erkannte, dass ich nicht vorhatte, die Hüllen wieder einzuräumen."Moment, junge Dame! Willst du das nicht wieder einräumen?" Ich seufzte genervt auf. "Räum es selber ein, oder ich erzähle allen von deinem Geheimnis." meinte ich kryptisch. "W..w..was? Welches Geheimnis?" Er stotterte und wurde bleich. Bingo. "Leugne es nicht. Ich habe dich gesehen..." mit diesen kryptischen Worten verschwand ich aus dem Zimmer.
Der Knackpunkt: ich hatte keine Ahnung von Bens Geheimnis. Nur wusste er das nicht. Wozu poker spielen lernen, wenn man bluffen kann?
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Allein unter Menschen!
Manusia SerigalaNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...