27- die dunkle Seite der Macht
Schaudernd schritt ich durch die dunklen Straßen. Vor mir flackerte etwas. Eigentlich sollte man ja nicht in das weiße Licht am Ende des Tunnels gehen, ich machte es aber trotzdem, denn es war eine Straßenlaterne, wenn auch eine mit Wackelkontakt.
Unter dem flackernden Licht blieb ich stehen. Irgendwo bellte heiser ein Hund.
Ok, ich gehe jetzt strategisch vor. Einfach bis zur nächsten Straßenlaterne.
Ich konnte das schwache Licht weit entfernt sehen und ging vorsichtig darauf zu. In den dunklen Häusergassen wehte ein scharfer Wind. Ich beschleunigte meinen Schritt. Gleich hatte ich es geschafft, nurnoch ein paar Meter... Plötzlich ertönte Gelächter.
Das war so klar.
Da in meinem Gehirn gerade viele kleine Caroline-miniversionen schreiend vor Panik gegeneinander liefen, blieb ich blöderweise stehen und schaute in eine Nebenstraße. Eine weitere Laterne erleuchtete eine Gruppe von Männern, die lachend dort standen und mit Bierflaschen herumfuchtelten, wie zu kurz gekochte Hummer. Da rief einer zu mir, der mich bemerkte: »Hey Süße, komm doch mal rüber zu uns!« Jetzt starrten sie mich alle an. »Nein Danke.« Nein Danke?! Was besseres fiel mir wohl nicht ein?! Demnächst würde ich wahrscheinlich noch einen Knicks machen.
Jetzt keilte sich die ängstliche Vernunft - Caroline durch die panischen Miniversionen und übernahm die Kontrolle über mein Gehirn. Ich ging weiter, wieder auf das Licht vor mir konzentriert.
Doch wie zu erwarten, gingen sie hinter mir her....
Nein! Ich hörte ihre teils torkelnden, teils schweren Schritte hinter mir. Mist, ich hatte mein Pfefferspray nicht dabei!
Toll. Passiert auch nur mir. Schon manch ein Lehrer hatte einen Tobsuchtsanfall gekriegt, weil ich nie meine Schulsachen dabei hatte.
Mist, verdammter! Ich begann fast zu laufen und wurde immer schneller. Täuschte ich mich oder wurde die Schritte leiser?
Ich wagte einen vorsichtigen Blick nach hinten. Erleichtert stellte ich fest, dass ich zu schnell für sie war! Die Kerle waren so besoffen, dass sie wohl eher die Wand fangen würden, als mich.
Ich wandte mich erleichtert wieder der Straßenlaterne zu, die leider noch sehr weit entfernt war.
Ich erreichte gerade die dunkelste Stelle, die genau zwischen den zwei Laternen lag, als sich plötzlich etwas in einer Seitengasse bewegte.
Bitte lass es ein Hund sein, bitte lass es ein Hund sein! Von mir aus kann er auch tollwütig sein!
Ich so: Och bitteee! Mein Schicksal so: Nö!
Aus der dunklen Gasse im dunklen Viertel traten zwei dunkle Gestalten mit dunklen Klamotten. War heute Welt-Dunkel-Tag? Und ich mal wieder kein dunkles Geschenk dabei. Ob die Mütter dieser Kerle ihnen zu Weihnachten Schals mit Pistolenmuster schenkten?
Die Kerle waren zurechnungsfähiger, als ich dachte, und hatten sich aufgeteilt! Und ich Blödmann war ihnen direkt in die Falle gegangen!
Von beiden Seiten kamen sie nun langsam auf mich zu. Ich sah mich hektisch um, während mir ihre langsamen Schritte in den Ohren klangen. Keine Seitengassen. Keine Müllcontainer. Keine Türen. Nur die schmale Häuserschlucht, Staub, ein Werwolf und Schlägertypen.
Sie hatten mich nun fast erreicht.
Vielleicht wollen sie nur nach dem Weg fragen?
Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, als ein Riese von Mann, mit kahlem Schädel und Tätowierungen auf den Armen vortrat, und mich an der Jacke packte.
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Allein unter Menschen!
LobisomemNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...